Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der stille Sammler

Der stille Sammler

Titel: Der stille Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becky Masterman
Vom Netzwerk:
Festnetztelefon in der Küche läutete. Carlo nahm einen Schluck Wein. Ich hörte die Resignation in seiner Stimme, als er sagte: »Wir könnten sie auf den Anrufbeantworter sprechen lassen.«
    Ich stand auf, um ans Telefon zu gehen. Vielleicht war es Laura Coleman, und ich wollte mir die Gelegenheit nicht entgehen lassen, ihr den Kopf zu waschen, weil sie mich in dem Glauben gelassen hatte, sie wäre noch mit dem Lynch-Fall betraut. Außerdem hatte sie mich im Gefängnis sitzen lassen.
    Aber es war nicht Coleman.
    »Hi, Brigid«, sagte Max Coyote mit einer Stimme, die noch einen Tick trauriger klang als normal. »Ich hätte dich gerne im Büro des Gerichtsmediziners gesprochen. Morgen Mittag um zwei Uhr, okay?«
    »Warum denn?«, fragte ich. »Habt ihr was Neues über den Toten im Van herausgefunden?«
    »Nein. Es ist etwas anderes. Du solltest es dir ansehen.«
    Mit diesen Worten legte er auf.

25.
    Am nächsten Morgen ließ ich Carlo bei seiner ersten Tasse Kaffee sitzen, packte die Hunde in den Wagen und fuhr los in der Erwartung, einen müden oder verkaterten Zachariah vorzufinden. Doch er war fit. Mehr noch, er bewegte sich schwungvoller, als ich es in den letzten Jahren bei ihm gesehen hatte – zwar nicht gerade federnden Schrittes, doch mit einer Energie, als wäre der Fall endlich zum Abschluss gekommen und als wäre er bereit für einen Neuanfang. Es weckte einmal mehr den Wunsch in mir, ich könnte an Lynchs Schuld glauben.
    Auf dem Weg zum Flughafen kamen wir an einem Laden vorbei, wo man vierundzwanzig Stunden am Tag frühstücken konnte. Ich rannte hinein und kaufte uns zwei Becher Kaffee und Plunderteilchen, bevor wir zum Flughafen weiterfuhren.
    Ich hatte alle Mühe, mir ein Bild von Zachs Gemütszustand zu machen, denn er hatte beide Möpse auf dem Schoß und versuchte gleichzeitig, seinen Kaffee zu trinken. Der Rüde war damit zufrieden, ausgestreckt auf dem linken Bein zu liegen, während die Hündin auf den Hinterläufen stand und sich an Zachs rechtes Bein klammerte, während sie aus dem Fenster äugte. Gelegentlich wandte sie sich zu Zach um und leckte ihm über die Nase (was er widerstandslos über sich ergehen ließ), als wollte sie ihn fragen, ob er das alles auch prima fand. Normalerweise schliefen die Hunde auf dem Rücksitz, doch an diesem Tag schienen sie zu spüren – selbst wenn ich es selbst nicht so empfand –, dass dieser Mann die Geborgenheit eines Rudels brauchte. Das Plunderteilchen blieb unangetastet.
    Zach trank seinen Kaffee aus und stellte den leeren Becher in den Halter auf der Mittelkonsole. Dann zog er seine Geldbörse aus der Hosentasche, ohne die Möpse allzu sehr zu behelligen, nahm eine Visitenkarte mit Anschrift und Telefonnummer eines lokalen Bestattungsunternehmens heraus und legte sie ins Handschuhfach. Er bemerkte meine Waffe, gab aber keinen Kommentar dazu ab.
    »Nächste Woche wollen sie Jessicas Überreste abholen«, sagte er in nüchternem Tonfall, doch ich merkte, wie sehr ihm die Sache noch immer zu schaffen machte, denn es war das dritte Mal, dass wir diesen Teil unseres Gesprächs wiederholten.
    »Soll ich wirklich nicht darum bitten, die Asche aufzubewahren, bis Sie irgendwann wieder in diese Gegend kommen, Zach?«, fragte ich. »Wir könnten sie zusammen ausstreuen.«
    »Nein. Ich möchte, dass es hier und jetzt endet«, antwortete er, wobei er geistesabwesend mit einem Hundeschwanz spielte.
    Ich hatte mich inzwischen fast daran gewöhnt, dass der Nerv in meinem Hals zuckte, wann immer Zach Phrasen wie »es hier und jetzt beenden« benutzte. »Zach, nur weil wir Jessica gefunden haben, heißt das nicht … Ich meine, Sie können mich trotzdem immer noch anrufen, jederzeit. Ich meine es ernst.«
    Er schnaufte einmal tief durch, und das war es.
    Kurze Zeit später hielt ich vor dem Terminal des Tucson International. Zach bestand darauf – bettelte geradezu –, dass ich nicht ausstieg und ihn zum Abschied umarmte. Er öffnete die Tür, während ich ihm half, die Hunde zu bändigen und auf die Rücksitzbank zu bugsieren. Dann stieg er aus, nahm seine kleine Reisetasche aus dem Kofferraum und winkte mir zum Abschied.
    Ich fädelte mich in den Verkehr ein. Als ich in den Innenspiegel blickte, stand Zach an der Bordsteinkante und blickte mir hinterher.

26.
    Es war noch zu früh, um zum Büro des Gerichtsmediziners zu fahren und herauszufinden, was Max entdeckt hatte – diese Sache, die mich mit Peasils Tod in Verbindung brachte und mich momentan von der

Weitere Kostenlose Bücher