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Der stille Sammler

Der stille Sammler

Titel: Der stille Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becky Masterman
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musste beinahe kotzen«, sagte er dann. »So etwas habe ich noch nie gesehen, außer auf Fotos.«
    »Und wer ist der Tote?«, fragte ich. »Wurde jemand als vermisst gemeldet?«
    »Bis jetzt haben wir noch keinerlei Hinweise. Abgesehen von der starken Verwesung hat er wahrscheinlich auch im Leben wie ein Penner ausgesehen – ziemlich lange Haare, altes, zerschlissenes T-Shirt, Nylonshorts, keine Schuhe. Er hatte keine Brieftasche bei sich, keine Versicherungskarte, keine Fahrzeugpapiere. Wir haben das Kennzeichen überprüft. Wahrscheinlich war der Typ ein Landstreicher.«
    Komm schon, Max, hör jetzt nicht auf. Sag mir einen Namen. Einen Namen, Mann.
    »Und?«, fragte ich und versuchte, beiläufig zu klingen. »War der Wagen gestohlen?«
    Max zuckte die Schultern. »Schon möglich. Er ist auf den Namen Gerald Peasil zugelassen, aber das heißt nicht, dass Peasil auch der Tote im Wagen ist.«
    »Ungewöhnlicher Name«, sagte ich und schaute ihn bemüht gelangweilt an. »Hat dieser Peasil ein Vorstrafenregister?«
    »Vor sechs Monaten wurde er verhaftet, weil er vor dem Desert Diamond Casino eine Prostituierte angegriffen hat. Und einmal wegen Belästigung einer älteren Lady in einem Bus in Phoenix. Das ist alles. Ich nehme allerdings an, dass Drogen im Spiel sind.«
    »Ich weiß nicht, aber zwei sexuelle Übergriffe sind vielleicht kein Zufall. Was meinst du, zu welchem Schluss kommt der Gerichtsmediziner?«
    »Im Augenblick sieht alles nach Unfalltod aus. Er könnte beim Überschlag des Wagens gestorben sein …« Max ließ ein müdes Seufzen hören. »George Manriquez versucht Fingerabdrücke zu nehmen, um sie mit denen von Peasil zu vergleichen, aber er ist nicht sicher, ob das noch möglich ist.« Er räusperte sich. »Tja, ich muss wieder zurück. Ich habe Clifton dagelassen, damit er den Transport des Toten ins Leichenschauhaus organisiert und die Bergung des Vans veranlasst. Ich wollte nur kurz sehen, ob du …« Er hielt inne. Seine Augen verengten sich zu Schlitzen, und er öffnete den Mund, wie um etwas zu sagen, das er lieber nicht sagen wollte.
    Scheiße.
    Ich wusste sofort, was ihm aufgefallen war.
    Vorhin hatte ich »Van« gesagt, bevor er selbst von einem Van geredet hatte. Dabei konnte ich gar nicht wissen, dass der Wagen ein Van war.
    Ich konnte beinahe riechen, wie er sich zu erinnern versuchte, wer von uns beiden als Erster »Van« gesagt hatte. Ich bedachte ihn mit dem unschuldigsten Blick, den ich zustande brachte, während ich im Stillen hoffte, dass es ihm nicht einfiel.
    »Ob ich was? Ob ich etwas weiß?«, beendete ich den von ihm angefangenen Satz und schüttelte den Kopf. »Nein, Max. Ich habe keine Ahnung.«
    Seine Miene entspannte sich, und als Carlo ins Zimmer zurückkam, schien er die Sache vergessen zu haben. Schien. Dass er nicht ausgesprochen hatte, was er dachte, machte die Sache fast noch schlimmer für mich. Ich fühlte mich mit einem Mal wie eine Verdächtige.
    »Bleibst du hier in der Gegend?«, fragte ich. »Soll ich dir ein Sandwich machen?«
    »Danke, nein. Ich sollte zusehen, dass ich zurück ins Büro komme und meinen Bericht schreibe.«
    »Okay. Wenn du mich brauchst, weißt du ja, wo du mich findest«, sagte ich und grinste vergnügt.
    Max schaute mich fragend an. Ich erwiderte seinen Blick noch fragender.
    Dann ging er.
    Nachdem ich Max’ Tasse in die Küche gebracht hatte, sagte ich zu Carlo: »Ich gehe mal runter zum Flussbett und schaue mir an, was da los ist, ja?«
    Carlo sah mich mit leichtem Abscheu an, erhob aber keine Einwände. »Vergiss nicht deinen Stock.« Sein Blick schweifte zum Schirmständer. »Wo ist er?«
    Ich war sicher, dass er sich bei der Frage nach dem Gehstock nichts gedacht hatte. Er sah schließlich keine potentielle Mordwaffe darin.
    »Ist leider zerbrochen. Es war der beste Stock, den du mir je gemacht hast, mit der Exacto-Klinge am Ende. Du musst mir unbedingt einen neuen machen.« Einen Moment standen wir da und schauten uns an, während wir beide überlegten, warum ich ihm nicht vorher gesagt hatte, dass der Stock zerbrochen war.
    »Weißt du«, sagte ich schließlich, »ich glaube, ich schenke mir den Weg zum Flussbett. Wahrscheinlich ist eh alles abgesperrt.«
    Carlo nickte, murmelte etwas von einem Ameisenhügel und Insektengift und ging in die Garage. In mir keimte der Verdacht, dass er mir nicht mehr glaubte. Kein Wunder, ich hatte schon besser geschwindelt. Ich musste mir ganz schnell überlegen, was ich Max erzählen sollte,

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