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Der stille Schrei der Toten

Der stille Schrei der Toten

Titel: Der stille Schrei der Toten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Ladd
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hielt er sich ja gerade in seinem privaten Versailles auf, um seine Schätze gebührend zu bewundern. Das könnte ein Weilchen dauern. Oder er hatte gerade den Präsidenten an der Strippe und beriet ihn in Sachen Krieg gegen den Terror. Oder er entfernte seine Fingerabdrücke von allem, was er angefasst hatte, für den Fall, dass er noch mehr Leute umgebracht und im Anschluss daran eine Dinnerparty unter Wasser für sie geschmissen hatte.
    »Tut mir leid, dass Sie warten mussten, Detective.«
    Eine tiefe männliche Stimme wie aus dem Nichts. Ich schnellte herum, Nicholas Black stand hinter mir. Die verspiegelten Türen des Aufzugs schlossen sich lautlos, und eine durchgehende Spiegelwand entstand. Ich war mir sicher, dass die Verspiegelung nur einseitig war, sodass Black von vornherein gegen Überraschungen gefeit war. Er kam auf mich zu, den Aktenkoffer in der linken Hand, die rechte Hand streckte er mir entgegen. Ich ergriff sie. Sein Händedruck war fest und trocken. So wie meiner.
    »Nick Black. Wie ist der derzeitige Stand der Ermittlungen?«
    »Claire Morgan, Detective im Sheriff’s Department von Canton.«
    »Ich weiß, wer Sie sind. Miki sagte mir, Sie wollten mich unmittelbar nach meiner Rückkehr sprechen. Tut mir leid, ich bin Frühaufsteher.« Er lächelte und deutete auf einen Stuhl. »Nehmen Sie doch bitte Platz. Möchten Sie ein Frühstück? Oder Kaffee? Ich trinke einen. Miki macht hervorragenden Kaffee.«
    »Mann, wie nett von Ihnen.«
    Black hob eine Augenbraue, und ich beschloss, meinen Ton zu mäßigen. Er war Spezialist für Töne. Jetzt waren höfliche Umgangsformen gefragt.
    Wie eine nebulöse Erscheinung kam Miki in ihrem weißen Businesskostüm hereingeschwebt, inklusive Nylons und hochhackiger Riemchenpumps. In den Händen hielt sie ein silbernes Tablett mit einer Kaffeekanne, einem silbernen Sahnekännchen und zwei weißen Tassen mit Untertasse. Hauchdünnes weißes Porzellan mit einem schwarz-goldenen Streifen am oberen Rand. Keinerlei Muster und kein Monogramm. Schlicht und doch elegant. Dieselbe Art Service, wie es in Sylvies Fall unter Wasser und auch sonst überall in der Anlage verwendet wurde. Ich nahm in dem braunen Ledersessel gegenüber von Blacks massivem Ebenholzschreibtisch Platz. Er war derart auf Hochglanz poliert, dass ich auf der Platte die Wolken im Fenster hinter seinem Rücken gespiegelt sah.
    Ich bedankte mich bei Miki und hielt die Tasse mit der Untertasse, auf einer taufrischen weißen Leinenserviette balanciert, auf meinem Schoß. Ich sah ihr nach, wie sie den Raum verließ, und sagte dann: »Ms Tudor ist eine tüchtige Assistentin.«
    Ich sagte das bewusst so, dass er glaubte, ich würde annehmen, zwischen ihnen beiden sei mehr als zwischen einem Chef und seiner Angestellten normalerweise. Black schien offenbar darauf einzusteigen, weil er mich kurz fixierte, aber dann entschied er sich doch, meine Bemerkung zu ignorieren. Seine Reaktion verriet mehr, als wenn er die versteckte Andeutung bestätigt hätte. Das wusste er. Und ich wusste es auch. Er sagte: »Miki ist in der Tat ein Schatz. Ich wüsste nicht, was ich ohne sie machen würde. Immerhin hält sie den Laden hier am Laufen.«
    Er mag seine Lakaien doch sehr, dachte ich, diese Kriecher, bremste mich aber dann. Ich legte die Art Voreingenommenheit an den Tag, die meinen Fall gefährden könnte. Normalerweise reagierte ich nicht so heftig, aber dieser Mann provozierte mich. Etwas an ihm war vielleicht nicht ganz koscher, aber er war nicht dumm, also änderte ich meine Taktik. »Zunächst einmal bedanke ich mich sehr, dass Sie Zeit für mich haben, Dr. Black.«
    »Sie dürfen gerne Nick zu mir sagen. Ich bin hocherfreut über das Gespräch mit Ihnen. Sylvie war ein besonderer Mensch. Ganz besonders für mich. Ich will, dass ihr Mörder gefunden wird und die verdiente Strafe bekommt. Ich habe ihren Eltern versprochen, dass ich mich selbst dafür einsetzen werde.«
    »Geben Sie öfter Versprechen, die Sie nicht halten können?«
    Black fixierte mich, bohrend und eindringlich. Ich kam mir vor wie seine Patientin, hielt aber seinen Blicken stand, bis er sagte: »Ich bin bereit, in jeder erdenklichen Hinsicht, mit Ihnen zusammenzuarbeiten. Sylvies Eltern sind natürlich zutiefst bestürzt. Sie haben mich gebeten, an ihrer Stelle die erforderlichen Gespräche mit den Behörden und den Medien zu führen, und ich fühlte mich verpflichtet, ihrer Bitte nachzukommen.«
    »Sie sind wohl sehr gut mit Sylvies Eltern

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