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Der stille Sammler

Der stille Sammler

Titel: Der stille Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becky Masterman
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Ordner auf und blätterte ihn durch. Zusammenfassungen von Lynchs Aussagen. Kaum etwas über die mumifizierte Frau in seinem Lastwagen, bis auf Lynchs Behauptung, sie sei Mexikanerin gewesen, die illegal über die Grenze gekommen war. Wie hatte Manriquez gesagt? Er hatte so viele nicht identifizierte Leichen illegaler Einwanderer in einem Kühllaster hinter dem Büro, dass er kaum mit dem Zählen nachkam.
    Es gab Seiten um Seiten über die Route-66-Opfer, und Lynch hatte sämtliche Details gewusst, plus oder minus ein paar falscher Erinnerungen. Und mit Ausnahme der einen Frau, die er »Highwaynutte« genannt hatte. Die Niederschriften der Vernehmungen waren nicht besonders ergiebig, was die Person dieser Frau anging oder die Nacht, in der Lynch sie umgebracht hatte.
    Ich betrachtete das Foto ihrer sterblichen Überreste, aufgenommen in Fötushaltung, bevor man sie aus dem Autowrack geborgen hatte, wobei der Kopf und ein Bein abgefallen waren. Ich erinnerte mich, wie Morrison vor dem Gerichtsgebäude verkündet hatte, sämtliche amerikanischen Opfer seien identifiziert. Doch im Schein seines Erfolgs und vielleicht auch, weil sie endlich die Leiche von Jessica Robertson gefunden hatten, war ihm diese Tote, Lynchs erstes Opfer, völlig entfallen.
    »Wer bist du?«, fragte ich die Tote. »Warum interessiert sich niemand für dich?«
    Möglicherweise war das die richtige Frage. Vielleicht konnte mir dieses eine Opfer weiterhelfen – das einzige Opfer, dessen Identität ungeklärt geblieben war. Vielleicht fand sich die »Highwaynutte« in der Datenbank, von der Sig mir erzählt hatte.
    Ich warf einen Blick auf die Uhr. Die Ostküste war um diese Jahreszeit drei Stunden voraus – in Washington war es inzwischen halb drei morgens. Ich rief Sig an. Er nahm beim zweiten Läuten ab und klang alles andere als verschlafen. Es war wie in den guten alten Zeiten.
    »Ich bin’s, Brigid«, sagte ich. »Ich habe eine Frage.«
    »Hallo, Stinger. Wie fühlst du dich?«
    Er hörte sich an, als interessiere ihn die Antwort tatsächlich, doch ich war immer noch gekränkt wegen seiner Unterstellung, ich könne an einer posttraumatischen Belastungsstörung leiden. Deshalb verweigerte ich ihm eine Antwort. »Was ist das für eine Website, von der du mir erzählt hast, für die Suche nach vermissten Personen?«
    »Ich wollte dich ohnehin morgen früh anrufen. Ich habe die Stimme von Lynchs Verhörvideo mit den Aufnahmen aus der Nacht von Jessicas Entführung vergleichen lassen, insbesondere den Teil, wo sowohl Lynch als auch der Entführer mit heller Stimme geredet haben, um wie Frauen zu klingen.«
    »Und?«
    »Nicht eindeutig, fürchte ich.«
    »Danke. Und die Website?«
    »NamUs. Sie wurde, ungefähr zwei Jahre nachdem du das FBI verlassen hattest, eingerichtet. In dieser Datenbank werden sämtliche bekannten Informationen über vermisste Personen gesammelt, um sie mit den Einträgen einer weiteren Datenbank über nicht identifizierte Tote zu vergleichen. Die Leute können selbst nachsehen, ob eine vermisste Person zu einem Eintrag in einer der Datenbanken passt. Und sie können uns Informationen liefern.«
    »Und die Adresse?«
    »Sie lautet www.findthemissing.org. Suchst du immer noch nach Agent Coleman? Weil ich nicht …«
    »Nein. Du sagst, dass auch nicht identifizierte sterbliche Überreste katalogisiert sind?«
    »Richtig. Ich weiß nicht, ob die Person, die du suchst, in der Datenbank enthalten ist, aber die Einträge wachsen exponentiell, und jeder kann darauf zugreifen. Man benötigt keine besondere Freigabe. Stinger?«
    »Ja?«
    »Du bist wütend.«
    »Glaubst du?«
    Ich legte auf. Ich war nicht sicher, ob NamUs mir weiterhelfen konnte. Ich wusste nicht einmal genau, was »die Einträge wachsen exponentiell« genau bedeutete, außer dass es eine Menge Informationen sein mussten.
    Mir war bewusst, dass ich möglicherweise eine weitere Sackgasse vor mir hatte und dass mir die Zeit immer schneller davonlief, als ich die Adresse eintippte.
    Ich füllte die Maske mit den Informationen aus, die ich über die »Highwaynutte« hatte, so wenige es auch sein mochten. Weiblich. Weiße (ich ging davon aus, dass sie keine Illegale war). Unter zwanzig, nein, unter dreißig, um auf der sicheren Seite zu sein. Zeitraum – die zwölf Monate vor dem ersten Mord, von dem wir wussten. Verschwunden in … ganz Arizona?
    Die Datenbank nannte ein Dutzend Namen, die meisten mit Fotos. Ich hatte nicht die Zeit, all diese Frauen zu überprüfen. Ich

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