Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war
waren, kehrte er zurück und fügte winzige Mengen einer Bakteriophage hinzu, die unter seinen Zehennägeln versteckt gewesen war. Die Bakteriophage infizierte die Hefezellen und verwandelte sie in chemische Fabriken. Eine Kultur stellte aus Harnstoff einen einfachen, aber effektiven Sprengstoff her. Zwei weitere erzeugten Virenpartikel. Eine Vierte produzierte gewöhnlichen Wein. Er konservierte die beiden Virenlösungen durch Gefriertrocknung und benutzte den Sprengstoff dazu, um kleine Bomben herzustellen, die er in Verstecken in verschiedenen Teilen der Stadt lagerte, wo sie auf ihren Einsatz warteten. Den Wein füllte er in Flaschen ab und stellte diese auf ein Regal in seinem Zimmer, für den Fall, dass irgendjemand Nachforschungen darüber anstellen sollte, warum er Brauereiausrüstung gekauft hatte. Dann reinigte und sterilisierte er die Gärbottiche und verstaute sie.
All das kostete ihn eine Woche harte Arbeit. Und als Ken Shintaro musste er darüber hinaus noch jeden zweiten Tag sechs Stunden in den Farmröhren arbeiten. Doch ihm blieb keine Zeit zum Ausruhen, denn er musste seinen Auftrag bis zu einem bestimmten Termin erledigt haben: bis zur Ankunft der Waldblume , die bereits von der Erde zum Saturnsystem unterwegs war.
Am Tag nach seiner Ankunft hatte er mehrere Dämonen ins Stadtnetz hochgeladen, die inzwischen von sich reden machten. Die Börse, an der die Bürger mit Waren und Ansehen
handelten, kollabierte mehrmals. In zufälligen Abständen verlangsamte sich der Internetdatenverkehr, wenn einige der Dämonen einen Großteil der Rechenleistung des Netzes für umfangreiche, sinnlose Berechnungen in Anspruch nahmen. Außerdem gab es Probleme mit der Energieversorgung. Vorübergehende Spannungsabfälle und dann ein kompletter Stromausfall, der einen ganzen Tag lang von einer Nachbarschaft zur nächsten wanderte.
Der Stadt wurde langsam klar, dass sie angegriffen wurde. Der Bürgermeister mahnte zur Ruhe und Wachsamkeit. Wie alle, die vor kurzem die Stadt betreten hatten, wurde Ken Shintaro von einem Friedensoffizier befragt, aber seine erfundene Hintergrundgeschichte war wasserdicht.
Ken Shintaro wanderte gerne durch die Stadt. Er besuchte viele Wohnblocks und öffentliche Gebäude. Er ging in dem Park spazieren, der sich in der Nähe des eingezäunten Geländes befand, auf dem Avernus und ihr Team untergebracht waren. Hin und wieder sah er Avernus selbst, und einmal gelang es ihm sogar, sich Zutritt zu dem Gelände zu verschaffen, indem er seine Hilfe beim Entladen einer Palette mit Vorräten anbot. Danach ging er jeden Tag dort vorbei. Er unternahm auch lange Wanderungen in der Umgebung der Stadt und besuchte die Farmen für Vakuumorganismen. Er beobachtete, wie die Schiffe am Raumhafen ankamen und abflogen, und schaute sich viele der Schutzhütten an, die sich innerhalb einer Tagereise im Umkreis von Paris befanden. Oft verbrachte er die Nacht dort, bevor er in die Stadt zurückkehrte.
Es gab mehrere Cafés, Bars und Saunas, die von Außenweltlern frequentiert wurden, die sich auf Wanderschaft befanden. Dort konnten sie Geschichten, Klatsch und Tratsch und Informationen über Jobs und kostenlose Mitfahrgelegenheiten austauschen. Doch Ken Shintaro blieb meist für
sich. Er war freundlich, aber distanziert. Ein ruhiger, arbeitsamer und ernster Mann. Er leistete gute Arbeit auf der Farm und achtete gewissenhaft darauf, seinen Teil zu den kleinen Instandhaltungsarbeiten beizutragen, für die die Bewohner seines Wohngebäudes verantwortlich waren.
Dabei begegnete er auch zum ersten Mal Zi Lei, obwohl er sie damals kaum wahrnahm. Sie gehörten zu einem Team von sechs Hausbewohnern, die den Auftrag erhalten hatten, die Staubfilter in der zentralen Lüftungsanlage des Wohnblocks zu wechseln. Dazu mussten sie Overalls mit Kapuzen und Masken tragen. Sie zogen die Behälter am Grund des Staubabscheiderschachts heraus, kehrten den zusammengebackenen Staub in Beutel, die später kompostiert werden würden, setzten die Behälter wieder ein und fegten alles sauber. Hinterher trank Ken Shintaro mit den anderen einen Tee, lauschte eine Weile ihren Gesprächen und entschuldigte sich dann. Zwei Tage später traf er bei der Dauerhaften Friedensdebatte erneut auf Zi Lei.
Die Debatte hatte als ein gewöhnliches öffentliches Forum begonnen, das von einer kleinen Gruppe von Bürgern eingerichtet worden war, um die offen kriegstreiberischen Reden und Taktiken von Marisa Bassi, dem Bürgermeister von Paris, zu
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