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Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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hätte doch sicher aus Erfahrung wissen können, daß Schiffe oft auch dann kämpfen mußten, wenn sie weit zerstreut fuhren, ohne jede Ordnung, ohne jede Position in einem Verband? Broughton hatte doch bei St. Vincent mitgekämpft, wo Kommodore Nelson wieder einmal alle Kritiker vor den Kopf gestoßen hatte, weil er sich ohne jede Rücksicht auf einen festen strategischen Plan in die Schlacht geworfen hatte. Als Bolitho das gelegentlich Broughton gegenüber erwähnte, bekam er einen weiteren Hinweis auf dessen starre Haltung.
    »Ich höre immer nur Nelson, Nelson!« hatte er geknurrt. »Ich habe ihn mit seiner verdammten
Captain

gesehen, wenn ich auch selbst alle Hände voll zu tun hatte. Der hat auch mehr Glück als Sinn für zeitliche Abstimmung!« Aber ebenso unvermittelt wurde Broughton wi eder ganz kühl. »Drillen Sie Ihre Leute auf einen Plan, bis sie alle zusammen danach handeln können, auch im Stockfinstern oder mitten im Taifun. Arbeiten Sie ohne Rast und Ruhe mit ihnen daran, bis sie an nichts anderes mehr denken. Ihre verdammten Heldentaten können Sie von mir aus behalten. Geben Sie mir einen Plan, einen gut ausgereiften Plan, und ich gebe Ihnen einen Sieg!«
    Bolitho dachte über diese psychologischen Streiflichter nach. Broughton war schlicht neidisch. Er war ranghöher als Nelson, den er persönlich überhaupt nicht kannte; er konnte auf Grund seiner He rkunft und seines Einflusses der Unterstützung von oben gewiß sein – und doch war er neidisch.
    Nicht daß Bolitho seinen Vorgesetzten nun auf Grund dieser Erkenntnis besser verstand – aber es war doch wenigstens ein menschlicher Zug.
    Seit sie auf See waren, hatte Broughton nie wieder Taylors Tod und die brutale Strafe erwähnt. Sogar bei der eiligen Dienstbesprechung gleich nach dem Strafvollzug hatte er nur indirekt darauf angespielt, indem er sagte, die Disziplin müsse stets und unter allen Umständen aufrechterhalten werden. Auch als in derselben Kajüte, in der Taylor zitternd sein furchtbares Schicksal vernommen hatte, den versammelten Kommandanten Wein gereicht wurde, war Broughton bester Stimmung gewesen und hatte sogar bei der Bekanntgabe der Segelorder nach Gibraltar kleine Scherze gemacht.
    Bolitho erinnerte sich noch daran, wie der Kutter der
Aurig
a

eine Sandbank angelaufen hatte und die Seesoldaten Taylor dort begraben hatten, in aller Eile, denn die Flut lief bereits auf. In diesem Grab, das weder Kreuz noch Namen trug, würde Taylor nun verrotten: ein Märtyrer oder einfach ein Opfer der Umstände? Schwer zu sagen.
    Auf See hatte Bolitho immer wieder seine Mannschaft beobachtet und nach irgendwelchen Unruhezeichen Ausschau gehalten; aber vielleicht ließ ihnen der tägliche Dienstbetrieb keine Zeit für Diskussionen und Anklagen. Ohne Zwischenfälle, ohne neue Nachrichten von den Unruhen in der Nore segelte das Geschwader seinem Ziel entgegen.
    Er beschattete die Augen, um die glitzernde Kimm abzusuchen. Dort draußen, irgendwo in Luv, nur dem Ausguck im Masttopp sichtbar, stand die
Auriga
.

Sie war wieder unter dem Befehl Brices, ihres alten Kommandanten. Absichtlich hatte ihm Bolitho persönlich den betreffenden Befehl mitgeteilt, kurz vor dem Auslaufen, und hatte ihn für die Zukunft verwarnt. Aber schon beim Sprechen hatte er erkannt, daß es vergeblich war.
    Brice hatte in dienstlicher Haltung, reglos, den Hut unterm Arm, in der Kajüte gestanden, und seine blauen Augen hatten Bolitho gemieden, bis dieser fertig gesprochen hatte.
    Dann hatte er leise und ruhig erwidert: »Vizeadmiral Broughton betrachtet die fraglichen Vorgänge nicht als Meuterei. Sie taten es übrigens auch nicht, Sir, als Sie an Bord meines Schiffes kamen. Die Tatsache, daß ich wieder in mein rechtmäßiges Kommando eingesetzt worden bin, beweist, daß alle unrechtmäßigen Handlungen nicht von mir, sondern von anderen begangen worden sind.« Dabei hatte er flüchtig gelächelt. »Und zwar von einem, der entwischt ist, und von einem anderen, der mit mehr Nachsicht behandelt worden ist, als man in diesen gefährlichen Zeiten erwarten sollte.«
    Bolitho spürte den Haß, der hinter Brices Maske stiller Amüsiertheit lauerte; dieser Haß beruhte auf Gegenseitigkeit. Er schritt um den Tisch auf Brice zu.
    »Jetzt hören Sie gut zu, Brice, und vergessen Sie meine Worte nicht. Wir haben einen Sonderauftrag, der vielleicht von höchster Wichtigkeit für England ist. Sie werden gut daran tun, Ihr Verhalten zu ändern, wenn Sie Ihre Heimat wiedersehen

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