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Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war

Titel: Der stille Krieg - McAuley, P: Der stille Krieg - The quiet war Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul McAuley
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offen und frei gesprochen.
    Ursula überraschte sie. Sie lachte – ein zartes, mädchenhaftes Kichern. Dann sagte sie: »Sie haben wirklich nicht die geringste Ahnung, oder? Sie glauben, dass ich tun und lassen kann, was ich will? Mein ganzes Leben wurde vom Dienst an der Familie bestimmt. Derselben Familie, die Sie beschützt und dafür sorgt, dass Sie Arbeit haben, etwas zu essen und ein Dach über dem Kopf … Mein ganzes Leben lang habe ich getan, was mir gesagt wurde, was für die Familie das Beste war. Mein ganzes Leben lang – bis ich Manny getroffen und mich verliebt habe. Wir haben uns ineinander verliebt. Eigentlich hätten wir das nicht tun dürfen, aber es ist trotzdem passiert«, sagte Ursula und blickte vom fernen Gipfel ihrer Einsamkeit auf Macy herab.
    In diesem Moment meldete sich die fuchsgesichtige Person zu Wort. »Wir werden der Angelegenheit auf den Grund gehen, Ursula.«

    »Und das ist eine weitere Sache«, sagte Macy. »Warum sollte ich auch nur für eine Sekunde in Erwägung ziehen, jemandem zu helfen, der mir nicht einmal sein Gesicht zeigen will?«
    »Hier geht es nicht um Sie oder mich«, sagte Ursula. »Hier geht es um das Projekt, um Manny. Ich weiß, dass Sie ihm große Achtung entgegengebracht haben und Ihnen klar ist, dass er Herz und Seele dieses Projekts war. Wenn auch nur die entfernte Möglichkeit besteht, dass er ermordet wurde, meinen Sie nicht, dass wir die Wahrheit herausfinden sollten?«
    »Glauben Sie mir, uns wäre es lieber, wenn wir Sie nicht darum bitten müssten«, sagte Fuchsgesicht. »Aber es ist der einzige Ausweg. Es könnte die einzige Möglichkeit sein, das Projekt zu retten.«
    Macys erster Impuls war es, einfach aufzustehen und zu gehen. Aber sie befand sich auf feindlichem Gebiet; sie wusste nicht, wie viele Leute in der Bar, in der freien Zone, in der ganzen fremden Stadt mit ihren Flachbauten in die Angelegenheit verwickelt waren. Sie hatte geheime Informationen erhalten, und es war nicht abzusehen, was passieren würde, wenn sie Ursula ihre Hilfe verweigerte. Deshalb holte sie tief Luft und sagte: »Nun gut. So oder so stecke ich wohl in der Klemme. Also sagen Sie mir, was Sie wollen, und ich schaue, was ich tun kann. Natürlich nur dem Projekt zuliebe, sonst nichts.«
    »Es ist bloß eine Kleinigkeit«, sagte Ursula. »Wirklich. Ich brauche lediglich Kopien der Aufzeichnungen und Protokolle von allem, was geschaffen wurde, seit die Mannschaft mit der Arbeit am Biom begonnen hat. Damit kann ich eine dynamische Rekonstruktion der Ereignisse erstellen, die ich dann genauer analysieren kann. Um nach möglichen Mustern und Verbindungen Ausschau zu halten – nach allem, was auf Sabotage hindeuten könnte.«

    »Ich dachte, diese Daten hätten Sie bereits. Ich meine, Sie sind die Ökonomin. Brauchen Sie die nicht, um Ihre Arbeit machen zu können?«
    »Ich wurde von Mr. Twain aus der Datenbank der Mannschaft ausgeschlossen. Wenn ich irgendetwas brauche, muss ich es mir von ihm holen. Er beobachtet mich, Macy. Er hat einen Spion in meine Lesetafel heruntergeladen – zu meinem eigenen Schutz, hat er gesagt. Und er folgt mir überall hin. Außer hierher. Aber Sie können das für mich erledigen, und es ist auch keine große Sache. Sie müssen nur auf die Datenbank zugreifen, eine Kopie der Arbeitsprotokolle erstellen und sie an mich weiterreichen. Das ist nicht weiter schwierig, oder?«

› 6
    Das ist alles Unsinn, dachte Macy, als sie mit der Straßenbahn durch die nächtliche Stadt in das Biom zurückfuhr. Sie war wütend, beunruhigt und ängstlich, und nun, da die Nervenprobe vorbei war, überwog langsam die Wut. Das war alles Unsinn. Alles. Es gab keine Verschwörung. Manny Vargos Tod war ein schrecklicher medizinischer Unfall gewesen – aber eben ein Unfall. Es konnte viele Gründe dafür geben, warum seine Lesetafel verschwunden war, von einem Fehler der Bürokratie bis hin zu simplem Diebstahl. Und Ursula Freye hatte zwischen diesen beiden Tatsachen, die nicht das Geringste miteinander zu tun hatten – der Tod ihres Geliebten und das Verschwinden der Lesetafel -, gewaltsam einen Zusammenhang hergestellt. Dann hatte sie nach weiteren Zusammenhängen gesucht, die zufällig zu ihrer Theorie passten, und hatte dabei alles, was ihr widersprochen hätte, außer Acht gelassen, bis sie ganz im Käfig ihres paranoiden Wahngebildes gefangen war.
    Und nun will sie mich in demselben Käfig einsperren, dachte Macy. Sie und ihr fuchsgesichtiger Freund. Und ihr

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