Der Stolz der Flotte
war das?«
Allday stellte sich in die Steigbügel. »Ein Hase vielleicht?«
Der Anruf kam so plötzlich wie ein Schuß. »Stehenbleiben! Und die Hände so hoch, daß wir sie sehen können!«
»Bei Gott, ein verdammter Hinterhalt!« Allday griff nach seinem Entersäbel.
»Laß das!« Bolitho riß sein Pferd herum und schlug Allday die Hand vom Säbelgriff. »Genau das habe ich erwartet, Mann!«
»Sachte, Käpt’n!« sprach die Stimme von vorhin. »Wir wollen Ihnen ja nichts tun, aber…«
Eine andere Stimme, härter und gespannter, fuhr dazwischen: »Wir haben keine Zeit zu verlieren! Entwaffne sie, und zwar schnell!«
Es schienen etwa drei Mann zu sein. Eine schattenhafte Gestalt griff an Alldays Seite und befreite ihn von seinem Entersäbel. Bolitho hörte, wie der Stahl klirrend auf den steinigen Weg fiel. Neben ihm tauchte ein anderer Mann aus dem Dunkel auf. »Und Sie auch, Sir. Sie haben doch bestimmt Pistolen mit?«
Bolitho reichte sie ihm zusammen mit dem Säbel hinunter und sagte kaltblütig: »Ich habe ja gehört, daß es eine Vertrauenssache ist, aber ich wußte nicht, daß das Vertrauen einseitig sein soll.«
Der Mann zögerte. »Wir riskieren eine ganze Menge, Käpt’n. Sie hätten ja Miliz mitbringen können.« Er schien etwas Angst zu haben.
Der andere, der sich noch nicht hatte sehen lassen, rief dazwischen: »Nehmt die Pferde beim Kopf und führt sie!« Und nach einer kurzen Pause: »Ich bleibe achtern. Eine falsche Bewegung, und ich schieße ohne langes Palaver!«
»So eine Frechheit«, murmelte Allday. »Den Saukerl schnappe ich mir noch.«
Bolitho blieb stumm und ließ den Mann das Pferd führen. Er hatte es nicht anders erwartet. Nur ein Dummkopf hätte bei einem solchen Treffen die elementarsten Vorsichtsmaßregeln außer acht gelassen.
Wahrscheinlich war man ihnen schon während der letzten paar Minuten gefolgt. Der Hufschlag ihrer Pferde hatte die Geräusche wohl überdeckt.
An der Wegbiegung leuchtete ein einzelnes Licht auf, und er sah die weißlichen Umrisse des Gasthofes. Ein kleines schäbiges Bauwerk, das im Lauf der Jahre mehrfach um- und ausgebaut worden war – offenbar ohne vi el Sinn für architektonische Schönheit.
Der Mond schien nicht, und die Sterne sahen ganz winzig aus. Es war auch kälter geworden; die See lag nicht weit entfernt, wie Bolitho wußte. Ein rauher, gefährlicher Pfad von etwa einer halben Meile führte zum Fuß der Klippen. Kein Wunder, daß der Gasthof bei den Schmugglern als sicherer Ort galt.
»Absitzen!«
Vom Hause her kamen noch zwei Gestalten, und als Bolitho sich aus dem Sattel schwang, sah er Metall glitzern.
»Mir nach!«
Im Gastzimmer mit dem niedrigen Gebälk brannte nur eine Laterne, aber nach dem stockfinsteren Feldweg wirkte sie wie ein Leuchtturm. Der Raum stank nach Bier und Tabak, Speck und Dreck.
Der Wirt trat ins Lampenlicht, sich die Hände an einer langen schmutzigen Schürze reibend. Er sah genauso aus, wie Allday es beschrieben hatte: sein eines Auge schielte so stark, als wolle es aus der Höhle fallen.
»Hab nichts mit zu tun, Sir«, winselte er dünn. »Bitte vergessen Sie das nich’!« Er richtete sein gesundes Auge auf Bolitho und jammerte weiter: »Ich hab Ihren Vater gekannt, Sir, ein feiner Mann!«
»Halt’s Maul!« blaffte die Stimme dazwischen. »Ich häng’ dich an deinen eigenen Deckenbalken auf, wenn du nicht mit diesem Gewi nsel aufhörst!«
Der Gastwirt kroch wieder in den Schatten zurück, und Bolitho wandte sich langsam um. Der Sprecher war etwa dreißig; sein Gesicht war rot, aber nicht so gegerbt, wie man es bei einem Seemann erwartet hätte. Er war recht gut gekleidet: einfacher blauer Rock und frischgewaschenes Hemd. Ein intelligentes, hartes Gesicht. Ein Mann, der wahrscheinlich zu Wutausbrüchen neigte.
»Ich sehe Taylor nicht.«
Der Mann, offenbar der Anführer, erwiderte kalt: »Er ist bei den Booten.«
Bolitho sah sich die anderen an: vier, und draußen waren wahrscheinlich noch zwei. Lauter Matrosen. Sie schienen sich außerordentlich unbehaglich zu fühlen und blickten mit einer Mischung aus Angst und Resignation ihren Sprecher an.
»Setzen Sie sich bitte, Captain. Ich habe Ale bestellt.« Er lächelte höhnisch. »Aber vielleicht möchte ein Gentleman wie Sie lieber Brandy?«
Der Mann wollte offensichtlich provozieren. »Ale ist mir sehr willkommen«, antwortete Bolitho gelassen, knöpfte sich den Mantel auf und ließ sich in einen Stuhl fallen. »Ihr seid der gewählte
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