Der stille Ozean
dort schon geschmolzen. Manche trugen in beiden Händen Hasen, die Fasane hatten sie an Lederschleifen aufgehängt. Gerade als sie die Gewehre umhängten, verfolgte ein Hund einen Hasen über den Acker. Ascher hatte ihn schon von weitem gesehen. Nun hatten sie die Maiskegel erreicht, der Hase schlug einen Haken, aber der Hund ließ sich nicht abschütteln. »Wem gehört der Hund?« fragte der dicke Jäger, den Ascher mit einem Hasen um das Haus gehen gesehen hatte. »Ist ein fremder«, antwortete ein anderer. »Gehört er niemandem?« fragte der dicke Jäger. »Er gehört einem Bauern da drüben«, sagte der Mann und nannte den Namen. Der dicke Jäger nahm sein Gewehr und schoß. Ascher hatte gedacht, daß er auf den Hasen gezielt hatte, statt dessen aber stürzte der Hund, er erhob sich noch einmal winselnd und verschwand im Wald. Der nächste Schuß traf den Hasen und wirbelte ihn herum.
»Ich habe den Hund getroffen. Ich habe es genau gesehen«, sagte der dicke Mann.
»Du mußt ihn suchen«, sagte der andere.
Der Dicke zuckte mit den Schultern und ging zuerst über den Acker, um den Hasen aufzuheben, dann folgte er dem Hund in den Wald.
»Er hat mit Schrot auf ihn geschossen«, sagte der andere.
Die übrigen Jäger sagten nichts, sondern machten sich auf den Weg zum Kaufhaus. Es war Mittag.
»Jeder Hund, der frei herumläuft, wird erschossen«, sagte der Nachbar. »Das ist unsere Vorschrift.«
Sie waren vor dem Kaufhaus angekommen. Die Sonne schien warm und hell, und aus dem Kaufhaus waren die Arbeiter mit Bierflaschen herausgetreten. Schulkinder mit umgehängten Taschen mischten sich unter die Jäger. Sie trugen bunte Wollmützen und manche hatten die Mäntel um die Schultasche gehängt. »Der Asphalt vor dem Kaufhaus ist voller Benzin- und Ölflecke. Vielleicht ist es besser, wenn man die Strecke in der Wiese hinter dem Haus auflegt«, sagte einer der Jäger. Die anderen aber begannen, die Fasane nebeneinander zu schichten. Jeden zehnten Fasan legten sie etwas außerhalb der Reihe, so daß man leichter feststellen konnte, wie viele geschossen worden waren, anschließend die Hasen und die Nußhäher und zuletzt den Fuchs. Es war ein kleiner Fuchs, der naß vom Schnee oder vom Gras war. »Den Fuchs müssen wir abgeben«, sagte der Nachbar. Die Hunde standen müde herum. Ascher blickte auf die toten Fasane und Hasen und den Fuchs. Es waren, so zählte er, an die zwanzig Fasane, etwas mehr Hasen und ein Dutzend Nußhäher. Die Schatten der umstehenden Jäger fielen auf sie, und jetzt sah er einen älteren Jäger, der seinen Rucksack öffnete und einen Iltis herauszog. Über den Augen und dem Kiefer war das Fell gelblich weiß, und die Zähne standen weit aus dem geöffneten Maul. Eine Blutspur lief durch das dunkle Fell, und gleich darauf sah Ascher, daß auch die Hand des Jägers blutig war.
»Den geben wir ab«, sagte der Nachbar und deutete auf den Fuchs .
»Warum sollen wir ihn abgeben? Ist es nicht besser, wenn ich ihn abziehe und das Fell auf den Dachboden hänge, bis der Händler kommt?«
Der Nachbar zuckte mit den Schultern und blickte den Vater an. Der Vater schaute weg.
»Nimm ihn vorläufig mit«, sagte der Nachbar unschlüssig. Er warf einen Blick auf Ascher, der ein gleichgültiges Gesicht aufsetzte und vorgab, nichts gehört zu haben. »Ist gut«, sagte der Jäger. »Ich warte, bis die anderen gegangen sind, dann nehme ich ihn mit.« Der Nachbar sagte nichts mehr.
Einige Jäger tranken Wein, setzten sich auf die Bank vor dem Kaufhaus und machten lachend Scherze. Auch der dicke Jäger, sah Ascher, war zurückgekommen. »Hast du ihn gefunden?« fragte der Alte. Der dicke Jäger schüttelte den Kopf. »Er ist zum Haus zurückgelaufen.«
»Und?«
»Nichts.« Der Alte wartete.
»Sollen sie den Hund anhängen, dann passiert nichts«, fügte er hinzu. Ascher hatte sich den Namen des Bauern gemerkt, dem der Hund gehörte. Er wußte auch, in welcher Richtung sich der Hof befand und ging los. Nach dem Kaufhaus kam er an einem Feld vorbei, in dem Kürbisschalen im Schnee verfaulten, sie sahen aus wie Eihüllen eines Riesenvogels aus der Vorzeit. Bleichorange und grün lagen sie zwischen den nicht abgeernteten Salat- und Kohlköpfen. Hinter einer Edelkastanie führte der Weg bergauf. Von weitem sah er schon die Gebäude. Ein kleines Kind, das er beim Kaufmann gesehen hatte, kam vor das Haus gelaufen, blieb stehen und rief: »Herr Ascher! Herr Ascher!« Ascher war betroffen. Man nannte offenbar
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