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Der stille Sammler

Der stille Sammler

Titel: Der stille Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becky Masterman
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weiteres Mal und entdeckte eine Liste, die mit Klebeband an der Innenseite einer Schublade befestigt war. Sie enthielt die Passwörter zu ungefähr zwei Dutzend unterschiedlichen Accounts. Jedes Passwort war eine offenbar willkürliche Ansammlung von Buchstaben und Zahlen. Coleman und ihre Erfahrungen im Betrugsdezernat, die Fälle von Identitätsdiebstahl. Ich hätte es mir denken können.
    An erster Stelle stand das Passwort für die Boot-Sequenz ihres Computers. Ich tippte die Zahlenkombination ein. Während ich auf das Erscheinen des Desktops wartete, nahm ich die Gegenstände auf ihrem Schreibtisch und in den Schubladen gründlicher in Augenschein. Ein Bogen selbstklebender Rücksendeetiketten, mit freundlichem Dank von der Alzheimer-Forschungsstiftung. Eine Schachtel mit Postkarten in einem geometrischen Design, ausreichend neutral, dass sie als Trauer- wie auch als Glückwunschkarten dienen konnten. Ein Untersetzer aus ihrem Urlaub in Cancun. Schien eine große Sache gewesen zu sein, dieser Urlaub.
    Als Nächstes wandte ich mich Colemans E-Mail-Account zu, um herauszufinden, welche Mails in den vergangenen drei Tagen eingegangen waren. Im Posteingang lagen Newsletter und das tägliche Nachrichtenbulletin des FBI . Ich öffnete den Postausgang und fand zwei persönliche Mails. Die erste war die, die sie mir vor fast drei Tagen am frühen Morgen geschrieben hatte: Übrigens, Sie hatten recht, mehr oder weniger . In der zweiten Mail, vom Nachmittag des gleichen Tages, informierte sie ihre Dienststelle, sie müsse sich um ihre kranke Mutter kümmern und ein paar Tage wegbleiben. Falls nicht Coleman selbst diese zweite Nachricht abgeschickt hatte, wollte ich lieber nicht wissen, was man mit ihr angestellt hatte, um das Passwort aus ihr herauszuholen und die Nachricht über ihren Account zu versenden.
    Im Posteingang war eine weitere Mail – die, die ich ihr geschickt hatte und in der ich sie fragte, wo sie steckte.
    Jemand hatte sie geöffnet und gelesen.
    Offenbar derjenige, der auch ihren Account benutzte, um Mails an ihre Dienststelle zu schicken.
    Wäre ich selbst noch beim FBI gewesen und hätte mir noch irgendjemand vertraut, wäre es ein Leichtes gewesen, die IP -Adresse des Absenders herauszufinden.
    Ich spielte die verschiedenen möglichen Szenarien durch. Vielleicht hatte der mutmaßliche Entführer Coleman außer Gefecht gesetzt und sich die Zeit genommen, ihren Computer zu benutzen. Oder er hatte sie an einen anderen Ort gebracht, wo es für ihn sicherer war, und von seinem eigenen Computer aus auf ihren Account zugegriffen. Ohne einen guten Techniker konnte ich das nicht feststellen.
    Ich wandte mich wieder dem Schreibtisch zu und zog den kleinen Stapel von drei schwarzen Ordnern heran. Ich hatte sie am Tag zuvor kaum beachtet, weil ich etwas anderes gesucht hatte. Ich schlug den ersten Ordner auf. Er enthielt die vollständigen Aufzeichnungen des Lynch-Falles, einschließlich seiner Tagebücher und sämtlicher Tatortfotos. Laura Coleman hatte den gesamten Vorgang aus dem Büro mitgenommen, was eine schwere Verletzung der Dienstvorschriften darstellte.
    Aber wenn sie in der Sorte von Schwierigkeiten steckte, die ich vermutete, waren Dienstvorschriften ihre kleinste Sorge. Was wusste Coleman, was wusste ich, das eine solche Bedrohung für irgendjemanden darstellte? Ich musste es herausfinden und Lynch damit konfrontieren. Vielleicht verriet er mir dann etwas, das mir weiterhalf und mich auf ihre Spur brachte.
    Der Block, auf den ich meine gesamten Notizen geschrieben hatte, lag noch zu Hause auf meinem Schreibtisch. Allerdings hatte ich Laura Coleman die Notizen auch per E-Mail geschickt, und ich fand sie im Papierkorb ihres Mailprogramms. Sie kamen mir vor wie aus einem anderen Zeitalter, als ich noch eine andere Person gewesen war. Ich verglich sie mit den Berichten in den Ordnern, den Befunden der Spurensuche, den Listen mit Indizien, den persönlichen Dingen, die man bei Lynch gefunden hatte. Diesmal standen mir auch die Fotos zur Verfügung, jede Menge Fotos, auch von den Opfern, sowohl am Fundort als auch auf dem Untersuchungstisch während der Autopsie.
    Wäre der Fall noch offen gewesen, wäre Lynch nicht so bereitwillig auf einen Deal eingegangen und Morrison nicht so scharf darauf gewesen, die Lorbeeren für die Festnahme eines achtfachen Serienkillers zu ernten – und es hätte nicht nur drei Ordner gegeben, sondern ganze Kisten voll.
    Es war immer noch reichlich. Ich schlug den zweiten

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