Der Streik
einem Punkt angelangt bist, an dem du Leistung verabscheust.“
„Ja, ist es nicht so? Ich verachtete diese Linie so sehr, dass ich diese Art von Ergebnis nicht sehen wollte.“
Er sah den Ausdruck plötzlicher Aufmerksamkeit auf ihrem Gesicht, den Ausdruck eines Gedankens, der in eine Bresche huschte, die ihm eine neue Richtung eröffnete. Er beobachtete sie eine Zeit lang, als wäre ihm jeder Schritt, den sie auf diesem neuen Weg gehen würde, bereits bekannt, dann lachte er leise und sagte: „Möchtest du mich jetzt nicht fragen: Wer ist John Galt?“
„Warum sollte ich das wollen? Und warum jetzt?“
„Erinnerst du dich nicht, dass du ihn herausgefordert hast zu kommen und sich die Linie zu holen? Nun, das hat er getan.“
Er ging weiter, ohne darauf zu warten, den Blick in ihren Augen zu sehen – einen Blick, in dem Wut und Verwirrung lagen und in dem zum ersten Mal zaghaft eine Frage aufschien.
Es waren seine Gesichtsmuskeln, die Rearden darauf aufmerksam machten, auf welche Weise er auf Franciscos Ankunft reagierte: Plötzlich merkte er, dass er lächelte und dass sein Gesicht sich während der letzten Minuten, in denen er Francisco d’Anconia in der Menge beobachtet hatte, in dem undeutlichen Wohlgefühl dieses Lächelns entspannt hatte.
Zum ersten Mal gestand er sich all die halb bewussten, halb verdrängten Augenblicke ein, in denen er an Francisco d’Anconia gedacht, den Gedanken jedoch von sich geschoben hatte, bevor er begriff, wie sehr er sich wünschte, ihn wiederzusehen. In Momenten plötzlicher Erschöpfung – an seinem Schreibtisch, wenn die Feuer seiner Schmelzöfen in der Dämmerung niederbrannten; in der Dunkelheit seines einsamen Nachhausewegs durch die kahle Landschaft zu seinem Landhaus; in der Stille seiner schlaflosen Nächte – hatte er sich dabei ertappt, wie er an den einzigen Mann dachte, der ihm einst als sein Sprecher erschienen war. Er hatte die Erinnerung beiseitegeschoben und sich gesagt: Aber dieser Mann ist schlimmer als all die anderen! – obwohl er sicher war, dass das nicht stimmte, aber nicht in der Lage zu sagen, woher er diese Sicherheit nahm. Er hatte sich dabei erwischt, wie er Zeitungen durchblätterte, um zu sehen, ob Francisco d’Anconia nach New York gekommen war – und er hatte die Zeitung fortgeworfen und sich wütend gefragt: Was, wenn er in der Stadt wäre? Würdest du ihm in Nachtclubs und auf Cocktailpartys nachspüren? Was willst du eigentlich von ihm?
Das wollte er von ihm, dachte er, als er beim Anblick von Francisco in der Menge lächeln musste, dieses seltsame Gefühl der Erwartung, das Neugierde, Vergnügen und Hoffnung enthielt.
Francisco schien ihn nicht bemerkt zu haben. Rearden wartete und kämpfte gegen den Wunsch an, sich ihm zu nähern; nicht nach dem Gespräch, das wir hatten, dachte er. Wozu? Was würde ich ihm sagen? Doch dann ging er mit diesem lächelnden, unbeschwerten Gefühl, sich sicher zu sein, dass er das Richtige tat, quer durch den Ballsaal zu der Gruppe, die Francisco d’Anconia umringte.
Als er diese Leute ansah, fragte er sich, warum sie sich zu Francisco hingezogen fühlten, warum sie ihn in einem klammernden Kreis eingeschlossen hielten, obwohl ihr Groll gegen ihn trotz ihres Lächelns so offensichtlich war. In ihren Gesichtern lag ein eigentümlicher Blick, der nicht auf Angst, sondern auf Feigheit hindeutete: ein schuldbewusster, ärgerlicher Blick. Francisco war an die Seite einer Marmortreppe gedrängt worden, halb auf die Stufen gestützt, halb auf ihnen sitzend. Die informelle Lockerheit seiner Haltung gab ihm zusammen mit der Strenge seiner Kleidung einen Anschein überragender Eleganz. Sein Gesicht war das einzige, das den unbeschwerten Blick und das strahlende Lächeln zeigte, das man brauchte, um eine Gesellschaft zu genießen. Seine Augen jedoch wirkten absichtlich ausdruckslos und zeigten keine Spur von Fröhlichkeit, sondern – wie ein Warnsignal – nichts als die Lebhaftigkeit eines erhöhten Wahrnehmungsvermögens.
Als Rearden unbemerkt am Rand der Gruppe stand, hörte er, wie eine Frau mit großen Diamantohrringen und einem schlaffen, nervösen Gesicht angespannt fragte: „Señor d’Anconia, was, glauben Sie, wird mit der Welt passieren?“
„Genau das, was sie verdient.“
„Oh, wie grausam!“
„Glauben Sie nicht an die Wirksamkeit des Moralgesetzes, Madam?“, fragte Francisco ernst. „Ich schon.“
Rearden hörte, wie Bertram Scudder außerhalb der Gruppe zu einem Mädchen, das
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