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Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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sie das Feuer über die Köpfe ihrer versprengten Kameraden hinweg. Dann stürzten sie sich mit aufgepflanzten Bajonetten auf die Angreifer.
    Bolitho hob den Degen. »Standhalten, Jungs!« Seine Stimme riß die Männer herum, und er war überrascht, daß sie so fest klang. Und doch drehte sich alles in seinem Kopf, weil Giffards Marine-Infanteristen nicht da waren und seine kleine Truppe bereits gespalten war. Bickford hielt den inneren Turm, aber solange sich die untere Garnison und der Hof nicht in ihren Händen befanden, war er eher Gefangener als Sieger.
    Keuchend, brüllend, wie wütende Dämonen prallten die schattenhaften Gestalten aufeinander. Die Matrosen mit den Enterpiken waren den Bajonetten gewachsen, doch die, welche nur Säbel hatten, waren dem Tode geweiht; ihre blutenden Leiber wurden nur noch durch den Druck der Kämpfenden aufrecht gehalten.
    Bolitho führte einen Hieb zum Hals eines Soldaten, dessen Gesicht sich im Todeskampf zu einer grotesken Maske verzerrte, ehe er unter der schwankenden, um sich hauenden Masse der Männer verschwand. Ein anderer versuchte, ihn mit seinem Bajonett über die Schulter eines Kameraden zu erreichen, doch eine Pike stach zu, und er stürzte zu Boden.
    Aber die Linie wankte. Als Bolitho versuchte, sich zum anderen Ende der schwankenden Reihe seiner Matrosen durchzukämpfen, hörte er einen furchtbaren Schrei und sah Leutnant Lucey auf dem Bauch liegen, über sich einen riesigen Spanier mit erhobener Muskete. Im Schein der Laterne glänzte das Blut am Bajonett, ehe der Mann zum zweiten Mal mit aller Kraft zustieß – und obwohl der Soldat einen Fuß auf den Rücken des Leutnants stemmte, konnte er die Klinge nicht herausziehen.
    Aber Lucey lebte noch, er schrie wie eine Frau in den Wehen.
    »Um Gottes willen!« keuchte Allday und sprang über den schmalen Streifen Kies; ehe der Soldat wußte, was ihm geschah, schnitt ihm Alldays schwerer Entersäbel in blitzendem Bogen quer durchs Gesicht, und sein gurgelnder Schrei übertönte das Knirschen der Klinge auf Fleisch und Knochen.
    Aber es hatte keinen Zweck mehr. Bolitho wischte sich die Augen mit dem Ärmel, schlug den Säbel eines Soldaten zur Seite, riß ihn mit herum und stieß ihm den Degen dicht unter der Achselhöhle in die Brust. Sein Degen kam ihm so schwer vor, daß er ihn kaum noch heben konnte; verzweifelt sah er, wie jenseits des Tores zwei bezopfte Matrosen die Hände hoben, um sich zu ergeben.
    In diesen kurzen Sekunden stand ihm klar vor Augen, warum sie überhaupt hier waren: seines persönlichen Stolzes oder ganz einfach seiner Eitelkeit wegen. All diese Männer, die von ihm abhingen, waren tot oder schwer verwundet. Bestenfalls würden sie auf spanischen Galeeren elend zugrunde gehen oder in einem Gefängnis verfaulen. Auch die spanischen Truppen hielten jetzt inne und zogen sich dann auf einen weiteren Kommandoruf zurück. Sie ließen die Toten und die zuckenden, sich windenden Blessierten in der Mitte des Hofes liegen und formierten sich zu den urprünglichen Linien, wobei sie noch Ve rstärkung aus der unteren Festung bekamen.
    Erschöpft senkte Bolitho den Degen und musterte, was von seinen Leuten noch übrig war. Atemlos keuchend klammerten sie sich aneinander, um sich gegenseitig zu stützen, und warteten stumpf wie Verurteilte auf ihre Hinrichtung. Und eine Hinrichtung würde es werden, wenn er sich nicht sofort ergab.
    Doch da hörte er wie aus einer anderen Welt einen heiseren Befehl: »Erstes Glied – nieder knien!« Im ersten Augenblick bildete er sich ein, da gäbe ein spanischer Offizier sein Kommando auf Englisch, um es noch schlimmer für sie zu machen.
    »Ziel erfassen!« tönte es weiter. Der eigentlich Feuerbefehl ging im Krachen der Musketen unter, und Bolitho konnte nur auf die Reihen der spanischen Soldaten starren, die unter der tödlichen Salve taumelnd hinsanken.
    Aber es war Giffards Stimme! Tausendmal hatte Bolitho sie auf dem Achterdeck beim Exerzieren und bei militärischem Zeremoniell gehört. Der dicke, bombastische, wichtigtuerische Giffard, der Mann, der nichts lieber tat, als seine Seesoldaten vorzuführen. So wie jetzt.
    Seine Stimme schmetterte wie eine Trompete, und obwohl er hinter einem Torbogen stand, meinte Bolitho, ihn ganz deutlich vor Augen zu sehen.
    »Marine -Infanterie zur – Attacke! Das Zentrum, Laufschritt marsch – marsch!«
    Und dann war alles so schnell vorbei wie ein Alptraum. Die MarineInfanteristen standen in tadelloser Uniform, die Bajonette

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