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Der stille Sammler

Der stille Sammler

Titel: Der stille Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becky Masterman
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und wandte sich wieder seinem Buch zu. Tony schloss die Augen und lutschte einen Twizzler. Ich behielt durch das Heckfenster die Straße im Auge, denn jeden Moment musste Jessica auftauchen.
    Aber sie kam nicht.
    Ich warf einen Blick auf die Digitaluhr im Armaturenbrett. 22.52 Uhr.
    »Irgendwas stimmt da nicht«, sagte ich.
    Vielleicht war es der Tonfall meiner Stimme. Selbst Yves blickte von seinem Buch auf. Ohne nach dem Warum oder Wieso zu fragen, startete er den Van und wendete, sodass wir wieder auf dem Parkplatz waren. Tony schaltete unterdessen das Funkgerät und den GPS -Empfänger wieder ein.
    »Jessica, bitte melden!«, sagte ich.
    Keine Antwort.
    »Jessica, kannst du mich hören?«
    Nichts.
    »Hast du sie?«, fragte ich Tony.
    »Ich hab sie«, sagte er und runzelte die Stirn. »Sie ist weiter weg, als sie eigentlich sein dürfte.«
    »Wir sind ja auch ein Stück weiter gefahren«, erwiderte ich dümmlich – immerhin war er der Experte.
    »Sie ist weiter westlich als zum Zeitpunkt des letzten Kontakts. Sieht so aus, als wäre sie in die entgegengesetzte Richtung gefahren.«
    »Wie schnell bewegt sie sich?«
    »Überhaupt nicht.«
    »Ist sie zu weit entfernt für das Funkgerät? Antwortet sie deshalb nicht?«
    »Wäre möglich.«
    »Yves, fahr los.«
    Yves trat das Gaspedal durch. Wir jagten auf den Highway hinaus in Richtung Westen, auf den fünfundzwanzig Meilen entfernten Punkt zu, den der GPS -Tracker anzeigte. Auf dem Weg dorthin versuchte ich immer wieder, mit Jessica in Kontakt zu treten, jedes Mal in der Hoffnung, dass die Kommunikationsprobleme durch die Entfernung bedingt waren und endeten, sobald wir näher kamen, und dass die Frau in die entgegengesetzte Richtung gefahren war und Jessica uns nicht hatte Bescheid sagen können. Sie würde darauf vertrauen, dass wir sie im Auge behielten.
    Dann hörte ich unvermittelt etwas im Kopfhörer. Musik.
    »Was, zum Teufel …«, sagte Tony.
    »When the moon comes over the mounta-a-a-ne …«
    »Entweder eine CD , oder die Fahrerin singt genau wie Kate Smith«, sagte ich.
    »Wer?«, fragte Tony.
    »Sag ich dir später«, antwortete ich, während ich angespannt lauschte. Meine Nervosität sank nur ein klein wenig bei dem Gedanken an die Sorte von Leuten, die Kate Smith hörten.
    »Ist das vielleicht einer von Jessicas dummen Streichen?«, fragte Tony.
    »Wenn es so ist, bringe ich sie um«, sagte ich. »Möglicherweise müssen wir Verstärkung rufen. Yves, gib Gas, verdammt!«
    Er tat wie geheißen. Wir jagten mit hundert Meilen die Stunde über den Highway, während aus den Lautsprechern ein neues Lied drang: »God bless America, my home sweet hoo-o-o-me.«
    »Wir nähern uns den Zielkoordinaten«, sagte Tony keine fünfzehn Minuten nachdem wir den vereinbarten Sammelpunkt verlassen hatten. »Halt an!«
    »Wo denn?«, fragte Yves mit Verärgerung in der Stimme. Seine kühle Gelassenheit war verflogen. »Ich kann sie nirgendwo sehen.«
    Er hatte recht. Der Highway lag dunkel vor uns, und der Mond war eine dünne Sichel. Man konnte die Hand nicht vor Augen sehen.
    Yves lenkte den Van trotzdem an den Straßenrand. Wir saßen für einen Moment ganz still da, als könnten wir sie auf diese Weise hören. Doch wir hörten nichts außer Kate Smiths Gesang: »Born free, as free as the wind blows …«
    Ich hätte Tony am liebsten befohlen, Kate den Hals abzudrehen, aber wir mussten den Gesang weiter ertragen, für den Fall, dass Jessica sich plötzlich meldete.
    Ein Schwerlaster rumpelte vorbei, und der Van schaukelte vom Luftzug und dem Donnern des Motors. Dann wieder nichts mehr.
    Wir stiegen aus, mit Taschenlampen und Schusswaffen, nicht mehr um Tarnung bemüht, obwohl ich vermute, dass ich die Einzige war, die mit einer Schusswaffe umgehen konnte. Die beiden Jungs waren Techniker wie aus dem Lehrbuch.
    Tony rannte über die Straße, um auf der anderen Seite zu suchen, während Yves und ich den rechten Randstreifen inspizierten. Ich denke, wir wussten alle drei ziemlich genau, was los war, aber keiner von uns wollte der Erste sein, der es aussprach.
    Ein lauter Ruf von Tony. Wir blickten auf, konnten aber nichts sehen außer dem blendenden Lichtschein seiner Lampe. Er war nicht direkt gegenüber auf der anderen Seite, sondern ein Stück abseits und tiefer, als käme er aus einem Gully. Seine Lampe tanzte über die Straße auf uns zu. Er hatte Jessicas Rucksack. Ich wollte mir auf der Stelle eine Kugel durch den Kopf schießen, aber dann wäre ich noch nutzloser

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