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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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ihrer Arbeit weitermachen. Stieß sie jedoch auf Hinweise darauf, dass Ursula mit Umstürzlern oder Hardlinern Umgang hatte, konnte sie das als Druckmittel einsetzen, wenn sie die arme Frau zur Rede stellte, und versuchen, sie davon zu überzeugen, dass diese nicht in ihrem Interesse handelten.
    Argyll sah enttäuscht aus, als er fragte: »Ist das alles?«
    »Um wen handelt es sich?«, erkundigte sich Loris.
    »Ursula Freye«, sagte Macy. »Und bevor Sie anfangen, mir Fragen zu stellen, die ich nicht beantworten kann – hier geht es nicht um Mr. Vargos Tod. Es geht darum, einer Kollegin von mir zu helfen, die vor Trauer ein wenig den Verstand verloren hat.«

› 5
    Zwei Tage später fuhr Macy mit der Straßenbahn zur freien Zone am Nordrand von Rainbow Bridge. Sie hatte die Stadt bereits zweimal besucht, beide Male jedoch, um an offiziellen Veranstaltungen teilzunehmen – eine Art Empfang, bei dem sie und die restliche Mannschaft wie exotische Tiere ausgestellt worden waren, und ein Theaterstück mit Musikern, Tänzern, Gemälden und Projektionen, bei dem es sich laut Programmbeschreibung um eine Interpretation universeller Schöpfungsmythen handeln sollte. Macy hatte ein paar Fragmente aus der Genesis erkannt, bei einem Großteil der Vorführung war ihr jedoch die Symbolik verborgen geblieben. Die Musik hatte wie ein Zugunglück geklungen, und sie hatte Mühe gehabt, nicht einzuschlafen. Trotz ihrer düsteren Vorahnungen, was das ganze Unterfangen betraf, verspürte sie deshalb gleichzeitig eine anregende Mischung aus Vorfreude und Befreiung, als sie allein durch die Stadt fuhr.
    Rainbow Bridge war in einer seifenschaumartigen Ansammlung von luftgefüllten Zelten und geodätischen Kuppeln verschiedener Größen untergebracht. In ihrem Innern befanden sich Reihen von niedrigen Wohnhäusern, die denen glichen, bei deren Abriss Macy in den Ruinen von Chicago geholfen hatte, an Straßen, die strahlenförmig von einem zentralen Park abgingen. Andere Häuser waren zufällig über Parkland verstreut oder standen in den ältesten Stadtteilen eng beieinander, wobei ihre Dachgärten durch schmale Brücken miteinander verbunden waren. In einigen Häuserzeilen gab es Werkstätten für Industrie und Handwerk, doch die
meisten Fabriken der Stadt waren in kleineren Kuppeln außerhalb des Stadtgebiets untergebracht, inmitten von Raffinerien und Farmen, in denen Vakuumorganismen gezüchtet wurden. Die Straßenbahn fuhr durch Wälder, über Wiesen und in der Mitte von breiten, von Bäumen gesäumten Straßen. Macy stieg an der letzten Haltestelle aus und setzte die Spex auf, die sie von der Stadt erhalten hatte, nachdem sie aus dem Kälteschlaf erwacht war. Argyll hatte ihr gezeigt, wie man die Navigationsfunktion benutzte, und auf der virtuellen Anzeige schwebten eine Reihe dicker roter Pfeile in der Luft, die einer nach dem anderen erloschen, während Macy ihnen, begleitet von zwei Drohnen, über einen weißen Kiesweg folgte. Der Weg führte zwischen zwei- und dreistöckigen Wohnblocks hindurch, mit schmalen Gärten auf zurückgesetzten Terrassen und Balkonen, von denen blühende Kletterpflanzen oder wie Wasserfälle zottige Moose und Farne herabhingen. Es war spät am Abend. Die Scheiben der Kuppel waren schwarz polarisiert, und die Wege wurden von winzigen Biolampen erhellt, die wie grüne Sterne funkelten, und von einigen wenigen trübe leuchtenden Straßenlaternen. Es waren nur wenige Menschen unterwegs, wofür Macy dankbar war. Sie trug ein Kostüm, das sie sich von Loris geborgt hatte – weite Shorts und ein blassblaues T-Shirt, das ihr bis zu den Knien reichte. Doch die meisten Passanten schienen sie zu erkennen, wenn sie an ihnen vorbeischlurfte, und mehrere blieben stehen, um sie zu fragen, wie ihr die Stadt gefiel, oder einfach nur, um Hallo zu sagen.
    Der letzte der roten Pfeile erlosch, als sie in den Fahrstuhl einstieg, der sie in die freie Zone der Stadt hinunterbringen würde. Eine der Drohnen, die ihr durch die Stadt gefolgt waren, bog ab und flog davon; die andere, die zweifellos von Speller Twain auf sie angesetzt worden war, blieb über dem
Fahrstuhl in der Luft hängen und verschwand außer Sichtweite, als Macy in die Tiefe hinabfuhr.
    In der Stadt wusste jeder über den anderen Bescheid. Es war ein kleiner, dicht bevölkerter Ort, und wie in allen Stadtstaaten und Siedlungen des Außensystems, in denen sich demokratische Traditionen erhalten hatten, die auf der Erde längst verschwunden waren, herrschte

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