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Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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abfinden, daß die Menschen keine Individuen mehr waren. Sie waren Notwendigkeiten wie die Artillerie und die Takelage, der Süßwasservorrat und die Planken, auf denen er stand.
    Er merkte, daß Broughton ihn beobachtete, und drehte absichtlich den Kopf weg. Aber die Menschen waren ihm wichtig, sie dauerten ihn, und er würde sich darin auch nicht ändern, das wußte er genau; nicht Broughtons wegen, nicht einmal seiner eigenen Beförderung in einem Dienst zuliebe, den er jetzt nötiger brauchte denn je.
    Um den Bug der
Zeus
,

des nächstliegenden Vierundsiebzigers, kam eine langsame Prozession von Kuttern, einer von jedem Schiff des Geschwaders; ihre Riemen hoben und senkten sich im Takt mit dem Armesündermarsch der Trommeln. Das Boot der
Euryalu
s

war das zweite in der Reihe, dunkelgrün wie die anderen, die jetzt auf den Blöcken festgelascht waren, von schweigenden Männern umstanden. In jedem Boot der Prozession saßen Marine-Infanteristen, deren tödlich glitzernde Bajonette und scharlachrote Röcke etwas Farbe in die grimme Linie der jetzt leicht abfallenden und Kurs auf das Flaggschiff nehmenden Boote brachten.
    Leise sagte Broughton: »Es wird nicht allzu lange dauern, denke ich.«
    »Riemen hoch!«
    Der Kutter der
Aurig
a

glitt längsseit und machte an den Großrüsten fest. Die anderen schwankten über ihrem Spiegelbild im Wasser, stumme Zeugen des Strafvollzugs.
    Keverne reichte Bolitho die Kr iegsartikel, und dieser schritt rasch zur Fallreepspforte. Schiffsarzt Spargo und die beiden Bootsmannsmaaten waren bereits unten im Kutter, und der erstere blickte hoch, als Bolithos Schatten über die wie erstarrt sitzenden Rudergasten fiel.
    »Delinquent straffähig, Sir«, meldete er.
    Bolitho zwang sich dazu, auf die Gestalt im Kutter hinunterzuschauen. Weit vorgebeugt, die Arme an einer Gangspillspake festgelascht wie ein Gekreuzigter – man konnte kaum glauben, daß es Ta ylor war. Der Mann, der zu ihm gekommen war. Um Hilfe. Um Vergebung und… Er nahm den Hut ab, schlug das Buch auf und verlas den Abschnitt der Kriegsartikel über Meuterei und ihre Bestrafung.
    Unten im Boot bewegte sich Taylor etwas; Bolitho hielt inne und schaute nochmals hinunter. Auf den Spanten und Planken des Bootes stand Blut. Schwarzes Blut, nicht das Blut der Schlacht. Schwarz wie die Hautfetzen, die von Taylors zerhauenem Rücken hingen. Schwarz und aufgerissen, so daß die freiliegenden Knochen in der Sonne wie Marmor glänzten.
    Der Bootsmaat blickte hoch und fragte gepreßt: »Zwei Dutzend, Sir?«
    »Tut Eure Pflicht.«
    Bolitho setzte den Hut wieder auf und sah starr auf den nächstliegenden Zweidecker. Der Maat holte aus und schlug mit furchtbarer Kraft zu, Bolitho hörte Schritte neben sich, und dann Broughtons gelassene Stimme: »Er scheint es ja ganz gut auszuhalten.« Ohne Anteilnahme, ohne echtes Interesse, nur eine beiläufige Bemerkung.
    Ebenso unvermittelt wie es begonnen hatte, war es vorbei, und als das Boot ablegte und weiter zum nächsten Schiff fuhr, sah Bolitho, wie Taylor versuchte, den Kopf zu heben und zu ihm hinaufzublicken. Aber er schaffte es schon nicht mehr.
    Bolitho wandte sich weg; ihm wurde übel beim Anblick des verzerrten Gesichts, der zerbissenen Lippen, dieses Stückes Fleisch, das einmal John Taylor gewesen war.
    »Lassen Sie die Leute wegtreten, Mr. Keverne«, sagte er rauh. Unwillkürlich sah er der sich neu formierenden Prozession nach. Zwei Schiffe noch. Taylor würde es bestimmt nicht überleben. Ein jüngerer Mann vielleicht. Aber Taylor nicht.
    Wiederum, ganz dicht an seinem Ohr, hörte er Broughtons Stimme: »Wenn er nicht früher unter Ihnen gedient hätte – auf der
Sparrow,
nicht wahr? –, dann würden Sie es nicht so persönlich nehmen und wären nicht so – äh – empfindlich.«
    Da Bolitho nicht antwortete, fuhr er fort: »Ein Exempel mußte statuiert werden. Die Leute werden es nicht vergessen.«
    Bolitho richtete sich auf und sah Sir Lucius voll ins Gesicht. Mit fester Stimme entgegnete er: »Und ich auch nicht, Sir.«
    Sekundenlang sahen sie einander in die Augen, dann ließ Broughton das Visier wieder fallen. »Ich gehe wieder nach unten. Setzen Sie zu gegebener Zeit das Signal an alle Kommandanten.«
    Bolitho bemühte sich, seiner Gedanken, seines Zornes, seines Ekels, seines Abscheus wieder Herr zu werden.
    »Mr. Keverne, der Midshipman der Wache soll folgendes Signal vorbereiten: ›Alle Kommandanten an Bord des Flaggschiffs!‹«
    »Wann soll es gehißt werden?«

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