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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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schiefgehen könnte. Sie war bereit, die nötige Arbeit zu machen, hatte jedoch ständig das Gefühl, als würde sie auf einer Welle der Freude und dunklen Vorahnung balancieren. Sie war hier. Sie hatte es geschafft. Und doch konnte ein einziger Fehltritt alles wieder zunichtemachen.
    Und nun musste sie sich auch noch um den kleinen Auftrag kümmern, den Speller Twain und Loc Ifrahim, der glattzüngige
Schmeichler, ihr aufgedrängt hatten. Das Problem war, dass Manny Vargos Tod Ursula Freye zwar das Herz gebrochen, sie in tiefe Verzweiflung gestürzt und an den Rand des Wahnsinns gebracht haben mochte, aber sie war trotzdem immer noch eine furchtbare Wichtigtuerin, eigensinnig und distanziert. Ganz gleich, wie unglücklich und einsam sie sein mochte, sie würde keinen Ratschlag von jemandem annehmen, der von so niederer Herkunft war wie Macy. Und Macy fiel auch sonst niemand in der Mannschaft ein, der ihr hätte helfen können. Die meisten gehörten zur Familie Peixoto, und all der Übungen zum Trotz, die während der Ausbildung das Gefühl von Zusammenhalt unter ihnen hatten stärken sollen, hatten sich schon bald einzelne Cliquen aus Gleichgesinnten herausgebildet, kleine Grüppchen aus drei oder vier Leuten unterschiedlicher Geschlechter und Fachgebiete, zu denen Außenseiter keinen Zugang hatten. Was die restlichen Mannschaftsmitglieder betraf – Cristine Quarrick und Patrick Alan Allard aus der Familie Nabuco waren verheiratet, blieben in der gemütlichen kleinen Welt, die sie sich geschaffen hatten, und hatten nur Zeit füreinander. Und César Puntareñas war ein unsympathischer Kerl, der sich gerne in seinem Ruf als Geheimagent sonnte.
    Macy lief an der Wasserlinie entlang, bis sie einen der Ströme erreichte, die sich aus einem mehrere Meter breiten künstlichen Kanal schäumend auf das Seebett ergossen. Sie setzte mit Leichtigkeit über den Kanal hinweg, landete jedoch unglücklich und verlor das Gleichgewicht. Der Aufprall auf dem Boden presste ihr den Atem aus der Lunge. Als sie sich aufsetzte, Arme und Beine beugte und dabei nichts Schlimmeres entdeckte als eine aufgeschürfte Handfläche und eine Prellung an ihrem Hinterteil, die sich zu einem spektakulären Bluterguss entwickeln würde, sah sie
eine der kleinen Kameradrohnen, mit denen das ganze Biom verseucht war, am Ufer des Sees in der Luft hängen. Ein dickes, etwa einen Meter langes fliegendes Objekt, dessen am Bauch befindliche Kamera in ihre Richtung deutete. Sie lachte und zeigte ihm den Mittelfinger, während sie sich fragte, wie viele Bürger ihren kleinen Sturz auf den Hosenboden wohl mit angesehen hatten. In diesem Moment kam ihr ein Gedanke, wie sie Ursula Freye am besten erreichen könnte.
    Als sie in ihr Labor zurückgekehrt war, bat sie ihre beiden Assistenten um ihre Hilfe bei einer persönlichen Angelegenheit. Als sie ihr Fragen stellen wollten, legte sie einen Finger an die Lippen, führte sie aus dem Labor auf den Bootssteg hinaus und sagte ihnen, dass die Informationen, die sie ihnen geben würde, streng vertraulich wären. Sie mussten ihr schwören, dass sie sie niemandem weitererzählen würden.
    Die Assistenten warfen sich einen Blick zu. Sie waren beide um die vierzig, wirkten vom Äußeren her aber so, als wären sie in Macys Alter. Ihre Körper waren schlank und feingliedrig. Sie ragten über ihr auf wie ein Paar freundlicher Giraffen. Argyll Hall, dessen Gesicht weiß wie Papier war und dessen grellroter Haarschopf an einen Kakadu erinnerte, und Loris Sher Yanagita mit ihren hellgrünen Augen, deren Pupillen geschlitzt waren wie bei einer Katze. Macy mochte die beiden sehr gern. Sie zweifelte nicht daran, dass sie über jede ihrer Bewegungen Bericht erstatteten, aber sie arbeiteten hart, waren kompetent und auf ihre eigene, fremdartige Weise von dem Projekt begeistert. Loris war eher ruhig. Sie hörte lieber zu, als dass sie redete, und sprach auch nur dann, wenn sie das Gefühl hatte, etwas Wichtiges mitzuteilen zu haben. Doch sie empfand eine intensive, glühende Leidenschaft für ihre Arbeit. Sie erinnerte Macy an
die Art und Weise, wie die Wildsider Feuer von einem Lager zum nächsten trugen, in Form von glimmendem Zunder, der in einem Tongefäß aufbewahrt wurde. Argyll war dagegen deutlich lebendiger. Er verfügte über eine rasche Auffassungsgabe, war impulsiv und floss geradezu über von halb ausgefeilten Ideen. Er war gesprächig und wollte stets von ihr wissen, wie bestimmte Angelegenheiten auf der Erde gehandhabt

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