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Der Strand von Falesa

Der Strand von Falesa

Titel: Der Strand von Falesa Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Dorf. Sie wissen einiges über Vigours und Adams, aber vielleicht haben Sie niemals was vom alten Underhill gehört, dem Vorgänger von Adams. Der war ein ruhiger, sachter, alter Knabe, wie ich mich erinnere, und plötzlich hörten wir, er sei gestorben: .Weiße sterben in Falesa sehr plötzlich. Die Wahrheit, wie ich sie jetzt hörte, machte mir das Blut erstarren. Wie es scheint, wurde er plötzlich von einer gänzlichen Lähmung betroffen; der ganze Mann war tot, außer seinem einen Auge, mit dem er beständig zwinkerte. Das Gerede ging, der hilflose alte Mann sei jetzt ein Teufel, und dieser gemeine Kerl, der Case, machte den Eingeborenen noch mehr Angst, indem er tat, als ob er ebenfalls Furcht hätte, und behauptete, er wage nicht allein in das Haus zu gehen. Schließlich wurde ein Grab gemacht und der lebende Mensch hineingelegt; dies geschah am äußersten Rand des Dorfes. Namu, mein Pastor, bei dessen Erziehung ich selber mitgeholfen hatte, sprach freiwillig ein Gebet bei diesem scheußlichen Vorgang!
    Ich fühlte mich selber in einer sehr schwierigen Lage. Vielleicht wäre es meine Pflicht gewesen, Namu anzuzeigen und für seine Absetzung zu sorgen. Vielleicht denke ich jetzt so; aber damals schien das nicht so ganz klar zu sein. Er hatte großen Einfluß, der sich möglicherweise als stärker erweisen konnte als der meinige. Die Eingeborenen sind zum Aberglauben geneigt; wenn ich diesen aufrührte, hätte ich möglicherweise die gefährlichen Wahngedanken nur verstärkt und weiterverbreitet. Abgesehen davon war Namu, bevor er unter diesen neuen, schlimmen Einfluß geriet, ein guter Pastor, ein geschickter Mensch und ein kluger Kopf. Woher sollte ich einen besseren nehmen; wie konnte ich auch nur einen ebenso guten finden? In jenem Augenblick, unter dem frischen Eindruck von Namus Verfehlung, erschien meine ganze Lebensarbeit als eine Narretei; jede Hoffnung war tot in mir. Lieber wollte ich die Werkzeuge, die ich hatte, ausbessern, als mich auf die Suche nach anderen machen, die sich sicherlich als noch schlechter erwiesen hätten; auch ist ein Ärgernis im besten Fall etwas, was man vermeiden soll, wenn es menschenmöglich ist. Mochte es also recht oder unrecht sein – genug, ich beschloß, ganz in aller Ruhe vorzugehen. Jene ganze Nacht hindurch nahm ich den in Irrtum verfallenen Pastor ins Gebet; ich überführte ihn seiner Unwissenheit und seines Mangels an Glauben, ich machte ihm klar, wie arg er sich benommen hätte, indem er mit verhärtetem Gemüt bei einem Mord mitgeholfen hätte, bloß weil er wie ein Kind vor ein paar Augenbewegungen eines vom Schlag getroffenen Kranken Angst gehabt hätte. Und lange bevor der Tag anbrach, hatte ich ihn auf seinen Knien, in die Tränen einer dem Anschein nach aufrichtigen Reue gebadet. Am Sonntagmorgen stieg ich auf die Kanzel und predigte aus Erste Könige neunzehn, über das Feuer, das Erdbeben und die Stimme, wies dabei auf die wirkliche geistige Kraft hin und bezog mich so deutlich, wie ich es wagen durfte, auf neuerdings vorgekommene Ereignisse in Falesa. Die Wirkung, die ich hervorrief, war groß, und sie wurde noch sehr verstärkt, als nun Namu aufstand und bekannte, er habe des Glaubens ermangelt, habe gefehlt und schwere Sünde begangen. Soweit war ja nun alles gut; aber ein unglücklicher Umstand war dabei: Die Zeit unserer ›Ernte‹ war nahe, nämlich die Zeit, in der die Beiträge der Eingeborenen für die Missionen in Empfang genommen werden. Es war meine Amtspflicht, hierauf hinzuweisen, und dies gab meinem Feinde eine Gelegenheit, die er sich flink zunutze machte.
    Die Nachricht von dem ganzen Vorgang muß Case überbracht worden sein, sobald die Kirche aus war, und an demselben Nachmittag noch führte er eine Gelegenheit herbei, mir mitten im Dorf auf der Straße zu begegnen. Er ging mit solcher Entschlossenheit und Kühnheit auf mich zu, daß ich fühlte, es würde meinem Werk Schaden bringen, wenn ich ihm auswiche.
    ›Aha!‹ sagte er auf kanakisch. ›Hier ist der heilige Mann! Er hat gegen mich gepredigt, aber das kam ihm nicht aus dem Herzen. Er hat über die Liebe zu Gott gepredigt; aber das hatte er nicht in seinem Herzen, das hatte er zwischen seinen Zähnen. Wollt ihr wissen, was in seinem Herzen war?‹ rief er. ›Ich will es euch zeigen!‹ Und damit schnippte er mit den Fingern nach meinem Kopf, tat, wie wenn er einen Dollar aus diesem herauszöge, und hielt ihn hoch in die Luft.
    Durch die Menge ging jenes Raunen, mit dem die

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