Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war
Ende der Terrasse eine saubere Landung hinzulegen. Ihr Anzug faltete sich um sie zusammen wie ein Mantel, als sie auf sie zugeschritten kam, sich die Brille abnahm und ihr schwarzes Haar ausschüttelte.
Newt betrachtete sie, sah dann Macy an und begann zu lachen.
Die Fliegerin war Avernus’ Tochter Yuli.
Macy und Yuli unterhielten sich in einer Gondel aus Plexiglas, deren Fußboden mit halblebendigem Pelz bedeckt war. Die Gondel hing am Rand einer Ansammlung beleuchteter Türme hoch in der Luft. Als Macy zu erklären begann, was sie vorhatte, unterbrach Yuli sie und sagte: »Ich verstehe schon.«
»Tatsächlich?«
»Es ist ganz einfach. Marisa Bassi will, dass Sie über Großbrasilien reden. Über die Erde. Wenn Sie sich weigern, wird er Sie als Verräterin brandmarken. Als Spionin. Wenn Sie sich aber bereiterklären, sich von einem seiner Handlanger interviewen zu lassen, tragen Sie damit zu seiner endlosen Kriegspropaganda bei. Sie glauben, dass wir Ihnen helfen können, einen Ausweg aus dieser Klemme zu finden. Indem Sie mit meiner Mutter reden, können Sie Marisa Bassis öffentlicher
Herausforderung begegnen, ohne ihm damit verpflichtet zu sein oder seine Ziele zu fördern.«
»Ich bin im Rahmen des Bemühens um Frieden und Versöhnung hierhergekommen. Um die Verständigung zwischen Großbrasilien und dem Außensystem zu fördern. Daran glaube ich immer noch, und ich werde mit jedem reden, der etwas über die Erde erfahren möchte. Ich werde mir die größte Mühe geben, sämtliche Fragen so ehrlich und umfassend wie möglich zu beantworten. Aber Marisa Bassi will nur hören, dass die großen Familien allen Reichtum und alle Macht an sich gerissen hätten und die Menschen unterdrücken würden. Horrorgeschichten, die er dazu benutzen kann, um seine Ziele zu rechtfertigen.«
»Sagen Sie mir: Können wir den Krieg noch aufhalten?«
»Nein, wahrscheinlich nicht.«
»Meine Mutter ist anderer Meinung. Deswegen hat sie sich in Paris zu einer Geisel gemacht. Sie vertritt eine direkte Gegenposition zu Marisa Bassi. Und sie benutzt all ihr Ansehen und ihre Kontakte hier, in Großbrasilien und überall auf der Erde, um das Unvermeidliche zu verhindern. Sie glaubt, dass unsere Feinde Paris nicht angreifen werden, solange sie sich dort aufhält, weil sie sie gerne lebend in die Hände bekommen wollen. Wir haben versucht, sie davon zu überzeugen, dass sie ihre eigene Bedeutung über- und den Ehrgeiz und die Aggressivität unserer Gegner unterschätzt – und ihre Furcht vor uns, vor dem, was bald aus uns werden könnte. Aber sie wollte nicht auf uns hören. Sie ist der Meinung, wir seien zu pessimistisch. Sie hat jedoch eingewilligt, mit Ihnen zu reden.«
Yuli saß mit überkreuzten Beinen auf dem warmen blauen Pelz, schlank und feingliedrig in ihrem grünen Flügelanzug. Das offene schwarze Haar umrahmte ihr herzförmiges Gesicht und fiel ihr auf die Schultern. Ihre Haut war schneeweiß
und ihre Augen chlorophyllgrün. Sie wirkte wie eine Achtjährige, aber sie war genauso groß wie Macy, und ihr grüner Blick war kühn und ernst. Kühl und analytisch. Es gab Gerüchte darüber, dass sie nicht Avernus’ biologische Tochter sei (und wenn doch, dann wäre auch das bei Avernus’ hohem Alter ein ziemliches Wunder), sondern ein Konstrukt oder ein Klon. Oder dass sie in Wahrheit viel älter sei, als sie aussah, aber genetisch verändert war, so dass sie nicht alterte. Was immer an den Gerüchten dran sein mochte, sie wirkte auf jeden Fall unheimlich.
»Ich glaube nicht, dass ich deine Mutter umstimmen kann«, sagte Macy.
»Ich erwarte auch nicht, dass Sie sie umstimmen. Das kann nur sie selbst tun, wenn sie alle Fakten besitzt. Und vielleicht nicht einmal dann. Aber wir müssen versuchen, dafür zu sorgen, dass sie gut informiert ist. Sie hat die Erde vor anderthalb Jahrhunderten verlassen. Sie hat sich zwar bemüht, auf dem Laufenden zu bleiben, aber sie weiß, dass ihr Wissen große Lücken aufweist. Und dagegen können Sie etwas tun. Meine Mutter würde gerne die Wahrheit erfahren – direkt und unverfälscht. Sie möchte Sie bitten, ihre Fragen so umfassend und aufrichtig wie möglich zu beantworten. Werden Sie das tun?«
»Wie schon gesagt: Deswegen bin ich hier.«
»Sie können nicht nach Paris gehen, weil Marisa Bassi Sie möglicherweise verhaften lassen wird. Und meine Mutter will Paris nicht verlassen. Aber das ist kein Problem«, sagte Yuli und zog ein Paar elektronischer Handschuhe aus der Tasche
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