Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war
wurde, dass Fuchsgesicht nicht weitersprechen würde, nahm Ursula den Faden ihrer Argumentation wieder auf.
»Als ich erfahren habe, dass Manny während der Wiederbelebung gestorben war, habe ich sofort vermutet, dass es Mord gewesen sein könnte. Denn wenn jemand dem Projekt schaden wollte, indem er einen von uns umbrachte, war Manny das offensichtliche Ziel. Er war der Ökosystem-Ingenieur. Er überwachte alle Einzelheiten der Entwicklung des Bioms. Er war verantwortlich für Rekrutierung und Ausbildung der Mannschaft. Und es waren sein Wille und seine Persönlichkeit, die uns zu einer Einheit zusammenschmiedeten. Aber ich konnte nicht sicher sein, dass er ermordet wurde, bis ich herausfand, dass seine Lesetafel verschwunden war. Da wusste ich es. Ich wusste, dass sie ihn nicht nur um seiner selbst willen umgebracht haben, sondern auch, weil in seiner Lesetafel etwas enthalten war, das die Mörder geheim halten wollten. Nicht die Pläne des Ökosystems. Davon gibt es jede Menge Kopien. Ich habe einen vollständigen Satz mit Anmerkungen. Und Euclides auch. Und einige Leute hier in der Stadt verfügen ebenfalls über Kopien. Nein, sie haben ihn umgebracht, weil er – ohne es zu wissen – kurz davorstand, etwas herauszufinden, das nicht an die Öffentlichkeit gelangen sollte.«
»Haben Sie eine Ahnung, was das sein könnte?«, fragte Macy.
»Natürlich habe ich ein paar Vermutungen. Aber keine Beweise.«
»Und Sie wissen nicht, wer …?«
»Es gibt eine ganze Reihe von Kandidaten. Es könnte jemand in der Familie Peixoto sein, der die beträchtliche Macht von Oscar Finnegan Ramos … ähm … abschwächen möchte. Es könnte auch eine für den Krieg und gegen die Außenweltler eingestellte Fraktion in einer der anderen Familien Großbrasiliens sein oder in den Familien der Pazifischen Gemeinschaft oder der Europäischen Union. Ganz zu
schweigen von den zahllosen Fraktionen in den Stadtstaaten der Außenweltlerkolonien, die mit der Erde nichts zu tun haben wollen … An diesem Punkt spielt es keine Rolle, wer dahintersteckt. Nur, warum sie es getan haben. Und da könnten Sie mir helfen, Miz Minnot. Ich werde Sie nicht fragen, ob Sie unserer Familie gegenüber loyal sind. Ich weiß sehr gut, dass die meisten Leute in unserem Einflussgebiet es nicht sind. Aber sind Sie dieser Mannschaft gegenüber loyal und dem, was Manny hier aufbauen wollte? Wollen Sie, dass es ein Erfolg wird?«
»Deswegen bin ich hier. Für die Mannschaft und für das Projekt.« Macy fiel es nicht leicht, Ursula Freyes leuchtenden Blick zu erwidern. Ihr war klar, was als Nächstes kommen würde, und sie fürchtete sich davor, doch sie wusste, dass sie nichts dagegen tun konnte.
»Ich habe hier Freunde gefunden«, sagte Ursula. »Und ebenso wie Sie und ich wollen sie, dass das Projekt und alles, wofür es steht, Erfolg hat. Ich will ihnen helfen. Und Sie können das ebenfalls.«
»Ich bin hier, weil mir gesagt wurde, dass Sie möglicherweise das Projekt gefährden«, sagte Macy.
»Und wie Sie sehen, ist genau das Gegenteil der Fall.«
»Ich sehe gar nichts. Es tut mir leid, aber es ist so. Ich sehe lediglich jemanden, der etwas nachjagt, das vielleicht nicht einmal existiert …«
»Es existiert. Und Sie werden mir helfen, das zu beweisen.«
»Wissen Sie was?«, sagte Macy. »Sie sind genau wie die. Wie Loc Ifrahim und Speller Twain. Die wollen mich dazu benutzen, um Ihnen das Handwerk zu legen. Und Sie wollen mich benutzen, um denen einen Strich durch die Rechnung zu machen.«
»Mir ist klar, dass ich Sie damit in eine schwierige Lage bringe …«
»Ich glaube nicht, dass Ihnen das wirklich klar ist«, sagte Macy so laut, dass sich die Gruppe von Außenweltlern am Nachbartisch, die in ihren Pelzmänteln wie wuchtige Seehunde wirkten, zu ihr umdrehten. Sie bemerkte es kaum, so wütend war sie. »Leute wie Sie wissen gar nicht, wie es für Leute wie mich ist. Sie schweben über allem. Für Sie ist das Leben ein Spaziergang. Aber Leute wie ich, wir stecken im Dreck fest. Wenn irgendetwas schiefgeht, sind wir diejenigen, die darunter zu leiden haben. Wir sind diejenigen, die den Schaden haben. Sie geben einer Laune nach, und wir bezahlen den Preis dafür.«
Sie spürte ihren Puls in ihrem Kopf pochen und wurde von einem Schwindelgefühl erfasst, das nichts mit der niedrigen Schwerkraft zu tun hatte. Im Augenblick war ihr egal, was Ursula Freye ihr antun würde. Schließlich befanden sie sich in der freien Zone, nicht wahr? Sie hatte
Weitere Kostenlose Bücher