Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sturz aus dem Fenster

Der Sturz aus dem Fenster

Titel: Der Sturz aus dem Fenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
Vom Netzwerk:
Zorn und warum?«
    »Wir können es natürlich nur vermuten. Wir schickten sie auf ei-ne Privatschule hier in New York, die sich gerne mit ›Minderheiten‹-
    Kindern schmückt. Arabella wurde aufgenommen und bekam sogar ein Stipendium, weil sie klug war und aus einem ›stabilen‹ Zuhause kam. Ich setze die Worte in Anführungszeichen« – Mrs. Jordan hielt beide Hände hoch und wackelte mit den Zeigefingern –, »weil ich glaube, wir alle waren gegen die Schule, ohne genau zu wissen, warum. Vielleicht hatten wir einfach das Gefühl, daß die uns nur für ihre Zwecke einspannten. Gleichzeitig dienten die unserem Interesse.
    Arabella bekam eine gute Schulbildung, so weit so gut, aber sie haßte jede Minute ihrer Schulzeit. Daß sie hübsch war, war nicht unbedingt eine Hilfe. Sie traf sich mit schwarzen Jungen, die nicht auf ihre Schule gingen, die sie in ihrer Wut bestärkten und ihr Drogen gaben. Ich war entsetzt, außer mir vor Angst und Sorge, und machte damit alles nur noch schlimmer. Auch ihr Vater war der Situation nicht gewachsen. Er redete auf sie ein wie die Direktorin ihrer Schule. Sie ist uns entglitten. Ich weiß von vielen unserer Freunde, daß ihnen die Söhne entgleiten, aber unsere Töchter haben wir meist an uns binden können. Jetzt nicht mehr. Es ist, als hätten wir durch unseren Aufstieg in die Mittelklasse und unseren berufli-chen Erfolg ihren Respekt verloren.«
    »Ich kann natürlich nur vermuten«, sagte Kate, »aber ich glaube, Arabella war dabei, sich zu verändern – Ihnen gegenüber und der Welt gegenüber. Vielleicht möchte ich das auch nur glauben, oder vielleicht wollte Humphrey, daß ich es glaube.« (Ganz plötzlich kam Kate der Gedanke, daß sie vielleicht nur deshalb so gut mit Humph-106

    rey auskam, weil er wie ein Weißer war, wie einer von den nettesten.
    Ein Gedanke, der Kate, warum, wußte sie nicht, zutiefst beunruhig-te.) »Hat die Polizei Andeutungen gemacht? Was vermuten die Kommissare?«
    »Sie haben keinen Beweis für einen Selbstmord, es gibt nicht den leisesten Hinweis darauf, und keiner, der Arabella kannte, hält das für möglich. Sie fraß nichts in sich hinein, sondern kehrte ihre ganze Wut nach außen. Wenigstens damit hatte sie recht. Auch was die Zielscheibe ihrer Wut betraf, war sie im Recht, nur mit ihrer Uner-bittlichkeit nicht. Aber wenn es kein Selbstmord war, wer oder was ist schuld an ihrem Tod? Ich dachte, Sie hätten vielleicht eine Idee.
    So, wie wir miteinander geredet haben, hoffe ich, daß Sie ehrlich zu mir sind.«
    »Ich bin mir sicher, daß der Mörder von Canfield Adams auch Arabella umgebracht hat. Sie muß zu einer unerträglichen Gefahr für ihn geworden sein. Es heißt, wer einmal getötet hat, tut es auch ein zweites Mal. Jedenfalls benutzte der Mörder dieselbe Methode; und mit Arabella hatte er leichteres Spiel: Sie war kleiner, zierlicher, vor dem Fenster gab es keinen breiten Sims, und keiner ging unten vorbei.«
    »Glauben Sie, sie ist deshalb nicht im Büro des Professors umgebracht worden? Das erscheint mir jetzt irgendwie einleuchtend, falls es überhaupt etwas Einleuchtendes in dieser Geschichte gibt.«
    »Ich stimme Ihnen zu. Aber die Studenten, besonders die an den Großstadtuniversitäten der Ostküste, reagieren heute hochempfind-lich auf jede Andeutung von Rassismus und sind bereit, bei jedem Angriff auf Schwarze auf die Barrikaden zu gehen. Wäre Arabella auf dem Campus ermordet worden, hätte es eine Revolte gegeben. Es hat auch so einiges Aufsehen gegeben, weil sie eine Kommilitonin war, aber wäre sie auf dem Universitätsgelände gestorben, hätte das einen Sturm der Empörung entfacht. Wie der Mörder jedoch in ihr Wohnzimmer gelangte – darüber kann ich nicht einmal Vermutun-gen anstellen. Er muß sehr clever sein.«
    »Wäre es nicht denkbar, daß jemand versuchte, sie zu bestechen, sie zu irgend etwas zwingen wollte, und es zu einem Kampf kam?«
    »Das ist die andere Möglichkeit. Daß nicht Adams’ Mörder der Täter war, sondern jemand, mit dem Arabella auf irgendeine Weise zu tun hatte. Ausschließen kann man es nicht; die Polizei neigt sogar zu dieser Annahme, wahrscheinlich, weil sie ihnen einfach besser behagt. Ich will das einfach nicht glauben. Aber natürlich kann ich 107

    mich irren. In diesem Fall scheine ich mich nur zu irren.«
    »Verlieren Sie nicht den Mut. Humphrey sagt, Sie tun Ihr Bestes
    – daß Sie das immer tun.« Mrs. Jordan stiegen die Tränen in die Augen, und plötzlich weinten

Weitere Kostenlose Bücher