Der Stierkampf
Möglichkeiten!«, erwiderte Okabe und sah ihn betroffen an, als fühlte er sich ertappt, dann aber fuhr er fort: »Überlegen Sie einmal! Ich liefere landwirtschafliche Maschinen in viele Dörfer. Dafür lasse ich mir Strohsäcke schicken. Nun schütten Sie einmal einen, zwei cdm Reis in einen Strohsack. Was da auf dem Sackboden liegt, ist verdammt wenig und kaum zu sehen. Bei einer Kontrolle läßt man das als normalen Rückstand nach dem Ausschütten eines Sackes ohne weiteres passieren. Zehn Säcke ergeben aber schon achtzehn cdm Reis und wieviel sind es wohl bei hundert und tausend Säcken?« Da die letzten Tage für Tsugami außerordentlich anstrengend gewesen waren und der Whisky nun langsam zu wirken anfing, fühlte er sich bald ermattet und er spürte, wie schwer ihm die Lider wurden. Als er nach dem Fenster sah, war es draußen unversehens dunkel geworden, an den Scheiben rannen infolge der Wärme des Raums Wassertropfen herab.
»Ich habe pro Präfektur dreißig Dörfer, und das ergibt allein in der Kinki-Landschaf sechs Präfekturen und ein paar Stadtbezirke, also rund einhundertachtzig Dörfer, und wenn ich von jedem auch nur hundert Säcke bekomme und man das so zusammenrechnet …«
Okabes Hand, die das Whiskyglas hielt, schwebte, vielleicht weil er betrunken war, ein wenig im Leeren. Tsugami hörte mit trübem, irgendwo aber auch klarem Bewußtsein diese Rechnung an, von der er nicht wußte, ob sie stimmte, und er kam zu dem Schluß, daß er unmöglich entscheiden könnte, ob Okabe nun ein großer oder nur ein kleiner Schurke war.
Am nächsten Morgen wachte Tsugami um acht Uhr in dem Nachtwachraum der Zeitung auf. Da er um neun Uhr Miura zu treffen versprochen hatte, ging er, nach einem einfachen Frühstück in dem kleinen Speisesaal des Untergeschosses, in die Redaktionsstube des ersten Stockwerks. Omoto, der sonst erst gegen Nachmittag zu kommen pflegte, unterhielt sich gerade mit drei jungen Angestellten, die Nachtdienst gehabt hatten und nun um den großen Hibachi aus Seto-Steingut am Fenster hockten. Als Omoto Tsugami erblickte, sagte er: »Der Himmel hat sich ziemlich überzogen! Hoffentlich ist morgen gutes Wetter!«
Nach Beginn der »Eistage« wäre eine besonders scharfe Kalte zu erwarten gewesen, aber es hatten sich bisher nur völlig klare Tage aneinandergereiht; nach der Wettervoraussage war nun jedoch mit einem leichten Umschlag zu rechnen. Außerdem war Omoto besorgt, die Kälte könnte sich plötzlich eher abschwächen und wärmerer Witterung weichen.
»Es wird schon alles gutgehen«, erwiderte Tsugami. »Vier, fünf Tage bleibt es schon noch so! Nach Auffassung der Wetterwarte wird sich der Tiefdruck nur langsam nach Osten verlagern …« Tsugami hatte gleich, nachdem er am Morgen aufgestanden war, die Wetterwarte angerufen. Für ihn war die Beschaffung der 00 000 Yen, die er bis zwei Uhr Tashiro bringen mußte, von primärer Wichtigkeit. Er hatte, nachdem er am vorigen Abend von Okabe zurückgekehrt war, trotz hefiger Kopfschmerzen noch zwei Geschäfsleute angerufen, für die er sich schon vorher entschieden hatte, aber der eine war nach Tokyo gereist, der andere meinte, er könne vielleicht in drei, vier Tagen etwas für ihn tun, heute und morgen aber sei dies absolut unmöglich. Obgleich Tsugami gestern Miuras Angebot mit Entschiedenheit zurückgewiesen hatte, sah er vom Morgen an, kaum daß er aufgewacht war, ständig Miuras Gesicht vor sich. Er war gestern zu Miura außerordentlich ablehnend gewesen, doch nun gab es, dachte er, nicht die geringste Aussicht, 00 000 Yen zu bekommen, falls er nicht dessen Angebot noch annahm. Als er Omoto von seinem Gespräch mit Miura erzählte, wurde Omotos Miene plötzlich ernst, und er sagte:
»Ich fürchte, Miura wird, wenn das Wetter unsicher ist, auf seinen Vorschlag nicht noch einmal zurückkommen. Sie hätten gestern wohl gleich zupacken sollen!«
Aus seiner Stimme klang Unzufriedenheit mit Tsugami.
»Oh, Miura kommt bestimmt!«, entgegnete Tsugami. »Er hat ausdrücklich gesagt, er wolle heute um neun Uhr noch einmal vorsprechen, und daran hält er sich. Miura gehört nicht zu den Leuten, die ihre Pläne von einem Tag auf den anderen umstürzen!«
Tsugami war wirklich fest überzeugt, daß Miura selbst dann kam, wenn es regnete.
»Miura ist ein gewitzter Geschäftsmann!« bemerkte Omoto mürrisch.
Fünf Minuten vor neun Uhr erschien Miura tatsächlich. Tsugami, Omoto und Miura setzten sich im Empfangsraum an einen
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