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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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ihres Flügelanzugs. »Ziehen Sie die hier an. Und setzen Sie Ihre Spex auf.«
    »Ich soll jetzt gleich mit ihr reden?«
    Yuli lachte, und einen Moment lang wirkte sie wie ein gewöhnliches kleines Mädchen. »Natürlich. Wir haben schon
erraten, was Sie wollen, bevor Sie mich überhaupt um dieses Treffen gebeten haben, und haben beschlossen, Ihnen Ihren Wunsch zu erfüllen. Und da Sie ja die Wahrheit erzählen wollen, brauchen Sie sicher keine Vorbereitung.«
    »Die Unterhaltung wird ins Netz übertragen?«
    »Per Live-Stream direkt und unverfälscht.«
    »Ihr habt also tatsächlich erraten, worum ich euch bitten wollte.«
    »Ich weiß, dass der Krieg unvermeidlich ist und dass er alles verändern wird. Auch wenn ich noch nicht genau weiß, wie. Ich kann nur hoffen, dass sich dadurch auf längere Sicht die Lage verbessern wird. Und das bestmögliche Ergebnis lässt sich nur dann erzielen, wenn meine Mutter nicht nur überlebt, sondern auch einer Gefangennahme entgehen kann. Sie muss zur Besinnung kommen und Paris verlassen, bevor es zu spät ist. Wir tun alles, um sie davon zu überzeugen. Sogar das hier.«
    »Machst du dir jemals Gedanken darüber, dass die Leute deine offene Art für unhöflich halten könnten?«
    »Die Wahrheit sollte niemanden beleidigen. Ich bin verzweifelt. Und Sie sind es ebenfalls. Wir können einander helfen. Ich glaube, Sie sollten sich jetzt hinlegen. Und versuchen Sie erst, Ihren Avatar zu bewegen, wenn Sie sich an die Zeitverzögerung gewöhnt haben.«
    »Wo werden wir uns treffen, deine Mutter und ich?«, fragte Macy, während sie die elektronischen Handschuhe anzog.
    »In einem ihrer Gärten«, sagte Yuli und setzte sich ihre eigene Spex auf.
    Als Macy sich hingelegt hatte, wurde ihre Spex dunkel. Kurz darauf wurde die Telepräsenzverbindung hergestellt. Sie lag auf warmem, weichem Pelz und befand sich zugleich im Innern eines Avatars, der vor einer durchsichtigen Wand
stand. Sie blickte über eine weite Kluft aus kristallklarer Luft auf einen smoggelben wirbelnden Tornado hinab, der sich tief unter ihr in einer aufgewühlten rotbraunen Wolkenschicht befand. Es war Mittag. Die winzige Scheibe der Sonne leuchtete über ihr an einem Himmel, der so blau war wie der irdische und mit weißen Wölkchen gesprenkelt. Neben dem gewaltigen Tornado waren eine Reihe winziger Rechtecke mit scharfen Kanten zu sehen.
    Macy rief den virtuellen Steuerungshebel des Avatars auf und drehte sich von der Sichtscheibe weg, um zu sehen, wo sie gelandet war. Ein großer, quadratischer Raum mit durchsichtigen Wänden, dessen Fußboden von einem Gitternetz überzogen, sonst jedoch ebenfalls durchsichtig war. Es handelte sich um das oberste Stockwerk eines hohen, zylindrischen Gebäudes, das mitten in der Luft hing. Ein riesiges Reagenzglas, an dessen Ober- und Unterseite durchsichtige Blasen und Flugdüsen befestigt waren. Auf diesem Stockwerk und denen darunter befanden sich andere Avatare, wie Schachfiguren von menschlicher Gestalt. Eine von ihnen setzte sich in Bewegung und kam mit sanft wiegendem Gang auf sie zu. Eine Stimme in ihrem Ohr sagte: »Ich bin Avernus. Willkommen im Tiefen Wirbel.«
    Macy stellte sich ebenfalls vor und fragte, ob dieser Ort tatsächlich existiere.
    »Oh ja. Er existiert. Wir schweben im Wassergürtel des Saturn, etwa dreihundert Kilometer tief im Innern der Atmosphäre«, sagte Avernus. »Diese weißen Wolken dort sind Wasserdampf, und der Sturm besteht ebenfalls hauptsächlich aus Wasser – ein feststehender Wirbel, der von einer Wärmequelle in der Zone aus flüssigem Wasserstoff weiter unten angetrieben wird. Wenn der Wasserdampf aufsteigt, kühlt er ab, aber er ist immer noch deutlich wärmer als die ihn umgebende Atmosphäre. Und die sich ausbreitende Wärme
führt zur Wolkenbildung, genau wie bei einem Hurrikan auf der Erde. Die Winde, die darum herumkreisen, tragen den Dunst, der durch Saturns anaerobe chemische Zusammensetzung entsteht, fort und ermöglichen uns diese herrliche Aussicht. Wir können etwa tausend Kilometer weit in alle Richtungen blicken.«
    Macy fragte, ob die in der Luft hängenden Rechtecke andere Gebäude seien, und Avernus antwortete, dass es einfacher sei, es ihr zu zeigen, als es zu erklären.
    »Wir werden uns dorthin begeben, sobald wir hier fertig sind. Die Brasilianer haben bei ihrer albernen Expedition, als sie mit ihren Einmannjägern tief in die Atmosphäre des Saturns vorgedrungen sind, versucht, diesen Ort zu erkunden. Es ist ihnen nicht

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