Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war
finden.«
»Nehmen Sie sie mit«, sagte Arvam. »Und überprüfen Sie auch alles andere.«
»Das sind nur ganz normale Pflanzen. Nichts Besonderes.«
»Die Eidechse sah auch ganz gewöhnlich aus, bevor Sie sie vom Ast genommen haben.«
»Ein solcher Farbwechsel der Haut ist nicht gerade etwas Neues.«
Arvam starrte Sri einen Moment lang an, nahm dann die Lesetafel entgegen, die sein Adjutant ihm reichte, und kehrte ihr den Rücken zu.
Von kalter Wut erfüllt arbeitete Sri weiter, nahm von allem Proben und verstaute sie in Reagenzgläsern, die Yamil Cho beschriftete. Sie hatten sich bereits durch den halben Hofgarten durchgearbeitet, als plötzlich ein Geräusch zu hören war, wie von einer gewaltigen Tür, die tief unter der Erde zugeschlagen wurde. Ein plötzlicher Windzug bog die Bambusstängel und ließ die wächsernen Blätter rascheln. Nadeln bohrten sich in Sris Ohren, und die Türen des kurzen Eingangstunnels glitten zu. Das spinnennetzartige Dach über ihnen ächzte und stöhnte, und die pastellfarbenen Diamantscheiben wurden heller, als der Rauchschleier dahinter fortgesaugt wurde und die Lichter enthüllte, die unter dem Dach des Zeltes hingen und sich grell vom schwarzen Himmel abhoben.
Am anderen Ende des Gartens gab Arvam Peixoto seinem Adjutanten die Lesetafel zurück und befahl ihm herauszufinden, wo der Riss aufgetreten sei. Sri wurde klar, dass Paris gerade seine Atmosphäre verloren hatte.
› 7
Es war ein langer Weg bis zur Stadt, durch ein hügeliges, von wenigen Kratern durchzogenes Gelände, an mosaikartigen Feldern mit Vakuumorganismen vorbei. Alle paar Minuten drehte sich Loc um und suchte die Felder nach Bewegungen oder aufblitzenden Farben ab, aber offenbar war es ihm tatsächlich gelungen zu entkommen. Er sagte sich, dass er keine andere Wahl gehabt hatte. Die anderen waren ihm zahlenmäßig überlegen gewesen und die Flucht seine einzige Alternative. Er sagte sich, dass er schon noch Rache nehmen würde. Er würde sich dem ersten brasilianischen Soldaten ergeben, der ihm über den Weg lief, seinen befehlshabenden Offizier ausfindig machen und ihm erklären, dass er wusste, wo sich Avernus aufhielt. Dann würde er darauf bestehen, die Suche nach ihr anzuführen. Die Genzauberin war eine wertvolle Trophäe; er würde sicher großzügig belohnt werden, wenn er sie gefangen nahm. Der Gedanke daran und die Vorstellung, was er mit Macy Minnot machen würde, wenn sie ihm zum Verhör überlassen wurde, bauten ihn auf, während er in dem schlecht sitzenden Druckanzug voranschritt, nur begleitet von seinem langen Schatten.
Loc war bereits seit fast einer Stunde unterwegs und hatte mehr als die Hälfte seines Luftvorrats aufgebraucht, als er das letzte Feld hinter sich ließ, einen mit Geröll bedeckten Abhang hinunterstieg und zu einer Gittertrasse gelangte, die über eine staubige, mit Steinen übersäte Ebene auf den Kraterrand zuführte, der sich wie eine niedrige Hügelkette am Horizont hinzog. Das Stadtzelt erhob sich schräg auf dem
flachen Abhang, hell wie ein Splitter Sonnenlicht unter dem dunklen Himmel. Zu beiden Seiten der Stadt und entlang des flachen Kamms des Kraterrands schossen dünne Rauchfahnen in den Himmel und sanken sofort wieder zu Boden – offenbar stand die Stadt unter Beschuss. Alles war klar und deutlich zu erkennen, und die Explosionen verursachten keinerlei Geräusch.
Er war der Straße noch nicht lange gefolgt, als er auf die zertrümmerten Überreste eines Raupenkettenfahrzeugs stieß, das von einer Rakete getroffen worden war. Bruchstücke von Glas und Verbundstoffverkleidung und tiefgefrorene Leichen und Körperteile waren um einen frischen Krater herum verstreut. Nach kurzer Suche konnte er jedoch keinerlei Waffe entdecken und ging weiter. Schließlich verließ er die Trasse und ging quer über das offene Gelände auf den Raumhafen zu, wo zwei dicke, schöne Transporter standen, die im schwachen Licht der vor kurzem aufgegangenen Sonne funkelten. Ihre stumpfen Nasen waren mit den grünen und blauen Flaggen Großbrasiliens und der Europäischen Union geschmückt. Das Funkgerät in seinem Druckanzug verfügte lediglich über einen Kurzstreckenkanal, auf dem jedoch kein Funkverkehr herrschte. Er konnte also keine Verbindung zu den Angriffsstreitkräften aufnehmen und sie darüber in Kenntnis setzen, wer er war und was er zu tun gedachte. Er konnte nur mit erhobenen Armen auf sie zumarschieren – der universellen Geste der Kapitulation.
Loc näherte sich
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