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Der Stolz der Flotte

Der Stolz der Flotte

Titel: Der Stolz der Flotte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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für die jemand anderer zuständig war. Er war ein dünner, hinterhältig aussehender Mann mit pergamentener Haut und ewig ängstlicher Miene, hinter der, wie Bolitho argwöhnte, etwas ganz anderes stecken mochte als ein paar angefaulte Wasserfässer. Fairerweise mußte er zugeben, daß Buddles Abrechnungen bisher immer gestimmt hatten; aber man mußte ihm, wie allen Zahlmeistern, ständig auf die Finger sehen.
    Und, wie Keverne schon gemeldet hatte, zwei Mann wurden zum Strafvollzug nach achtern gebracht; wie immer sahen alle dabei zu, die nicht gerade Wache gingen.
    Bolitho haßte diese Schauspiele, obwohl er wußte, daß sie unvermeidbar waren. Es dauerte immer so lange. Die Grätings wurden aufgeriggt, die Delinquenten ausgezogen und festgezurrt, und dann kam seine eigene Stimme, die, das Brausen von Wind und Leinwand übertönend, die Kriegsartikel verlas.
    Der eigentliche Strafvollzug interessierte die Zuschauer gar nicht so sehr.
    Der erste Mann, der sich ein Dutzend Hiebe eingehandelt hatte, war beim Kameradendiebstahl erwischt worden. Man war der Meinung, daß er billig weggekommen wäre im Vergleich zu dem, was seine Messekameraden mit ihm angestellt hätten, wäre nicht der Schiffsko rporal zur rechten Zeit dazwischengekommen. Wie Bolitho gehört hatte, sollte es vorgekommen sein, daß Männer, die ihre Kameraden bestohlen hatten, nachts über Bord geworfen wurden; ja, einer sollte tatsächlich ohne die Hand, die gestohlen hatte, aufgefunden worden sein. In der brodelnden, ständig unter Druck stehenden Welt des Zwischendecks gab es für einen Dieb wenig Sympathie.
    Der zweite Matrose bekam zwei Dutzend wegen Nachlässigkeit im Dienst und Insubordination. Sawle, der jüngste Leutnant, hatte ihn gemeldet. In diesem besonderen Fall gab sich Bolitho selbst die Schuld. Er hatte Sawle vor etwa sechs Monaten zum Leutnant befördert; aber hätte er nicht unter dem kranken Admiral Thelwall so viel mit Geschwaderangelegenheiten zu tun gehabt, so hätte er sich das, wie ihm heute klar war, zweimal überlegt. Sawle schien das Zeug zu einem guten Offizier zu haben, aber das war nur äußerlich. Er war ein mürrisch aussehender junger Mann von achtzehn Jahren, und Bolitho hatte Keverne gesagt, er solle aufpassen, daß seine Neigung zum Schikanieren sich in Grenzen hielt. Vielleicht hatte Keverne sein Bestes getan; vielleicht hatte er auch gedacht, das sei alles nicht so schlimm, solange Sawle sonst seinen Dienst versah.
    Sei dem wie ihm wolle; der blutige Rücken des Mannes war Bolitho eine grimmige Mahnung, Sawle in Zukunft ständig im Auge zu behalten. Wenn Meheux, der lustige, rundgesichtige Zweite Offizier, oder Weigall, der Dritte, an Stelle von Sawle gewesen wären, dann wäre es jedenfalls nicht so weit gekommen. Meheux war beliebt wegen seines grobschlächtigen Nordlandhumors. Er rühmte sich mit gutem Grund, daß er genauso klettern und spleißen könne wie jeder Matrose, und so hätte er schlimmstenfalls zu dem Mann gesagt: »Mal sehen, wer’s besser macht!« Weigall, der den Körperbau, aber leider auch die Intelligenz eines Preisboxers besaß, hätte den Mann mit seiner massiven Faust auf die Planken geschmettert und dann die ganze Geschichte völlig vergessen. Weigall war bei seiner Division nicht unbeliebt, aber meistens ging man ihm aus dem Wege. Er hatte das mittlere Geschützdeck unter sich und war unglücklicherweise seit einem Gefecht mit einem Blockadebrecher sehr schwerhörig. Manchmal bildete er
    sich ein, die Leute redeten hinter seinem Rücken über ihn, und dann setzte es beim geringsten Anlaß Strafexerzieren.
    Bolitho lehnte sich im Sessel zurück und starrte achteraus auf das blasige Kielwasser der
Euryalus
,

die in dem steifen Nordwest stetige Fahrt machte.
    Er schenkte sich noch Kaffee ein und verzog das Gesicht. Bald würde das Schiff drehe n und mehr Segel setzen, denn das Geschwader mußte möglichst rasch wieder gefunden werden. An diesem einen Nachmittag und Abend relativer Freiheit hatte er Zeit gehabt, über die Männer nachzudenken, mit denen er am engsten zusammenarbeiten mußte, die aber durch Rang und Stellung von ihm getrennt waren. Broughton ließ ihn völlig in Ruhe; Calvert hatte verlauten lassen, der Admiral säße entweder über den Karten oder lese immer wieder seine Geheimorder durch, als suche er etwas darin, das ihm bisher entgangen sei.
    Es klopfte, und der Posten draußen brüllte: »Midshipman der Wache, Sir!«
    Es war Drury. Der ging Strafwache wegen der

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