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Der stolze Orinoco

Der stolze Orinoco

Titel: Der stolze Orinoco Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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liegenden älteren Indianer gelebt hatte. Auf der Brust trug er eines der kleinen Kreuze, die die katholischen Missionäre an die Proselyten der Missionen auszutheilen pflegten. Er schien geweckten Geistes, denn als Jacques Helloch sich in spanischer Sprache an Valdez wendete, sagte er gleich, daß er diese Sprache auch verstände.
    Nun stellte man einige Fragen an ihn.
    »Wie heißt Du?
    – Gomo.
    – Wer ist der Indianer hier?
    – Mein Vater.
    – Der Aermste! rief Jacques Helloch. Es war sein Vater, der getödtet wurde!«
    Und da der Knabe weinte, ergriff er seine Hand, zog ihn an sich und sachte ihn durch Liebkosungen zu trösten.
    Jetzt fragte Valdez weiter:
    »Wer hat Deinen Vater erschossen?
    – Ein fremder Mann… Er war mitten in der Nacht gekommen und in unsre Hütte eingedrungen.
    – In die Hütte, die da hinter uns liegt? fuhr Valdez fort, indem er mit der Hand in der betreffenden Richtung hinwies.
    – Ja… hier in der Nähe giebt es keine andre.
    – Woher kam wohl jener Mann?
    – Das weiß ich nicht.
    – War es ein Indianer?
    – Nein, ein Spanier.
    – Ein Spanier! rief Jacques Helloch.
    – Ja, wir verstanden ihn vollkommen, als er uns ansprach, versicherte Gomo.
    – Und was wollte er von Euch?
    – Er wollte wissen, ob schon Quivas in den Wäldern der Parima eingetroffen wären.
    – Welche Quivas? erkundigte sich Valdez ebenso lebhaft, wie es sein Begleiter nur hätte thun können.
    – Die Quivas, deren Anführer Alfaniz ist, erklärte Gomo.
    – Die Bande des entsprungenen Sträflings!«
    Sofort setzte Jacques Helloch noch hinzu:
    »Sind sie denn hier schon aufgetaucht?
    – Das weiß ich nicht, antwortete das Kind.
    – Du hast auch nicht davon reden hören, daß sie sich in der Umgebung gezeigt hätten?
    – Nein.
    -Du hast sie aber schon gesehen… früher einmal?
    – Ja… ja!«
    Und die Augen des jungen Indianers, dessen Züge wieder Schrecken und Angst ausdrückten, füllten sich aufs neue mit Thränen.
    Auf weitere eindringliche Fragen, die Valdez an ihn richtete, erzählte er, daß jene Quivas mit ihrem Anführer das Dorf San-Salvador im Norden der Parima, wo er damals mit seinen Angehörigen wohnte, überfallen und alle Bewohner desselben hingeschlachtet hätten, daß seine Mutter dabei getödtet worden, während es seinem Vater und ihm noch gelungen wäre, sich zu retten. Dann wären sie hierher in den Wald geflohen und hätten jene Hütte errichtet, worin sie seit etwa zehn Monaten gelebt hätten.
    Ueber das Vorkommen von Quivas im Lande konnte Gomo keinerlei Auskunft geben. Sein Vater und er hatten nichts davon gehört, daß ihr Eintreffen in der Umgebung des Orinoco gemeldet worden wäre.
    »Und der Spanier, der des Nachts in Deine Hütte kam, hat von Euch wohl etwas über sie erfahren wollen? fuhr Valdez fort.
    – Ja… er wurde sehr wüthend, weil wir ihm nichts darüber sagen konnten.
    – Ist er dann bei Euch geblieben?
    – Ja, bis zum nächsten Morgen.
    – Nun und dann?…
    – Dann hat er verlangt, mein Vater sollte ihm nach der Seite der Sierra hin als Führer dienen.
    – Hat Dein Vater das gethan?
    – Nein, er hat es abgeschlagen.
    – Warum denn?
    – Weil er fürchtete, dabei mit Quivas zusammenzutreffen.
    – Und der Spanier?…
    – Der ist, als es Tag geworden war und er sah, daß wir ihn nicht führen wollten, erst allein fortgegangen.
    – Und also noch einmal wiedergekommen?…
    – Ja… ungefähr vier Stunden später.
    – Vier Stunden später?… Aus welchem Grunde?
    – Er hatte sich im Walde verirrt und konnte die Richtung nach der Sierra nicht finden. Diesmal bedrohte er uns mit dem Revolver und sagte, er würde uns tödten, wenn wir sein Verlangen nicht erfüllten.
    – Da hat Dein Vater nachgegeben?
    – Ja… mein Vater… mein armer Vater! schluchzte der arme Indianer. Der Spanier hatte ihn am Arme gepackt, zerrte ihn zur Hütte hinaus und zwang ihn, vor ihm herzugehen. Ich folgte Beiden nach. So ging es vielleicht eine Stunde lang weiter. Mein Vater, der den Mann nicht führen wollte, schlug Umwege ein, bei denen wir immer hier in der Nähe blieben. Ich sah das gleich, ich kenne ja den Wald. Der Spanier durchschaute es schließlich aber auch… er brauste auf, überhäufte meinen Vater mit Schimpfreden und drohte ihm nochmals. Da stürzte sich mein Vater, den jetzt der Zorn übermannte, auf den Spanier. Es kam zu einem nicht lange dauernden Ringen. Mein Vater war ohne Waffen und ich konnte ihm nicht helfen – plötzlich krachte ein Schuß und

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