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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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ihren Reisen verpflichtet, mindestens einen Passagier zu befördern. Sie nahmen einfache Jobs an und erkundeten verschiedene Städte und Kulturen. Die meisten kehrten nach Hause zurück, manche blieben in einer Stadt, die ihnen besonders gefallen hatte, und einige wenige ließen sich gar nicht irgendwo nieder, sondern reisten einfach weiter. Was
die Identität des Spions betraf, hatte ein Dämon vor einigen Jahren das Netz des Jupitersystems infiltriert und eine Reihe von falschen Identitäten eingeschleust, die nur darauf warteten, benutzt zu werden, wie Kleider in einem Schrank. Jeder Mensch und jede KI mit der entsprechenden Befugnis konnte sich Zugriff auf Ken Shintaros medizinische und genetische Unterlagen verschaffen, auf seinen nicht weiter ungewöhnlichen Bildungshintergrund und seine Beschäftigungsnachweise sowie sein vollkommen durchschnittliches Ansehen. Alle anderen konnten seinen Lebenslauf aufrufen, der aus den Lebensläufen zehntausender echter Außenweltler zusammengesetzt war. Ein gefälschtes Leben, das bis in jede Einzelheit authentisch war. Die Markergene, Fingerabdrücke und Irisaufzeichnungen, die zur Identifizierung benutzt wurden, waren seine eigenen. Sie waren mit denen seiner Brüder identisch und bei all den falschen Identitäten, die ins Netz eingeschleust worden waren, genau gleich.
    Ken Shintaro erhielt einen Geldbetrag für seinen Unterhalt und ihm wurde eine Einzimmerwohnung in einem alten Wohnblock in der Nähe des Industriegebiets zugewiesen. Außerdem durfte er zwischen einer Reihe einfacher Jobs wählen. Er entschied sich für den ersten auf der Liste – Arbeiter in einer der Farmröhren – und suchte seine winzige Wohnung auf. Dort zog er sich den streng riechenden Anzugoverall aus und nahm eine lange Dusche. Er trug eine Gesichtsmaske, während er unter dem Duschkopf stand, aus dem sich Ströme heißen Wassers über seinen Körper ergossen, die von dem Gitter im Boden abgesaugt wurden. Eine ebensolche Dusche hatte er auch auf dem Mond benutzt, aber in der deutlich niedrigeren Schwerkraft von Dione verhielt sich das Wasser anders und blieb auf seiner Haut kleben wie ein dickes Gel.

    Nach der Dusche rasierte er sich das neue Gesicht, das er erhalten hatte: Ken Shintaros Gesicht. Es war runder als die Gesichter seiner Brüder – die Nase breiter und flacher, die Haut fahler – und wurde von einem Schopf stachliger, kurzer blonder Haare eingerahmt. Aber seine Augen waren unverändert und ebenso seine Zähne. Er fuhr sich mit der Zunge über die vertrauten Spitzen und Kanten und ging ein wenig im Zimmer auf und ab. Er testete die dünne, harte Matratze in der Schlafnische und faltete den Tisch auf und klappte ihn wieder zusammen, um sich davon zu überzeugen, dass der Tisch und die Stadt, die offen vor ihm lag, tatsächlich real waren. Sein ganzes Leben lang hatte er sich auf diese Mission vorbereitet, und nun war er hier, und alles war fremdartig und vertraut zugleich. Es wurde Zeit, sich an die Arbeit zu machen.
    Aus einer Reihe von unverfänglichen Nachrichten wählte er die aus, die bestätigte, dass er sicher und planmäßig in der Stadt angekommen war, und schickte sie an ein blindes Konto, das von der Spionageeinheit in der Botschaft in Camelot, Mimas, überwacht wurde. Eine ebenso unverfängliche Nachricht erwartete ihn – eine kurze Videoaufnahme von Kindern, die in einem flachen Schwimmteich herumplanschten. Seine Spex entnahm der Aufnahme jedoch einen verborgenen Text und entschlüsselte ihn. Er hatte eine neue Sekundärmission erhalten. Er sollte zwei Menschen aufspüren, die von Agenten im Auftrag von Marisa Bassi entführt worden waren und höchstwahrscheinlich irgendwo in Paris oder in der Nähe der Stadt festgehalten wurden, und diese wenn möglich befreien. Er prägte sich die Einzelheiten ins Gedächtnis ein und löschte alle Spuren der Botschaft.
    Der Dämon, der die falschen IDs ins Netz eingeschleust hatte, hatte auch einige Konten mit kleinen Geldbeträgen unter verschiedenen Namen und Berufsbezeichnungen eröffnet.
Er benutzte eines davon, um die Materialien zu erwerben, die er brauchte: verschiedene gebräuchliche Chemikalien und Ausrüstungsgegenstände, wie sie von den Bewohnern von Paris dafür verwendet wurden, um ihren eigenen Wein herzustellen oder Bier zu brauen. Er stellte Gärbottiche mit Nährstoffbrühe in einem unbenutzten Wartungstunnel auf und versetzte sie mit gewöhnlicher Hefe. Drei Tage später, als die Hefekulturen bereits eingedickt

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