Der Strand von Falesa
zu beschützen, der an und für sich ein harmloses Ding ist, dann muß auch das Zeichen harmlos sein; geradeso wie eine Flasche, die weder gut noch böse ist. Denn das Zeichen ist weder gut: noch böse. Aber wenn die Flasche voll von Gin ist, dann ist der Gin böse; und wenn das Zeichen in Götzendienerei böse gemacht wird, so ist auch die Götzendienern böse.‹ Und wie man von einem Kanakenpastor erwarten kann, hatte er auch gleich einen Bibelspruch über die Austreibung von Teufeln zur Hand.
›Und wer hat Euch von dem Bösen Blick erzählt?‹ fragte ich ihn.
Er gestand, das habe Case getan. Nun, ich fürchte, Sie werden mich für sehr engherzig halten, Herr Wiltshire – aber ich muß Ihnen sagen: Das gefiel mir nicht, und ich kann überhaupt einen Händler nicht für den richtigen Mann halten, meinen Pastoren Rat zu geben oder Einfluß auf sie auszuüben. Außerdem war so ein Gerede im Lande gewesen über den alten Adams und daß er vergiftet worden sei; ich hatte nicht viel darauf geachtet, aber in diesem Augenblick kam es mir wieder ins Gedächtnis, und ich fragte Namu:
›Und führt denn dieser Case ein erbauliches Leben?‹
Er gab zu, daß dies nicht der Fall sei; denn wenn er auch nicht trinke, so sei er ausschweifend mit Weibern und habe keine Religion.
›Dann‹, sagte ich zu ihm, ›ist meine Meinung: Je weniger Ihr mit ihm zu tun habt, desto besser!‹
Aber es ist nicht so leicht, einem Mann wie Namu gegenüber das letzte Wort zu behalten. Er hatte im Nu wieder ein Gleichnis zur Hand und sagte: ›Misi, Sie haben mir gesagt, es gebe weise Männer, keine Pastoren, nicht einmal fromme Männer, die manche nützlichen Dinge wissen – zum Beispiel über Baumpflege und Viehzucht und wie man Bücher druckt und wie man Steine verbrennt, aus denen man dann Messer machen kann. Solche Männer unterrichten Sie auf Ihrer Universität; Sie lernen von ihnen, aber hüten sich davor, von ihnen zu lernen, wie man unfromm wird. Misi Case ist meine Universität!‹
Ich wußte nicht, was ich dazu sagen sollte. Vigours war offenbar durch Meister Cases Machenschaften von Falesa vertrieben worden, und es war nicht unwahrscheinlich, daß mein Pastor dabei mitgewirkt hatte. Es fiel mir ein, daß Namu mich wegen des alten Adams beschwichtigt hatte; er hatte das Gerücht auf den Groll des katholischen Priesters geschoben. Und ich sah, daß ich mich gründlicher aus einer unverdächtigen Quelle unterrichten mußte. Nun ist ein alter schurkischer Häuptling hier, Faiaso; vermutlich haben Sie ihn heute bei der Beratung gesehen; der ist sein ganzes Leben lang ein unruhiger, hinterlistiger Mensch gewesen, ein großer Aufruhranstifter, ein Unglück für die Insel und ein wahrer Dorn im Fleisch der Mission. Bei alledem ist er sehr schlau und sagt auch die Wahrheit, sofern nicht Politik oder seine eigenen schlimmen Streiche in Betracht kommen. Ich ging zu ihm in sein Haus, sagte ihm, was ich gehört hatte, und bat ihn, aufrichtig zu sein. Ich glaube, es war die peinlichste Unterredung, die ich in meinem ganzen Leben gehabt habe. Vielleicht werden Sie mich verstehen, Herr Wiltshire, wenn ich Ihnen sage, daß ich es vollkommen ernst nehme mit diesen ›Altweibergeschichten‹, die Sie mir vorwarfen, und daß ich es mit diesen Inseln so aufrichtig wohl meine, wie Sie selber nur bemüht sein können, Ihrer reizenden jungen Frau zu gefallen und sie zu beschützen. Und Sie müssen nicht vergessen, daß ich Namu für einen Mustermenschen hielt und stolz auf den Mann war, der eine von den ersten reifen Früchten der Mission war. Und nun mußte ich erfahren, daß er in eine Art Abhängigkeit von Case geraten war! Aus den Anfängen der Verbindung war ihm kein Vorwurf zu machen; sie begann zweifellos damit, daß Case durch Gaukeleien und listige Reden Namu in Furcht und Respekt versetzt hatte. Zu meinem Entsetzen aber mußte ich finden, daß in der letzten Zeit noch etwas anderes hinzugetreten war: daß nämlich Namu reichliche Einkäufe in dem Laden gemacht hatte und nach der allgemeinen Ansicht bei Case tief in Schuld stand. Jedes Wort, das der Händler sagte, glaubte Namu mit Zittern und Zagen. Und in dieser Beziehung stand er nicht allein; viele im Dorfe lebten in gleicher Abhängigkeit von Case; aber Namus Fall war der einflußreichste, durch Namu hatte Case am meisten Unheil angerichtet; da er eine gewisse Gefolgschaft unter den Häuptlingen und da er außerdem den Pastor in seiner Tasche hatte, war der Mann so gut wie Herr im
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