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Der stille Sammler

Der stille Sammler

Titel: Der stille Sammler Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Becky Masterman
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brechen.
    Oder einem Zielfernrohr.
    Törichte Vorstellung, nicht wahr? Und doch blinzelte ich und glaubte tatsächlich, die Person zu erkennen, ein ganzes Stück weit weg. Sie bewegte sich noch zweimal, als suchte sie nach einer günstigen Stelle. Dann hielt sie inne. Brachte sich in Schussposition.
    In einem Augenblick wie diesem muss man seine Instinkte entweder ignorieren, oder man hört auf sie. Die Vermutung, dass Gerald Peasil von jemand anderem geschickt worden war, um mich zu töten, machte mir die Entscheidung leicht. Falls ich recht hatte, blieben mir nur noch Sekunden, um zu reagieren. Der Winkel des Schützen – wenn es einer war – ließ mich erkennen, dass ich hier auf der kleinen Mesa völlig schutzlos war. Doch wenn ich mich dicht am Boden hielt, hatte ich für kurze Zeit ausreichend Deckung, um mir zu überlegen, wie ich mich und die Hunde lebend von hier wegschaffen konnte.
    Auf der anderen Seite würde ich den Schützen dadurch warnen und ihm verraten, dass ich ihn gesehen hatte. Trotzdem. Wenn meine Vermutung stimmte, ging es um Leben und Tod.
    Diese Gedanken gingen mir im Bruchteil einer Sekunde durch den Kopf.
    In welcher Reihenfolge sich die nächsten Ereignisse abgespielt haben, weiß ich nicht mehr.
    Ich rutschte von der Bank, sodass ich auf gleicher Höhe war wie die Hunde.
    Ein Schuss peitschte über die Berge.
    Ich hörte, wie das Projektil mit einem nassen, klatschenden Geräusch einschlug.
    Einer der Möpse jaulte auf.
    Ich knallte mit dem Kopf gegen den anderen Mops, der ebenfalls aufheulte, allerdings nicht so schmerzerfüllt wie sein Artgenosse.
    Der erste Hund lag winselnd und zappelnd im Dreck, den zweiten schien die Kugel verfehlt zu haben.
    Ich riss meine Waffe aus dem Hosenbund und suchte nach der Reflexion, die ich gesehen hatte, bevor ich auf den Boden geprallt war.
    Und die ganze Zeit schrie ich: »Ist er getroffen? Ist er getroffen?«, ohne zu wissen, wer mir darauf antworten sollte.
    Ich besaß keinerlei Deckung, es sei denn, man zählte die nicht allzu stabile Bank als Schutz. Ich hatte einen Revolver, mein Gegner zweifellos ein Gewehr mit Zielfernrohr. Fair Play sah anders aus.
    Zuerst musste ich feststellen, wie schwer der erste Mops verletzt war. Ich wagte mich aus meiner dürftigen Deckung und kroch die anderthalb Meter zu der Stelle, wo der Hund verzweifelt an seinem Bein knabberte und leise winselte. »Hallo, Kleiner, mein süßer Kleiner«, murmelte ich, froh, dass das Tier noch bei Bewusstsein war, während ich nach dem Blutverlust sah.
    »Autsch! Verdammte Sauerei!«, fluchte ich, als ich mich in einem Kaktusklumpen verhakte, der im Vorderlauf des Tieres steckte. Die Kugel musste einen Kaktus getroffen haben, und die Pflanzenteile waren wie Granatsplitter auseinandergeflogen. Die Stacheln hatten Widerhaken an den Enden, die nicht mehr locker ließen, hatten sie erst einmal Halt gefunden. Sie steckten zu tief im Lauf des Tieres, als dass ich sie mit der Hand hätte herausziehen können, ohne mich selbst zu verletzen.
    Ich legte einen Hemdzipfel zusammen, während ich versuchte, gleichzeitig den Schützen im Auge zu behalten. Dann packte ich den Kaktusklumpen und zog ihn aus der Wunde des Hundes, der sich vor Schmerzen wand. Ich wusste, dass es zu lange dauern würde, die Stacheln aus meinem Hemd zu ziehen, deshalb ließ ich den Kaktusklumpen für den Augenblick, wo er war, und kroch zurück in die trügerische Deckung. Ich zerrte den halsstarrigen Hund hinter mir her und band beide Tiere mit ihren Leinen an einen Fuß der Bank.
    Nachdem ich den verdammten Kaktus aus dem dämlichen Köter gezogen hatte, konnte ich mich endlich darauf konzentrieren, unser Leben zu retten. Das war eine neue Situation für mich. In der Vergangenheit hatte ich mich stets nur um mich selbst und meine eigene Haut kümmern müssen, nicht um zwei erbarmungswürdige Möchtegernhunde, denen ich selbst an einem Tag mit Rückenschmerzen noch hätte davonrennen können. Ich war besorgt, gelinde gesagt.
    Eins der Tiere winselte. »Halt die Klappe, ich lass dich schon nicht allein«, murmelte ich, und dann, zu meinem Hemd: »Nun komm schon, du verdammtes Dreckstück!«, während ich mit einem Stein den hartnäckigen Kaktus aus dem Stoff rubbelte, damit das Mistding mich nicht piesackte.
    Als ich damit fertig war, rollte ich mich auf den Bauch und kroch unter die Bank, sodass ich über das Tal hinweg zu dem Berg sehen konnte, von wo der Schuss gekommen war. Ich hielt meine Waffe in der Hand, den

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