Der Stierkampf
unsererseits. Was zurückbleibt, sind die Ringside-Plätze! Die machen mir Sorge!« »So? Ja, dann ist wohl nichts zu machen. Es tut mir natürlich leid …«
Er sann noch eine Weile nach, doch schließlich stand er entschlossen auf. Dann wandte er sein Gesicht aber noch einmal Tsugami zu und sagte: »Nach der Auffassung der Wetterwarte wird es in den nächsten Tagen Regen geben …«
Tsugami schnitt die Erklärung des jungen Mannes unhöflich ab:
»Ich weiß das! Auch für unsere Zeitung handelt es sich hier um eine Art Glücksspiel!« »Ja, ich begreife …«, antwortete Miura.
Als er nach seinem Hut griff, glitt über sein Gesicht zum ersten Mal ein schmales Lächeln, welches wohl das Ende der Verhandlungen andeuten sollte. Der junge Mann hatte etwas erschreckend Geschäfliches in seiner Art. Als er aufrach, sagte er in einer Haltung, die nicht im entferntesten etwas von Erniedrigung an sich hatte:
»Kann ich morgen um neun Uhr wiederkommen? Überlegen Sie sich bitte meinen Vorschlag noch einmal.«
»Ja, kommen Sie nur – ich glaube zwar nicht, daß sich meine Einstellung bis dahin geändert hat …« Tsugamis Art zu reden nahm etwas leicht Zögerndes an. Wenn jemand mit dem Dolch auf ihn einstechen wollte, ging er zwar, auf die eigene Dolchspitze starrend, sofort zum Gegenangriff über, sann aber nachher ernüchtert darüber nach, was ihn so hatte handeln lassen. Auch jetzt war das ähnlich. Eine ihm selber unverständliche Trauer und Müdigkeit wie auch eine Spur von Reue belasteten und verdunkelten sein Gemüt, nachdem er Miura hinausgeleitet hatte. Vielleicht wäre es für ihn günstiger gewesen, so zu verhandeln, daß zwar nicht alle, so doch etwa die Hälfe der Eintrittskarten sofort zu Geld gemacht wurden, und er dachte angestrengt darüber nach, was Miura wohl an sich hatte, ihm selber aber nicht gegeben war und etwa solche Verhandlungen vereitelt hatte. Doch dieses vage Sinnieren über seinen Gast erlosch bald in ihm. Es wartete eine ungeheure Menge Arbeit auf ihn.
Er nahm in der Nähe seiner Zeitung ein einfaches Mittagsmahl ein und war um ein Uhr, kurz vor dem Ausdrucken, in der Redaktion zurück. Die Artikel über den Stierumzug und auch die Photos waren rechtzeitig hereingekommen und machten bereits ein Drittel aller Korrekturfahnen aus. Bei den Aufnahmen vor dem Bahnhof Sannomiya bei Beginn des Umzugs hatte man ein wenig übertrieben, doch konnte, dachte Tsugami, die Zeitung nun, da die Stierkämpfe schon am übernächsten Tag anfingen, eigentlich gar nicht dick genug auftragen. Auch der Bericht des jungen Reporters über den Stierumzug war unerwartet schön und schwungvoll abgefaßt: Witz und Engagement waren in rechtem Maße miteinander gemischt. Tsugami fand ihn außerordentlich gut gelungen. Befriedigt und in entspannter Stimmung zündete er sich eine Zigarette an, da fiel ihm plötzlich ein, daß er noch heute das Problem zu lösen hatte, wie 00 000 Yen und das Futter für die Stiere rechtzeitig auf zutreiben waren.
Um drei Uhr verließ er die Zeitung und begab
sich zur Firma von Yata Okabe in Amagasaki. In einer Ecke eines von Brandbomben verwüsteten Geländes, von der Hauptstraße zum Bergfuß hin, war Okabes »Hanshin-kogyo«-Firma in einem einstöckigen Holzhaus untergebracht, das aber größer war, als Tsugami es sich vorgestellt hatte. Man hatte es mit leichter Wasserfarbe angestrichen, und es wirkte, weil es mit vielen Fenstern ausgestattet und daher viel Glas zu sehen war, so hell, daß es einem Sanatorium glich. In dem verschwenderisch geräumigen Chefzimmer am Ende des Gangs warf sich Yata Okabe stolz in die Brust. Er saß vor einem vollkommen leeren Bürotisch und rief, als er Tsugami sah:
»Ah, da sind Sie ja!«, und drehte sich mit seinem Stuhl ihm zu. In einer Ecke des Zimmers brannte ein kleiner Kohlenofen und erfüllte den Raum mit Hitze. Es war ein bewölkter Tag, doch da die Südseite des Gebäudes fast nur aus Fenstern bestand, machte das durch die breiten Scheiben hereinflutende Licht alles so hell, daß es kaum irgendwo Schatten gab. Als Tsugami inmitten dieser Helligkeit Okabe genauer betrachtete, war dieser im Vergleich zu damals, als er ihn am Jahresende in dem düsteren Geschäfshaus an der NeuenUmeda-Straße aufgesucht hatte, sehr viel älter geworden.
Okabe war zu Tsugami unverändert liebenswür-
dig. Sofort ließ er durch einen Lehrling Whisky bringen und rief:
»Das schmeckt bestimmt viel besser als Tee! Lassen Sie sich jedenfalls heute Zeit,
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