Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Sturz aus dem Fenster

Der Sturz aus dem Fenster

Titel: Der Sturz aus dem Fenster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Amanda Cross
Vom Netzwerk:
hübsch mollig, ein Ausdruck, der für Kate, trotz ihrer eigenen Schlankheit, Angenehmes signalisierte, nämlich Fröhlichkeit und die Bereitschaft, alle Freuden, die das Leben bot, zu genießen. Außerdem war Susan Pollikoff, das wurde schnell klar, hochintelligent. Nachdem beide bestellt hatten, 109

    fragte Kate, warum sie ihren Job in Adams’ Fachbereich aufgegeben hatte.
    »Nennen Sie mich Susan«, sagte Ms. Pollikoff natürlich. »Ich habe mich immer dagegen gewehrt, wenn die Professoren Susan sagten, während ich sie Professor Dingsbums nannte, aber bei einer Professorin ist das was anderes. Ich fände es gut, alle Professorinnen mit ›Frau Professor‹ anzureden, einfach um klarzustellen, daß es auch Frauen an der Spitze der akademischen Leiter gibt. Bis vor kurzem waren es leider so wenige, daß man diesen löblichen Vorsatz kaum in die Tat umsetzen konnte. Jetzt sind Sie da und noch einige andere.«
    »Ich nehme an, Professor Adams war kein überwältigend sympathischer Mensch?«
    »Mein Gott, er war der überwältigend unsympathischste von all den aufgeblasenen Männern, die ich in meinem Leben kennengelernt habe, und das waren nicht gerade wenige. Ah!« Letzteres galt der Ankunft des Essens. Susan, die unverhohlen hungrig war und ihr Essen in Angriff nahm, gefiel Kate.
    »Im Grunde«, sagte sie zwischen zwei Bissen, »war Adams wie ein Überbleibsel aus einer vergangenen Epoche, die er als Ideal pries und wir als die Hölle empfunden hätten. Er flirtete mit den jungen Frauen und war unhöflich zu den älteren. Er hatte sich mehr Macht gekrallt, als gut war, und spielte sie mit solcher Arroganz aus, daß es einfach unglaublich war. Außerdem log er, wann immer es ihm paß-
    te, also fast die ganze Zeit. Und seine zahlreichen Fehler schob er immer anderen in die Schuhe. Ich hoffe, Sie halten mich nicht für gefühllos, aber als wir von seinem Tod hörten – zu dem Zeitpunkt hatte ich den Job schon aufgegeben, studierte wieder und bereitete mich auf das Examen vor –, nahmen wir an, er sei genauso aus dem Fenster geflogen, wie man aus einem Flugzeug fliegt – nur bei ihm war es nicht der Luftsog, der ihn hinausbeförderte, sondern der schiere Druck der Abneigung, die alle gegen ihn empfanden. Gutes mexikanisches Essen hier, wenn man bedenkt, daß es gar kein mexikanisches Restaurant ist.«
    »Waren Sie noch dort, als die schwarzen Studenten ein Büro auf demselben Flur bekamen?«
    »Ja, sie hatten gerade die Genehmigung erhalten. Und war der al-te Canfield nicht ein wahres Abbild der Barmherzigen Elisabeth oder deren männlichem Pendant, falls es das gibt! Er gefiel sich in der Rolle des Gönners. Er stellte den Raum auf seinem Flur zur Verfü-
    110

    gung, als würde er gnädig untervermieten, sah sich wahrscheinlich in der Rolle des Hausherrn. Um die Studenten ging es ihm natürlich gar nicht, denn die mochte er nicht, weil sie schwarz waren, aber andererseits war er zu allen so grob – außer denen, die ihm im Moment gerade nutzen konnten –, daß es schwer war, zwischen Rassismus und seiner normalen Gemeinheit zu unterscheiden. Arabellas Tod hat mich erschüttert. Damals, als sie und ihre Gruppe den Raum auf unserem Flur bekamen, habe ich sie ein bißchen näher kennengelernt. Sie hatte den Mut, Unruhe zu stiften. Canfield dagegen hätte es natürlich am liebsten gesehen, wenn seit der Zeit, als Nicholas Mur-ray Butler seine Präsidentschaft an der Columbia Universität antrat, die ungefähr ein halbes Jahrhundert dauerte, Ruhe in Akademia geherrscht hätte. Wie man hört, wollen Sie den Mord an Arabella aufklären. Hoffentlich erwischen Sie das Schwein. Ich hätte Adams für den Mörder gehalten, wenn er nicht schon tot gewesen wäre.
    Außerdem hätte er sich wohl nie über die Sechsundneunzigste Straße hinausgetraut.«
    Kate kam zu dem Schluß, daß Susans köstlicher Plauderstil von den vielleicht exzessiv benutzten Relativsätzen herrührte, war aber nicht in der Stimmung, spitzfindige Analysen der Syntax anzustellen.
    »Könnten Sie mir mehr über Adams erzählen?« fragte Kate. »Ich nehme an, er war alles andere als das Salz der Erde. Aber alle, mit denen ich geredet habe, sind so überwältigt von seiner Widerwärtig-keit, daß sie kaum ein konkretes Beispiel dafür genannt haben. Fallen Ihnen ein oder zwei ein?«
    »Mir fallen dreißig oder vierzig ein, aber lassen Sie mich selektiv sein, eine Gabe, die ich mir gerade anzueignen versuche. Er war ein Solipsist höchster Güte. Er hielt

Weitere Kostenlose Bücher