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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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ihm in dem gestohlenen Shuttle. Sie hatte ihm alles erzählt, was sie über Euclides’ Komplott
wusste und was sie hatte tun müssen, um ihm zu entkommen. Er hatte ihr gesagt, dass er Oscars Ermordung zwar nicht gutheißen konnte, aber ihren wagemutigen Schachzug durchaus bewunderte. Dadurch würden die Verschwörer zweifellos enttarnt werden, und der alte Mann wäre ohnehin bald das Opfer des einen oder anderen Attentats geworden. Schließlich waren sie zu einer Übereinkunft gelangt. Arvam würde Sri gestatten, im Saturnsystem im Exil zu leben und alles in seiner Macht Stehende tun, um Alder und die Forschungseinrichtung zu schützen, und Sri würde dafür all ihre Fähigkeiten und ihr Fachwissen in seinen Dienst stellen. Sie würde Avernus’ Geheimnisse enträtseln und Arvam zu einem sehr reichen Mann machen. Doch als sie nun ihr Leben in seine Hände legte und sich ihm ganz ergab, hatte sie Angst, einen schweren Fehler begangen zu haben.
    Yamil Cho wirkte hingegen vollkommen unbekümmert. »Wir sind auf Mimas zugeflogen, weil sich die Gaias Ruhm im Orbit um den Mond befand«, sagte er. »Wenn wir nun nicht mehr auf Mimas zufliegen, muss sich etwas verändert haben, seit wir das letzte Mal die Position des Schiffes überprüft haben.«
    Er rief eine optische Anzeige ihrer Umgebung auf der Memofläche zwischen den Beschleunigungsliegen auf. Der kleine Mond war ein winziger schwarzer Punkt auf der dünnen Linie der Ringe, der sich von den umbrafarbenen Bändern abhob, die den Äquator des Saturn umgaben. Eine kleine Funkenwolke bewegte sich davon weg. Yamil Cho zoomte sie näher heran, bis sich die Funken in Ansammlungen klobiger Pixel verwandelten. Registrierungsanzeigen tauchten über den einzelnen Objekten auf und identifizierten sie als die Gaias Ruhm , die Waldblume , die Getûlio Dornelles Vargas und ein halbes Dutzend Schiffe der Außenweltler, die versuchten, ihnen zu folgen.

    »Wohin fliegen sie?«, fragte Sri. »Wohin fliegen wir ?«
    »Das lässt sich jetzt noch nicht sagen. Aber die drei Schiffe unserer Flotte scheinen in unterschiedliche Richtungen unterwegs zu sein.«
    Sri betrachtete die Ansammlung leuchtender Pixel unter der Bezeichnung Gaias Ruhm . »Dione«, sagte sie schließlich. »Der Bürgermeister von Paris, Dione, hat seine Stadt zum Zentrum des Widerstands gegen unsere Anwesenheit hier gemacht. Arvam wird sich persönlich um ihn kümmern wollen. Seine Eitelkeit würde nichts anderes zulassen.«
    Der Hauptantrieb zündete, und sie wurden von der Beschleunigung in ihre Liegen gedrückt.
    »Dann hat der Krieg also begonnen«, sagte Yamil Cho.
    »Der Krieg oder jedenfalls etwas, das dem nahekommt«, sagte Sri. »Offenbar sind wir genau zur richtigen Zeit eingetroffen.«

FÜNFTER TEIL
    Ein kleiner, stiller krieg

› 1
    Die Gaias Ruhm war ein großes Schiff, eines der größten, die jemals gebaut wurden, aber im Augenblick war es bis zur Decke mit Ausrüstung und Vorräten vollgestopft und beförderte mehr als das Doppelte der normalen Besatzung. Höhere Offiziere mussten sich ihre Kabinen teilen, niedere Offiziere waren in Lebenserhaltungskapseln untergebracht. Spezialisten und Techniker schliefen, aßen und verbrachten ihre Freizeit in kleinen Lagern auf den Korridoren oder an ihren Arbeitsplätzen, in Waffenblasen oder Geschütztürmen. Die Offiziersmesse der Spezialisten diente gleichzeitig auch als Krankenstation, weil die eigentliche Krankenstation, die sich in der Nähe der Wirbelsäule des Schiffes befand, in eine unabhängige Gefechtsbrücke umgewandelt worden war und nun ein Triumvirat aus strategischen KIs und Tauchwannen für das Gefechtsteam des Schiffes beherbergte. Die Mitglieder des Gefechtsteams schliefen auch in den Wannen, weil es nirgendwo sonst Platz für sie gab. Alle atmeten die gemeinsame Luft ein, die von Kochgerüchen, Fürzen und dem Gestank ungewaschener Leiber erfüllt war, und jeder wusste über jeden Bescheid, weil alle so dicht aufeinander lebten – mit Ausnahme der hochrangigsten Offiziere und Sicherheitschefs war jeder an Bord ständig in Hör- und Sichtweite von mindestens zwei anderen Leuten.
    Und dann traf die Waldblume mit der Gaias Ruhm und der Getûlio Dornelles Vargas zusammen, und zwei Abteilungen Soldaten, die bis dahin in Kältesärgen in der Schwerelosigkeitsturnhalle der Gaias Ruhm im Dornröschenschlaf
gelegen hatten, wurden wieder zum Leben erweckt und mussten ebenfalls irgendwie in den bereits überfüllten Quartieren untergebracht werden.

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