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Der Sturz aus dem Fenster

Der Sturz aus dem Fenster

Titel: Der Sturz aus dem Fenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
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beide. Sie saßen da, in Kates Büro, und beiden liefen die Tränen über das Gesicht. Jede ein Taschentuch in der Hand, sprachen sie weiter miteinander. Später sollte Kate diese Szene als etwas sehr Außergewöhnliches empfinden, aber in dem Augenblick nahm sie einfach den Gesprächsfaden wieder auf.
    »Ich muß Ihnen eine Frage stellen, Mrs. Jordan, die Ihnen die Polizei bestimmt auch schon gestellt hat. Hatte Arabella Kontakt zu bestimmten Leuten, einer Gruppe, von der wir möglicherweise nichts wissen?«
    »Nennen Sie mich lieber ›Ms.‹. Meine Firma benutzt es für alle Frauen, und mir gefällt das. Wen geht es was an, ob wir verheiratet sind oder nicht? Bei Männern weiß man es ja auch nicht, die sind einfach alle ›Mr‹. Ich weiß von keiner Gruppe, außer der an der Universität, und davon hat mir Humphrey erzählt. Arry hat sie mit keinem Wort erwähnt. Manchmal traf sie sich mit den Jungen aus ihrer High-School-Zeit, aber sie sprach nicht über sie. Ich war nicht einverstanden damit; ich hätte das nicht so deutlich zeigen sollen.
    Aber was nützt es, sich zu wünschen, man hätte alles anders gemacht. Ich habe mir die größte Mühe gegeben, das weiß ich, ich hatte sie so lieb.«
    Kate wollte die Frau in die Arme nehmen; das war natürlich un-möglich – aus vielen Gründen. Kates Impuls war ungewöhnlich, aber zumindest wußte sie, woher er rührte. Beide, Ms. Jordan und Ms.
    Fansler, verstanden den Zorn, den Arabella empfunden und gelebt hatte. Sie verstanden ihn aus dem Bauch heraus, weil sie Frauen waren, und Ms. Jordan verstand ihn um so besser, weil sie eine Schwarze war. Sie beide hatten nicht den Pulsschlag jeden Tages, jeder Stunde ihres Lebens von dieser Wut bestimmen lassen. Dennoch respektierten, bewunderten und – wenn auch widerwillig –
    beneideten sie Menschen wie Arabella, die ihre Wut weder hinunter-schluckten noch zügelten, um all den liberalen, rechtschaffenen Menschen dieser Welt zu gefallen. Kate war ebenso wie ihrer Gesprächspartnerin klar, daß die Vernünftigen, die hier zusammen in Kates Büro saßen, erst dadurch ihre Kämpfe auf so wohltemperierte Weise auszutragen in der Lage waren, weil die wirklich Zornigen den Grenzbereich okkupierten und damit den Kate Fanslers und Ms.
    Jordans dieser Welt das gemäßigte Zentrum überließen. Die Arabel-108

    las machten ihnen das möglich.
    »Ich kenne Ihren Vornamen nicht«, sagte Kate. »Ich heiße Kate.«
    »Paula. Arabella konnte nie verstehen, warum man ihr einen so
    ›jazzigen‹ Namen gegeben hatte. Alle in ihrer Schulklasse fanden, es sei ein typisch schwarzer Name. Ihre Mutter hat ihn ausgesucht, sie fand ihn einfach schön. Ich habe sie immer Arry gerufen, aber ihr Vater sagte Arabella.« Das war die erste Äußerung Paulas über ihren Mann, die einem Vorwurf nahekam. »Was werden Sie als nächstes tun?« fragte Paula.
    »Weiter mit allen möglichen Leuten reden. Nachdenken. Herumrätseln. Ich habe nie geglaubt, daß man ein Problem lösen oder Detektivarbeit leisten kann, indem man nur Hinweise oder Fakten sammelt, so wichtig die auch sein mögen. Alles, was geschieht, ist eine Geschichte. Meine Aufgabe ist, diese Geschichte aufzuspüren.
    Und das hoffe ich zu tun, indem ich mit möglichst vielen Leuten rede. Als nächstes steht Professor Adams’ Sekretärin auf der Liste.
    Ich hoffe, Sie bald wiederzusehen.«
    »Ab nächste Woche fange ich wieder an zu arbeiten. Aber rufen Sie mich abends an oder in meiner Firma. Hier ist meine Karte; ich habe meine Privatnummer auf die Rückseite geschrieben. Sollte ich ziemlich schweigsam sein, wenn Sie mich zu Hause anrufen, kann das daran liegen, daß ich meinen Mann nicht aufregen will; aber dann würde ich Sie zurückrufen.«
    »Gibt er mir die Schuld?« fragte Kate.
    »Ihnen, der Universität, den Jugendbanden, den Drogen und jedem, der sich weigert, ein anständiges bürgerliches Leben zu führen, obwohl er die Chance dazu hatte.«
    »Er versteht nicht, was Zorn ist«, wagte Kate sich vor.
    Paula nahm Kates Hand. »Nur seinen eigenen«, sagte sie traurig.
    Am nächsten Tag traf Kate Adams’ Ex-Sekretärin zum Lunch.
    Kate hatte sie in ein Restaurant eingeladen, weil sie einen Tapeten-wechsel brauchte; sie hoffte bloß, daß Susan Pollikoff ein gutes Essen zu schätzen wußte und nicht magersüchtig und leidend darin herumstochern würde, als sei es Gift.
    Ms. Pollikoffs gutgelaunte Begrüßung in dem Restaurant zer-streute Kates Befürchtungen. Susan Pollikoff war

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