Der Stolz der Flotte
aber das machte es nur schwerer. »Wir haben schon Schlimmeres durchgestanden. Also reden Sie nicht solches Zeug.«
»Sie dürfen nicht so viel sprechen, Sir.« Wieder schwamm Angus’ Gesicht über ihm. »Sie werden ruhen, bis der Verband gewechselt wird. Dann müssen Sie eine Kleinigkeit essen.« Er hielt etwas gegen das Licht, ein mattglänzendes, abgeflachtes Stückchen Metall.
»Diese arabischen Musketen sind manchmal sehr treffsicher. Die Kugel hätte Sie bestimmt getötet, wenn Sie sich nicht gerade umgedreht hätten.« Er lächelte ernsthaft. »Also müssen wir zumindest dafür dankbar sein, wie?«
Eine Tür knarrte, und er fügte hinzu: »Aber Sie haben eine ausgezeichnete Pflegerin.« Er machte eine Kopfbewegung zur Tür hin.
»Kommen Sie, Mrs. Pareja. Der Kommandant ist gleich soweit.« Ungläubig sah Bolitho sie herankommen. Vi elleicht schwebte er immer noch im Fiebertraum?
Sie blieb stehen und sah auf ihn nieder, sehr bleich unter dem langen schwarzen Haar, ernst, ohne Lächeln. Und schön. Nur schwer konnte man sie sich an Bord der
Navarr
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vorstellen, wie der Kopf ihres toten Mannes auf ihrer blutigen Schürze geruht und sie Bolitho so voll Zorn und bitterer Verzweiflung angestarrt hatte.
»Sie sehen schon viel besser aus«, sagte sie.
»Danke für alles, was Sie getan haben.« Er fühlte sich auf einmal völlig hilflos und leer unter ihrem kühlen Blick und konnte nicht we itersprechen.
Lächelnd zeigte sie ihre starken weißen Zähne. »Jetzt sehe ich, daß Sie wieder gesund werden. Es war schlimm, was Sie in den letzten beiden Tagen alles gesprochen haben.«
Sie lächelte immer noch, als Angus den Verband aufschnitt und nach allen Regeln der Kunst einen neuen anlegte.
Wortlos musterte Bolitho sie. Die ganze Zeit war sie hier bei ihm gewesen, hatte gesehen, wie er gegen die Schmerzen kämpfte, hatte sich um seine körperlichen Bedürfnisse gekümmert, während er hilflos war. Er war sich seiner Nacktheit unter der Bettdecke bewußt, seiner vom Schweiß verfilzten Haare, und er schämte sich.
»Anscheinend sind Sie schwer umzubringen.«
Während Angus seine Schale mit den blutigen Verbandsfetzen we gräumte, sah sie Allday an und sagte zu ihm: »Gehen Sie und ruhen Sie sich aus.« Und als er zögerte: »Weg mit Ihnen, Mann! Sie haben weiß Gott keine Ruhe gehabt, seit Sie zurück sind, und, soviel ich gehört habe, überhaupt keine, seit Ihr Pflegling hier verwundet wurde.«
Bolitho bewegte seinen linken Arm unter der Decke und sagte leise: »Meine Hand!«
Allday hob die Decke an und nahm Bolithos Finger in die seinen.
Bolitho fühlte den Schweiß über seine nackte Brust rinnen, als er mit dem Rest seiner Kraft Alldays Hand drückte.
»Tun Sie, was sie sagt, Allday.« Er versuchte, ihm nicht ins Gesicht zu sehen. »Ich schlafe besser, wenn ich weiß, daß Sie munter und kräftig sind, sobald ich Sie brauche.« Er zwang sich zu lächeln. »Wahre Freunde sind kostbar.«
Allday verschwand, und die Tür fiel ins Schloß.
Als Bolitho Mrs. Pareja wieder ansah, glänzten Tränen in ihren Augen. Sie schüttelte ärgerlich den Kopf. »Verdammt, Captain, aber es stimmt, was man sagt! Sie behexen alle, die in Ihre Nähe kommen. Das muß die Kornische Magie i n Ihnen sein!«
»Ich fürchte, diese angebliche Magie kommt von den anderen, Mrs.
Pareja.«
Sie setzte sich an sein Bett und rührte in einer Schale Fleischbrühe.
»Mein Name ist Catherine.« Sie lächelte dabei, und sekundenlang spürte er wieder die Kühnheit, die ihm schon auf der
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an ihr aufgefallen war. »Aber nennen Sie mich Kate. So hat man mich genannt, bevor ich Luis heiratete.«
»Es tut mir leid um Ihren Mann«, sagte er leise.
Der Löffel zitterte nicht in ihrer Hand; er ließ die heiße Brühe durch die Kehle rinnen, und sie belebte ihn trotz seiner Schmerzen.
Da sagte sie: »Sie haben mehrere Male den Namen ›Cheney‹ gerufen. Ist das Ihre Frau?«
Er blickte sie an. »Ja, aber sie ist tot.«
»Ich weiß. Einer Ihrer Offiziere hat es mir erzählt.« Kate wischte ihm die Lippen mit einem sauberen Tuch ab. »Sie haben sehr viel geredet, allerdings habe ich nicht alles verstanden. Manchmal haben Sie von zu Hause gesprochen und von irgendwelchen Porträts. Aber wir wollen das jetzt vergessen. Sie sind sehr schwach und müssen ruhen.«
Bolitho bemühte sich, seinen Arm zu bewegen. »Nein. Ich will nicht allein bleiben.« Fast verzweifelt bat er: »Erzählen Sie mir von sich.« Sie lehnte sich zurück und
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