Der Südstern oder Das Land der Diamanten
besser als zwanzig andere Beschäftigungen, die er schon versucht hatte. Sein hauptsächlichster Quälgeist war und blieb aber Annibal Pantalacci. Dieser Mensch verschuldete sein ganzes Elend, und ohne ihn hätte er sich vielleicht mit der immerhin zweifelhaften Existenz im Griqualand ausgesöhnt. Nur um dessen ewigen Quälereien zu entgehen, war in ihm der Entschluß gereist, sich das Leben zu nehmen.
Cyprien stärkte den armen Kerl, versprach ihm, ihn gegen den Neapolitaner zu schützen, gab ihm alle Leibwäsche zum Waschen, die er nur finden konnte, und schickte ihn nicht allein getröstet, sondern auch geheilt von dem Aberglauben seines Haaranhängsels nach Hause.
Und auf welche Weise war das dem jungen Ingenieur gelungen? Er hatte Lî einfach, aber sehr ernst erklärt, der Strick eines Gehenkten bringe Glück, und daß sein Pech jetzt, wo er seinen Zopf in der Tasche tragen könne, jedenfalls sein Ende nehmen werde.
»Nun, wenigstens kann Pantalacci ihn mir nicht mehr abschneiden!«
Diese echt chinesische Betrachtung vollendete dann die Cur.
Fußnoten
1 So nennt man die Leute, welche zur Aufsuchung eines Lagers von Mineralien oder werthvollen Steinen ausziehen, indem sie sich entweder rein auf den Zufall verlassen, solche zu entdecken, oder auch in mehr systematischer Weise dabei zu Werke gehen.
Siebentes Capitel.
Der Einsturz.
Fünfzig Tage waren verflossen, ohne daß Cyprien einen einzigen Diamanten in seiner Grube gefunden hätte. Mehr und mehr wurde ihm das Geschäft als Minengräber zuwider; es erschien ihm als albernes Glücksspiel, so lange Einer nicht Capital genug besaß, um einen Claim erster Güte zu kaufen und gleich ein Dutzend Kaffern anzustellen, die diesen bearbeiteten.
Eines Morgens ließ Cyprien Matakit und Bardik allein mit Thomas Steel nach der Grube gehen und blieb selbst im Zelte zurück. Er wollte noch auf einen Brief seines Freundes Pharamond Barthès antworten, der ihm durch einen auf der Rückreise nach dem Cap befindlichen Elfenbeinhändler von sich hatte Nachricht zugehen lassen.
Pharamond Barthès war höchst befriedigt von seinem Jägerleben und dessen Abenteuern. Er hatte schon drei Löwen, sechzehn Elephanten, sieben Tiger und eine Unzahl Giraffen und Antilopen erlegt, ohne das eßbare Wild zu rechnen.
»Wie die historischen Eroberer, schrieb er, ernährte er den Krieg durch den Krieg. Er erhielt von der Jagdbeute nicht allein das ganze kleine Expeditionscorps, das er mitgenommen, sondern es wäre ihm auch ein Leichtes gewesen, wenn er nur gewollt hätte, durch den Verkauf von Fellen und Elfenbein oder durch Tauschhandel mit den Kaffernstämmen, bei denen er sich befand, einen recht ansehnlichen Gewinn zu erzielen.«
Sein Brief schloß mit den Worten:
»Solltest Du nicht Lust verspüren, mit mir einen Ausflug nach dem Limpopo zu unternehmen? Dort werd’ ich Ende kommenden Monats eintreffen und denke längs desselben bis zur Delagoa-Bai hinabzuziehen, um mich zur See nach Durban zu begeben, wohin ich mich verpflichtet habe, meine Basutos zurückzuführen…. Verlasse also Dein schreckliches Griqualand für einige Wochen und stelle Dich baldigst bei mir ein….«
Cyprien durchlas diesen Brief eben noch einmal, als eine furchtbare Detonation, der ein gewaltiger Lärm im Lager folgte, ihn eiligst aus dem Zelte heraustrieb.
Eine Menge Diamantengräber stürmten in großer Unordnung und Erregung nach der Mine zu.
»Ein Einsturz!« schrie man von allen Seiten.
Die letzte Nacht war nämlich sehr frisch, fast eisig kalt gewesen, während der vorhergegangene Tag zu den wärmsten gezählt werden konnte, die man hier seit langer Zeit erlebt hatte Gewöhnlich haben solche schroffe Temperaturveränderungen in den frei zu Tage liegenden Erdschichten Zusammenziehungen zur Folge, welche nicht selten mit solchen Zusammenbrüchen endigen.
Cyprien beeilte sich natürlich ebenfalls nach der Kopje zu kommen. Hier übersah er mit einem Blick, was vorgegangen war.
Eine ganz gewaltige Erdwand von wenigstens sechzig Meter Höhe und zweihundert Meter Länge hatte sich vertical gespalten und zeigte nun einen Riß, wie die Bresche einer niedergelegten Befestigung. Mehrere hundert Centner Kies hatten sich dabei losgelöst und waren in die Claims hinabgerutscht, welche sie mit Sand, Trümmern und Kieselsteinen erfüllten. Alles, was sich in jenem Augenblicke auf dem Kamme der Wand befand, Menschen, Büffel und Karren, war mit einem Male hinuntergeschleudert und lag nun im Grunde.
Zum Glück
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