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Der stille Schrei der Toten

Der stille Schrei der Toten

Titel: Der stille Schrei der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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wurde Dottie ganz still. Sie ließ das Hackmesser herabsinken und sah mich geschockt an. »Ich hasse dich doch nicht, Annie. Ich liebe dich, hab dich stets geliebt. Deshalb hab ich dich nie getötet.« Sie küsste mich auf die Stirn.
    »Ich lieb dich auch, Thomas«, murmelte ich heiser. »Ich habe gebittelt und gebettelt, dich nicht allein zu lassen. Ich sagte zu meiner Mutter, du wärst wie mein Bruder, und dass wir ohne dich nicht weggehen könnten.« Ich sah, dass sich Harve leicht bewegte. Offenbar kam er zu sich. Ich fuhr schnell fort. »Ich sagte, ich würde ohne dich niemals gehen, aber ich musste. Ich war klein so wie du, verstehst du das nicht? Ich musste Dinge tun, die ich überhaupt nicht tun wollte, so wie du!«
    Dottie war sichtlich betroffen von meinen Worten. Dann starrten wir wie gebannt zum Fenster. Drunten, ganz in der Nähe, in der Bucht, wurde das leise Brummen eines Motorboots hörbar. Als die Bootssirene anfing, kurze Notsignale abzusetzen, ließ Dottie das Hackmesser auf den Tisch fallen und rannte die Treppe hinauf. Es war entweder Black oder Bud, das wusste ich, aber ich rührte mich nicht, bis ich Dotties Schritte hörte, die zur Haustür strebten. Im nächsten Moment hatte sie das Haus schon verlassen. Daraufhin streckte ich ein Bein nach oben und tippte Harve an die Schulter.
    »Harve, Harve, wach auf, wach auf. Wir müssen hier raus!«
    Harve schüttelte den Kopf. Offenbar hörte er mich. Es dauerte ein paar Sekunden, bis er zu sich kam. Ich rief ihn unentwegt weiter beim Namen, bis er den Kopf drehte und mit verschwommenen Augen in meine Richtung sah.
    »Das Hackmesser! Da, auf dem Tisch! Nimm es, schnell, und befrei mich.«
    Ich seufzte, als er den Kopf zurücklegte und die Augen zumachte. Dann aber versuchte er, sich aufzusetzen. Dabei musste er irgendwie an den Kopf gestoßen sein, denn dieser fiel vom Tisch, und der Teller mit dem blauen chinesischen Muster zerbrach klirrend in tausend Scherben.
    »Da, Harve, neben deinem Kopf. Nimm es und schneide meine Fesseln durch!«
    Harve war noch immer benommen und bewegte sich so langsam, dass ich anfing, ungeachtet der Schmerzen in meiner Schulter, an den Seilen zu zerren. Als er das Hackmesser endlich in Händen hielt, schrie ich: »Befrei mich! Befrei mich!«
    Er wälzte sich auf die Seite und richtete sich dann so weit auf, dass er das Seil, mit dem ich gefesselt war, treffen konnte. Er verfehlte, traf und verfehlte es abermals. Unterdessen hielt ich die Tür oberhalb der Treppe im Auge und versuchte ihm entgegenzukommen, damit er mit dem Hackmesser besser treffen konnte.
    »Harve, beeil dich! Sie kann jederzeit zurückkommen!« Er hieb abermals nach dem Seil, dieses Mal erfolgreich. Er verlor jedoch dabei das Gleichgewicht und fiel kopfüber vom Tisch. Ich kroch über den Boden zu ihm und hielt ihm meine Handgelenke entgegen. »Befrei mich von dem Isolierband. Schnell, schnell, beeil dich!«
    »Was ist denn los mit Dottie? Warum fesselt sie dich?«, fragte er verwirrt.
    »Schneid einfach das Band durch. Los!«, schrie ich, worauf er mich endlich befreite. Ich steckte das Hackmesser in meinen Gürtel und griff mir den Baseballschläger, blieb aber dann wie gelähmt stehen, als ich oben Schritte hörte. Ich entfernte mich ein paar Schritte von Harve, dorthin, wo es dunkel war, aber Dottie lief an der Kellertür vorbei, in den rückwärtigen Bereich des Hauses. Es schlug eine Tür, dann hörte ich abermals Schritte, die sich zur Haustür hinbewegten, und sie war verschwunden. Hilfe war unterwegs, aber ich konnte nicht damit rechnen, dass sie Dottie erwischten, ehe sie uns erwischte.
    Meine Schulter brachte mich schier um und blutete stark. Mir war klar, dass ich Dottie in einem Zweikampf nie besiegen könnte, nicht einmal mit dem Hackmesser als Waffe. Ebenso klar war mir, dass wir nicht aus dem Haus fliehen konnten, ohne ihr in die Arme zu laufen. Also lief ich auf die Kohlenrutsche zu und kletterte über die schräge Betonbahn bis zu der niedrigen Tür mit Fenster hinauf. Ich schaute hinaus, aber es war zu dunkel, um irgendetwas zu sehen. Es goss noch immer in Strömen, und ich drehte den Riegel aus der Verankerung und drückte die Tür auf. Ich wartete sekundenlang mit dem Hackmesser in der Hand, ob Dottie mich sehen würde, aber sie kam nicht. Darauf kehrte ich in den Keller zurück und nahm Harves Gesicht zwischen beide Hände.
    »Harve, hör zu. Siehst du diese Rampe. Da musst du rauf. Kannst du dich voranschleppen?«
    »Was ist los?

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