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Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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hatte.
    Kapitän Falcon von der
Tanais
,

dem zweiten Vierundsiebziger, war ganz das Gegenteil. Ein melancholischer, nachlässig gekleideter Mann mit schwerlidrigen, nachdenklichen Augen, der jeden Befehl ohne zu fragen ausführte, darüber hinaus jedoch sowohl seine Phantasie als
    auch sein beachtliches Können einsetzte, um aus Rattrays erstem Anstürmen etwas zu machen.
    Etwa eine Meile achteraus der
Euryalu
s

stand das letzte Linienschiff, die
Valorous
.

Kapitän Rodney Fourneaux kommandierte sie, ein dünnlippiger, hochmütiger Autokrat. Sie hatte sich unter fast allen Bedingungen als schnelles, gut manövierbares Schiff erwiesen; und vorausgesetzt, daß sie ihre Station halten konnte, war sie dort gut plaziert, um das Flaggschiff zu decken oder um vorzustoßen und einem Schiff des Geschwaders zu helfen, das in Schwierigkeiten geraten war.
    Bolitho hörte, wie das Glas mit dem gewohnten Schnappen zusammengeschoben wurde, wandte sich um und faßte an den Hut, denn jetzt kam Broughton auf ihn zu.
    Dienstlich meldete er: »Wind immer noch aus Nordost, Sir, frischt auf. Neuer Kurs Süd zu West.« Broughtons Augen glitten lässig die Reihe der an den Kanonen schwitzenden Matrosen entlang; er bestätigte Bolithos Meldung zunächst nur mit einem kurzen Grunzen, sagte aber dann: »Gut. Ihre Geschützbedienungen scheinen ja halbwegs in Ordnung zu sein.«
    Das war auch etwas, das Bolitho schon kannte. Broughton eröffnete meistens den Tag mit einem solchen Kommentar: eine Art Sporenstich oder eine wohlberechnete Kränkung.
    »Klarschiff zum Gefecht in zehn Minuten oder darunter, Sir«, erwiderte Bolitho kühl, »und dann drei Breitseiten alle zwei Minuten.«
    Nachdenklich musterte ihn Broughton. »Das ist Ihr Standard, nicht wahr?«
    »Jawohl, Sir.«
    »Ich habe Verschiedenes über Ihre
Standards

gehört.« Broughton stützte die Hände in die Hüften und spähte zum Großmast hinauf, wo Marine-Infanteristen an einem Schwenkgeschütz übten.
    »Ich hoffe, unsere Leute werden zu gegebener Zeit daran denken.« Bolitho wartete. Da würde noch mehr kommen. Wie geistesabwesend sprach der Admiral weiter: »Als ich bei Ihrem Schwager speiste, erzählte er mir einiges über Ihre Familie.« Er wandte sich um und starrte Bolitho an. »Ich wußte natürlich schon von dem – äh – Mißgeschick Ihres Bruders.« Er machte eine Pause, um das wirken zu lassen.
    »Daß er aus der Flotte desertierte.« Wieder machte er eine Pause und legte den Kopf etwas schief.
    Kalt starrte Bolitho zurück. »Er ist in Amerika ums Leben gekommen, Sir.« Merkwürdig, wie leicht ihm die Lüge von den Lippen ging. Aber die Kränkung war so stark wie eh und je; er hatte plötzlich den irren Wunsch, etwas Schockierendes zu sagen und Broughton von seinem Thron zu stoßen. Was hätte er zum Beispiel gesagt, wenn er erführe, daß Hugh eben dort an derselben Stelle, wo Sir Lucius jetzt stand, im Seegefecht gefallen war? Aber wenigstens hatte Broughtons Stichelei bewirkt, daß Bolitho ohne viel Reue und Trauer an Hughs Tod denken konnte. Wenn er jetzt über Broughtons Schulter zu dem breiten, sauberen Deck, dem großen Doppelrad mit den aufmerksamen Rudergasten und dem Steuermann hinblickte, war es schwer, sich das blutige Tohuwabohu vorzustellen, das damals, als Hugh gefallen war, dort geherrscht hatte. Mit dem eigenen Körper hatte er, im Kampfeslärm und inmitten brüllender, sterbender Männer, seinen Sohn Adam gedeckt, der immer noch keine Ahnung hatte, daß Hugh sein Vater war.
    »Und alles, glaube ich, wegen eines Duells«, fuhr der Admiral fort.
    »Ist mir immer unverständlich gewesen, daß man ein Duell zum Verbrechen stempelt. So eine Stupidität! Fechten Sie zufällig auch?« Bolitho rang sich ein Lächeln ab. »Mein Degen hat mir im Kampf oftmals gute Dienste geleistet, Sir.«
    Der Admiral zeigte lächelnd die Zähne, sie waren sehr klein und ebenmäßig. »Ein Duell ist etwas für Gentlemen.« Er schüttelte den Kopf. »Aber da heutzutage so viele Leute im Parlament sitzen, die weder Fechter noch Gentlemen sind, kann man sich wohl über diese Voreingenommenheit nicht wundern.« Flüchtig blickte er zur Kampanje hinüber. »Ich gehe jetzt eine Stunde spazieren.«
    Bolitho sah ihm nach, als er die Kampanjeleiter hinaufstieg. Der tägliche Spaziergang des Admirals. Das war auch so etwas Unabänderliches.
    Dann mußte er wieder an Broughtons Gefechtsplanung denken. Vielleicht war es nicht so sehr der Plan wie der Mann selbst. Zu starr. Aber er

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