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Der stille Schrei der Toten

Der stille Schrei der Toten

Titel: Der stille Schrei der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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nicht mehr daran, wie ich am Abend vor euerer Abreise geschrien und gegen eure Tür geklopft habe?«
    Allmählich dämmerte es mir, und ich rief: »Oh mein Gott, du sprichst von Thomas. Woher kennst du ihn denn?«
    »Und jetzt schau mal, Annie, hier ist deine Momma. Ich hab sie auch erwischt und dafür bestraft, dass sie dich mir weggenommen und mich mit Vater allein gelassen hat.«
    Ich stöhnte auf und schloss die Augen, als sie den anderen Kopf mit blonden Zöpfen herauszog; er war gefroren und unkenntlich. Das ist nicht meine Mutter, dachte ich völlig außer mir. Das kann nicht sein. Dottie lügt. Dottie schlug mir ins Gesicht und hielt meinen Kopf fest, sodass ich hinsehen musste. »Kommt nicht in Frage, Schätzchen, du wirst mir jetzt nicht ohnmächtig werden. Du wirst alles erfahren, was ich durchgemacht habe, nachdem du mich mit ihm allein gelassen hast.«
    Von unaussprechlichem Ekel erfüllt, begann ich zu zittern, unablässig, bis Dottie mich an den Haaren packte.
    Ich wand mich in den Fesseln und zerrte verzweifelt. »Lass mich frei, lass mich frei. Du bist nicht Thomas, und das ist nicht meine Mutter. Du bist krank. Du sprichst von deiner eigenen Familie, nicht von meiner …«
    Sie schlug mich abermals, dieses Mal so fest, dass ich Blut an meinem Mundwinkel schmeckte. Ich hörte auf, mich zu wehren, und hing nun schlaff an den Stricken. Alles war still, bis auf das Geräusch des prasselnden Regens. »Es war nicht so schlimm, als du und deine Mutter da wart, aber dann musstet ihr weg. Ich dachte, du wärst meine Freundin. Wir haben doch immer Mr Twitchy Tail gemeinsam gefüttert. Weißt du das nicht mehr, Annie? Da schau, hier ist er.«
    Ich sah, wie sie einen vertrockneten Tierkörper aus der Truhe zog und am Schwanz in die Höhe hielt. »Weißt du nicht mehr, wie wir mit ihm gespielt haben und wie wir gelacht haben und durch den Schlauch gelaufen sind. Wie ich dich auf dieser alten Schaukel angeschubst habe? Du warst die einzige Freundin, die ich je hatte, und du hast mich im Stich gelassen, sodass er schlimme Sachen mit mir anstellen konnte!«
    Dottie geriet immer mehr in Erregung. »Willst du sehen, was er mir angetan hat, nachdem du weg warst? Ja? Willst du? Du sollst es sehen, was er mit mir gemacht hat. Dann wirst du mich verstehen, dann wirst du wissen, warum ich deine Freunde töten musste, damit es dir auch schlecht geht.« Dottie sprang auf die Beine und riss ihren Bademantel auf. Darunter war sie nackt, und ich stöhnte auf und kniff die Augen zusammen. »Schau doch, Annie, was er mit mir gemacht hat, damit ich die Frau für ihn war, die er haben wollte. Ich war ein Junge, ich war Thomas, und er hat ein Mädchen aus mir gemacht, weil du mich mit ihm allein gelassen hast.«
    »Oh Gott, Dottie, hör auf, hör auf. Ich kann mir das nicht länger anhören …«
    »Jetzt also erinnerst du dich an mich? Ich bin dein Freund Thomas. Ich habe dich und deine Mutter geliebt und ihren Apfelkuchen und die Plätzchen mit Schokoladestückchen, aber du hast mich verlassen, hast mich mit ihm allein gelassen!« Voller Zorn riss Dottie das Hackmesser aus dem Tisch und zerhackte den Eichhörnchenkadaver in kleine Stückchen aus Fell und trockener Haut. Dann fiel sie auf die Knie und rang nach Luft. Das Hackmesser hielt sie dabei noch immer fest umklammert. Ich war erstarrt, und mir stockte der Atem.
    Nachdem sie sich wieder beruhigt hatte, stand Dottie auf und sah mich an. Der Arm, an dem sie sich in ihrer Raserei verletzt hatte, blutete. »Als ihr beide weg wart, kreisten meine Gedanken nur darum, euch wiederzufinden. Zuerst war deine Mutter dran; sie war überhaupt mein erstes Opfer, das nach meinem Vater dran glauben musste. Wusstest du das? Ich habe ihn mit einem Hackmesser zerstückelt. Dann heftete ich mich an deine Fersen und sorgte dafür, dass du ebenso sehr leiden musstest wie ich, und dass alle, die du je geliebt hast, auch so litten wie ich. Und jetzt ist Harve an der Reihe, was mir irgendwie gar nicht so recht ist, denn er ist nun mal wirklich ein netter Kerl. Aber andererseits ist es dieses Mal ja etwas Besonderes, weil du dabei zusehen wirst.«
    »Bitte, bitte, Thomas. Ich war doch noch so klein damals und hab überhaupt nichts gewusst«, flehte ich verzweifelt und mit schriller Stimme, als sie sich über Harve beugte und mit dem Hackmesser ausholte. »Ich flehe dich an, Thomas. Bitte tu ihm nichts! Er hat nichts zu tun mit der Sache, nichts. Nimm mich! Töte mich! Mich hasst du doch!«
    Hierauf

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