Der stille Ozean
Genick gebissen. Nun ging alles rasch. Zuerst floh ein Hase aus dem Wald, er war im Laub schwer auszumachen, Ascher sah, wie er von einem Schuß getroffen wurde, ein Rad schlug und in einem Stacheldrahtzaun hängenblieb. Dann kamen zwei Fasanenhähne, auf die einer der älteren Jäger, die auf den Klappsitzen saßen, schoß. Während der eine aber aus der Luft fiel, stürzte der andere erst ein Stück weiter mit plötzlich einsetzenden Flatterbewegungen in den Wald hinter Aschers Haus. In der Zwischenzeit stoben zwei Hasen über die Wiese, sie waren bis zu einem Schneestreifen gekommen, der ihre Bewegungen sofort verlangsamt hatte, so daß es den Eindruck machte, sie bewegten sich kaum noch von der Stelle und versänken mit jedem Sprung tiefer im Schnee. Bevor sie aber den Schneestreifen hinter sich gelassen hatten, sah Ascher, wie sie durch die Luft wirbelten und auf den Boden aufschlugen. Die Jäger hoben die Beute auf und kamen zwischen den Obstbäumen auf das Haus zu. Zwei von ihnen suchten im Wald nach dem Fasan. Sie fanden ihn bald und trugen ihn zum Hof des Nachbarn. Ein dicker Jäger mit einem Rucksack hielt einen erlegten Hasen an den Hinterläufen, dessen Bauchfell mit Blut bespritzt war. Und wie schon bei der letzten Jagd sah Ascher die großen offenen Augen, die in einer Mischung aus Schrecken und Erstaunen aus den Höhlen getreten zu sein schienen. Er betrachtete ihn, bis der Jäger hinter einer Kuppe verschwunden war. Ein Stück unter dem Haus, wo die gelbe Kapelle stand, tauchte er dann wieder auf und begegnete dem Vater des Nachbarn, der dort breitbeinig, mit einem Hasen in der Hand wartete. Als die Jäger verschwunden waren, folgte Ascher ihnen ein Stück bis zum nächsten Hügel. Das Fernglas hatte er im Haus zurückgelassen. In der Mulde, ganz klein, standen die Jäger an. Ascher hörte aus dem Wald gedämpfte Rufe, hin und wieder fiel ein Schuß. Eine Fasanenhenne flog auf die andere Seite des Grabens und stürzte dort nieder, ohne daß ein Schuß gefallen war. Ascher wartete, was geschehen würde. Unten standen noch immer die Jäger, jetzt aber entdeckte er den Vater des Nachbarn, wie er sich auf den Weg hinter die Obstbäume machte. Er traf gerade die Kinder mit dem Mostkrug, nahm einen Schluck und schickte sie zu den Jägern hinunter. Ascher sah sie über die Wiese bergab laufen, eines hielt den Mostkrug mit steifer Hand weggestreckt, um nichts zu verschütten. Er folgte nun langsam dem Vater des Nachbarn. Zuerst kamen sie an einem verfallenen Winzerhaus vorbei. Durch das kleine Fenster konnte man erkennen, daß der gemauerte Herd eingebrochen war. Äste und Gestrüpp lagen auf dem Boden, der Verputz hing von der Decke. Das Haus bestand aus der Küche und einem Vorraum, darin hatten oft sechs und mehr Menschen gewohnt. Hinter dem Haus war ein kleiner Schweinestall. Jetzt hörte Ascher den Vater des Nachbarn mit jemandem sprechen.
»Ich habe nichts gefunden«, sagte der Alte. »Ich habe alles genau abgesucht, aber nichts entdecken können.« »So etwas«, sagte der andere. Ascher erkannte das Gesicht des Briefträgers. Er holte einen Apfel aus der Jackentasche, warf ihn in die Luft und schoß mit dem Gewehr auf ihn. »Wenn ich heute sonst nichts treffe …«, fügte er lachend hinzu und stieg mit dem Alten den Hügel hinunter. Auf der asphaltierten Straße begegneten sie einem Mann, der Jägerkleidung trug und sich auf Krücken stützte. Mit einer der Krücken deutete er auf den Waldrand und rief: »Vorhin haben sie einen Fuchs geschossen. Sie haben es mir gemeldet.«
»Ach so?« sagte der Alte. Er blieb stehen, lächelte und schaute seine Schuhspitzen an. Dann ging er in den Graben. Ascher machte einen Bogen um die Straße und gelangte zum Hof des Nachbarn. Wieder hörte er den Hund im Kuhstall bellen. Die Frau stand mit einer Flasche vor der Haustüre und hielt sie den Jägern hin, die vorbeikamen. Sie blickte zu Ascher, der ihren Blick erwiderte. »Wollen Sie einen Schluck?« fragte sie ihn. Ascher bedankte sich und trank, dann spazierte er hinter den Jägern her. Ein Stück unter der Straße nahmen sie Aufstellung. Ascher bemerkte eine Fasanenhenne, die sich unter einem Gebüsch versteckt hielt. Ein Hund stob zwischen den Zweigen durch, stürzte sich auf die Henne und zerbiß sie. Kurz flatterten die Flügel auf, dann lag sie still, und der Hund lief mit ihr in den Wald. Später kamen die Treiber zwischen den gelben Maiskegeln über den Acker. Da der Hang an der Sonne lag, war der Schnee
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