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Der stille Sammler

Der stille Sammler

Titel: Der stille Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becky Masterman
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Weg ins Krankenhaus. Abgesehen davon wurde Lynchs Zimmer zweifellos rund um die Uhr bewacht. Wäre ich nicht so unmittelbar betroffen gewesen, der Gedanke hätte mich wahrscheinlich amüsiert, dass Max die Sicherheitsmaßnahmen angeordnet hatte, um ihn vor mir zu schützen.
    Lynch war auf der Intensivstation, unter ständiger medizinischer Aufsicht, doch abseits der anderen Patienten. Keiner wollte neben einem der berüchtigtsten Serienkiller in der Geschichte der Vereinigten Staaten liegen.
    Ich dachte noch eine Weile darüber nach, wie ich ihn finden konnte – dann stellte ich meine innere Uhr auf sechs in der Frühe und fiel für ein paar Stunden auf der Couch in Schlaf. Wie man sich mitten in einer Kampfzone zwingen konnte, ein wenig zu schlafen, hatte ich von Black Ops Baxter gelernt.
    Ich träumte sogar. Diesmal war es mein stets wiederkehrender Traum, in dem ich zu Fuß hinter einem Wagen herjage, von dem ich weiß, dass Jessica darin sitzt. Es ist nicht immer der gleiche Wagen, manchmal ein alter verbeulter VW -Bus, manchmal ein dunkles, nobel aussehendes SUV , und ich bin frustriert, weil ich die Marke nicht erkenne. Manchmal renne ich durch die Straßen einer Ortschaft, manchmal über unbewohntes Land und rufe den anderen Fahrern zu, sie sollen die Verfolgung aufnehmen, weil ich nicht ewig weiterrennen kann. Die einzigen Konstanten in diesem Traum sind, dass es immer Nacht ist, dass ich den Wagen nie einhole – und Jessicas Schrei nach mir. »Coach!«

45.
    Ich erwachte pünktlich um sechs, duschte, zog mir frische Sachen an und machte mich ein wenig zurecht, sodass ich nicht wie eine verrückte alte Frau aussah oder roch. Ich war scharf darauf, endlich ins Krankenhaus zu fahren, doch es war nur einige Kilometer von Laura Colemans Haus entfernt, und vor acht Uhr im Krankenhaus aufzutauchen würde bloß Verdacht wecken. Um mir die Zeit zu vertreiben, stöberte ich in Colemans Kühlschrank und förderte eine paar kleine Fläschchen Trinkjoghurt ans Licht, die mit dem Schlagwort »probiotisch« warben. Ich nahm drei davon und reihte sie hintereinander auf wie die Wodkafläschchen, die man im Flugzeug bekommt. Ich riss die silbernen Folien auf und trank das Zeug, während ich auf Colemans schattiger Veranda hinter dem Haus saß, das Handy griffbereit neben mir für den Fall, dass sie anrief und sich alles als Hirngespinst herausstellte.
    Das Handy summte. Auf dem Display stand die Nummer von Max. Ich ließ ihn auf die Mailbox sprechen und hörte mir hinterher die Nachricht an, die er mir hinterlassen hatte. Er war im Hotel gewesen, um sich zu vergewissern, dass ich tatsächlich dort ein Zimmer bezogen hatte. Ich nahm den Akku aus dem Gerät.
    Ich ging erneut ins Bad. Laura Coleman hatte Mundspülung, Deo und Make-up in ihrem Kosmetikschrank. Ich schminkte die dunklen Ringe unter meinen Augen weg und entschied mich für einen hellen Lippenstift. Dann bürstete ich meine weißen Haare nach hinten und steckte sie zu einem nicht besonders attraktiven Knoten hoch. Ich stopfte mir das T-Shirt in die Hose – und zog es wieder heraus, weil ich meinen Revolver im Hosenbund verstecken musste.
    Manchmal hat es seine Vorteile, wenn man klein ist und älter. Ein Blick in den Spiegel verriet mir, dass ich mich wunderbar im Hintergrund eines Krankenhauses verlieren würde. Ich steckte Lynchs Fahrtenbuch vom August 2004 ein und fuhr los in Richtung Hospital. Unterwegs hielt ich kurz bei einem McDonalds Drive-In und erstand Kaffee und einen Burger, damit ich aus Mangel an Kaffee oder Kohlehydraten nicht zu zittern anfing.
    Das Krankenhaus in Tucson ist ein vierstöckiges Gebäude mit einem Hubschrauberlandeplatz auf dem Dach, der für den Transport von Verletzten oder Patienten dient. Das Stationsverzeichnis in der Eingangshalle verriet mir, dass das gesamte Erdgeschoss von der Verwaltung eingenommen wurde. Ich sprach eine Krankenschwester an, erzählte ihr, dass mein Mann einen schweren Verkehrsunfall erlitten hätte und hier im Krankenhaus läge. Ich zitterte. Sie gurrte mitfühlend.
    Ich sagte, ich hätte gehört, dass irgendwo im Krankenhaus ein gefährlicher Killer liege und ob ich mir deswegen Sorgen machen müsse. Mein Mann läge im dritten Stock. Die Schwester erwiderte, ich müsse mir keine Gedanken um die Sicherheit meines Mannes machen, denn der Killer bringe nur Frauen um. Außerdem sei er nach allem, was sie gehört habe, derzeit gar nicht in der Lage, jemanden umzubringen. Im sicheren Gefühl, dass dies die

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