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Der Streik

Der Streik

Titel: Der Streik Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ayn Rand
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Mann, der mit zerzaustem Haar, rußverschmiertem Gesicht und rußfleckigen Armen in einem versengten Arbeitsanzug und einem blutbefleckten Hemd vor ihm auf der Schwelle stand, als trüge er einen Umhang, der sich hinter ihm im Wind blähte, war Francisco d’Anconia.
    Es schien Rearden, als eilte sein Bewusstsein seinem Körper voran, der sich nicht rühren wollte, vom Schock gelähmt war, während sein Verstand lachte und ihm sagte, dass dies das natürlichste, vorhersehbarste Ereignis der Welt war.
    Francisco lächelte, es war das Lächeln eines Freundes aus Kindertagen an einem Sommermorgen, als wäre niemals etwas anderes zwischen ihnen möglich gewesen – und Rearden lächelte unwillkürlich zurück, empfand dabei ungläubiges Staunen und wusste doch zugleich, dass es unwiderstehlich und richtig war.
    „Sie quälen sich seit Monaten“, sagte Francisco und trat auf ihn zu, „und fragen sich, wie Sie mich um Verzeihung bitten sollen und ob Sie das Recht haben, darum zu bitten, falls Sie mich jemals wiedersehen sollten – aber jetzt sehen Sie, dass es gar nicht nötig ist, dass es nichts zu erbitten oder zu verzeihen gibt.“
    „Ja“, begann Rearden, und seine Stimme war zunächst nur ein erstauntes Flüstern, doch als er den Satz zu Ende sprach, wusste er, dass dies der größte Tribut war, den er Francisco d’Anconia zollen konnte, „ja, ich weiß es.“
    Francisco setzte sich neben ihn auf die Couch und strich ihm langsam über die Stirn. Es war wie eine heilende Berührung, unter der sich die Wunde der Vergangenheit schloss.
    „Es gibt nur eines, was ich Ihnen sagen will“, sagte Rearden. „Ich möchte, dass Sie es von mir hören: Sie haben Ihren Schwur gehalten, Sie waren mein Freund.“
    „Ich wusste, dass Sie es wussten. Sie wussten es von Anfang an. Sie wussten es, gleichgültig, was Sie über meine Handlungen gedacht haben. Sie haben mich geohrfeigt, weil Sie sich nicht dazu bringen konnten, daran zu zweifeln.“
    „Das …“, flüsterte Rearden und sah ihn an, „ das war das eine, was ich kein Recht hatte, Ihnen zu sagen … was ich nicht als Entschuldigung in Anspruch nehmen durfte …“
    „Haben Sie nicht geglaubt, ich würde es verstehen?“
    „Ich wollte Sie finden … Ich hatte kein Recht, nach Ihnen zu suchen … Und die ganze Zeit waren Sie …“ Er deutete auf Franciscos Kleidung, dann ließ er hilflos die Hand sinken und schloss die Augen.“
    „Ich war Ihr Hochofenmeister“, sagte Francisco grinsend. „Ich dachte, Sie hätten sicher nichts dagegen. Sie haben mir die Arbeit selbst angeboten.“
    „Sie sind seit zwei Monaten als mein Leibwächter hier?“
    „Ja.“
    „Sie sind hier, seit …“ Er brach ab.
    „Ja. Am Morgen des Tages, an dem Sie meine Abschiedsbotschaft über den Dächern New Yorks lasen, habe ich mich hier zu meiner ersten Schicht als Hochofenmeister gemeldet.“
    „Sagen Sie mir“, begann Rearden bedächtig, „an jenem Abend auf James Taggarts Hochzeit, als Sie gesagt haben, Sie würden gerade Ihre größte Eroberung verfolgen … da haben Sie mich gemeint, nicht wahr?“
    „Selbstverständlich.“
    Francisco richtete sich auf, als bereitete er sich auf eine feierliche Aufgabe vor. Sein Gesicht war ernst, das Lächeln lag nun nur noch in seinen Augen. „Ich habe Ihnen sehr viel zu erzählen“, sagte er. „Aber zuerst: Werden Sie etwas wiederholen, was Sie mir einst angeboten haben und was ich … was ich zurückweisen musste, weil ich wusste, dass es mir nicht freistand, es anzunehmen?“
    Rearden lächelte. „Was denn, Francisco ?“
    Bejahend neigte Francisco den Kopf und erwiderte: „Danke, Hank .“ Dann hob er den Kopf. „Und jetzt erzähle ich dir das, was ich dir an dem Abend, an dem ich zum ersten Mal hier war, erzählen wollte, aber damals nicht mehr zu Ende geführt habe. Ich glaube, du bist jetzt bereit, es zu hören.“
    „Das bin ich.“
    Draußen vor dem Fenster wurde an einem Hochofen ein Abstich vorgenommen, und der grelle Widerschein flüssigen Stahls leuchtete weithin. Ein rotes Glühen wanderte langsam über die Wände des Büros, den verlassenen Schreibtisch und Reardens Gesicht – wie zum Salut und Abschied.

VII. „Hier spricht John Galt“
    D ie Türglocke klingelte wie ein Alarm, wie ein langer gebieterischer, zerrissener Schrei, ausgelöst von dem ungeduldigen, nervösen Finger am Klingelknopf.
    Als Dagny aus dem Bett sprang, bemerkte sie das kühle, blasse Licht der Vormittagssonne, und ihr Blick fiel auf eine

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