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Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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stimmte wenigstens eine seiner Berechnungen. Weit hinter dem Fort konnte er noch einen anderen, nadelspitzen Lichtpunkt ausmachen – vermutlich die Laterne der vor Anker liegenden Brigg. Mit einigem Glück würde Broughtons Geschwader noch vor Sonnenaufgang um ein weiteres, wenn auch kleines Fahrzeug stärker sein.
    Er ließ sich auf ein Knie nieder und öffnete ganz vorsichtig den Schieber einer Blendlaterne. Nur den Bruchteil eines Zolls, und doch kam ihm das dünne Licht, das ein paar kurze Sekunden übers Wasser spielte, wie der Strahl eines mächtigen Leuchtturms vor.
    Wieder stand er auf. Trotz der tiefreichenden Dünung draußen vor der Bucht, der weiten Fahrt unter den schweren Riemen und all der sonstigen irritierenden Verzögerungen waren sie genau planmäßig angekommen.
    Die Festung lag jetzt schon viel näher, nur eine gute Kabellänge entfernt. Er glaubte, den dunkleren Schatten unter der Nordwestecke sehen zu können, wo der Eingang von See lag, der, wie es hieß, durch ein massives Fallgitter geschützt war. Dort würde nun sehr bald Fittocks Sprengladung liegen und den Weg für ihren Angriff freimachen. Er knirschte mit den Zähnen, denn irgendwo achtern in einem der Boote klirrte es metallisch. Ein unvorsichtiger Matrose mußte mit seinem Entersäbel angestoßen sein. Aber nichts geschah; auch von den hohen, unzugänglichen Mauern ertönte kein Alarmruf.
    Gott sei Dank, dachte er grimmig. Denn Broughtons Schiffe würden inzwischen weit von Land entfernt sein, und ohne richtigen Wind konnten sie nicht zu Hilfe kommen.
    Etwas Weißes blitzte in der Dunkelheit auf; er dachte, es sei ein Ruderblatt, aber es war nur ein Fisch, der hochgesprungen war und klatschend ein paar Fuß vom Boot entfernt ins Wasser zurückfiel.
    Als er wieder zur Festung hinsah, war sie schon ganz nahe. Er konnte in der Mauer die einzelnen Schießscharten unterscheiden und sogar die helleren Flecken, wo die Kugeln des Geschwaders ihre Spuren hinterlassen hatten.
    »Auf Riemen!« Bickfords Boot glitt langsam an ihm vorbei, und die anderen schwärmten in sicherer Rufentfernung fächerförmig aus. Es war soweit.
    Das einzige Boot, das noch unter Riemen fuhr, pullte stetig weiter. Leutnant Sawle stand aufrecht im Heck, eine zweite Gestalt, wahrscheinlich Mr. Fittock, der Stückmeister, stand gebückt neben ihm. Das war der wichtigste Teil der ganzen Aktion und außerdem eine Chance für Sawle, sich auf eine solche Weise auszuzeichnen, daß seine fernere Karriere in der Flotte gesichert sein würde, mochte er nun ein Leuteschinder sein oder nicht. Freilich hatte er eine ebenso gute Chance, in Stücke gerissen zu werden, wenn mit der Sprengladung etwas schiefging. Er war ein tüchtiger Offizier, aber wenn er heute nacht ums Leben kam, so würde das, dachte Bolitho, an Bord der
Euryalu
s

nur milde Trauer erregen.
    »Nicht der erste, was, Captain?« murmelte Allday, und Bolitho wußte nicht: sprach er von dem möglichen Tod des Leutnants oder
    von dem nächtlichen Angriff überhaupt. Beides war möglich. Aber er hatte andere Dinge im Kopf.
    »Wir haben noch fünf Minuten«, sagte er kurz.
    Bickfords Leute ruderten jetzt rückwärts, damit das Boot nicht in der wirbelnden Strömung querschlug.
    Wieder dachte er an Inch und stellte ihn sich an Bord der
Hekla

vor, wie er die letzten Vorbereitungen traf, um mit seinen gedrungenen Mörsern hoch über den Bergrücken der Landzunge zu feuern. Inch brauchte sich jetzt nicht mehr zu verbergen. Er konnte so viel Licht machen, wie er brauchte; in den Hügeln oberhalb seiner Position lagen die Marine -Infanteristen, die ihm nicht nur die Einschläge signalisieren, sondern ihn auch gegen unerwünschte Störer absichern würden.
    ›Komischer Kahn‹, hatte Keverne gesagt. Die
Hekl
a

war nicht viel mehr als eine schwimmende Batterie mit gerade genügend Segelfläche, um sie von einem Einsatzort zum anderen zu tragen. Lag sie in Schußposition, so wurde sie an Bug und Heck fest verankert. Durch Anholen oder Nachlassen der einen oder der anderen Trosse konnte Inch das Schiff und damit die Zwillingsmörser ohne viel Anstrengung in den gewünschten Schußwinkel bringen.
    »Mr. Sawles Boot ist unter der Mauer, Captain«, sagte Allday gespannt.
    »Gut.« Er mußte sich auf Alldays Angabe verlassen, denn das Boot war nur ein tieferer Schatten vor dem dunklen Loch des Eingangs. Ein Midshipman, der zu Bolithos Füßen hockte, gähnte lautlos.
    Das war vermutlich auch eine Art, gegen die Angst anzukämpfen.

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