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Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Titel: Der Südstern oder Das Land der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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zwölfpferdigen Dampfmaschine hätte mit »Armöl« poliren wollen, konnte er dazu keinen größeren Kraftaufwand brauchen.
     

    Alice hörte Cyprien zu. (Seite 85.)
     
    Seine Bemühungen führten denn auch bald einen guten Erfolg herbei. Die Leichenstarre des jungen Kaffern schien allmählich nachzulassen, die Temperatur der Haut hob sich ein wenig. Cyprien, der am Herzen auf das Zeichen wiedererwachenden Lebens lauschte, glaubte unter seiner Hand ein leises Zittern von guter Vorbedeutung zu verspüren.
    Bald wurden diese Symptome deutlicher. Der Puls fing an zu schlagen; ein leichter Athemzug hob kaum fühlbar die Brust Matakit’s. Diesem folgte eine schon kräftigere Ausathmung und ließ nun auf vollständiges Gelingen dieser Bemühungen hoffen. Plötzlich wurde der schwarze Körper bis zu den Füßen durch zweimaliges herzhaftes Niesen erschüttert. Bis dahin noch bewegungslos, öffnete jetzt Matakit plötzlich die Augen, athmete und kam auch wieder zum Bewußtsein.
    »Hurrah! Hurrah! Der arme Teufel ist gerettet! rief Thomas Steele, der schweißtriefend nun seine Reibungen einstellte. Aber sehen Sie nur, Herr Méré, er läßt den Erdkloß noch immer nicht los, den er in den zusammengedrückten Fingern hält!«
    Der junge Ingenieur hatte noch ganz andere Sorge, als sich um einen so bedeutungslosen Umstand zu kümmern. Er flößte seinem Patienten einen Löffel voll Rum ein und richtete ihn auf, um ihm das Athmen zu erleichtern. Endlich, als dieser ganz wieder zum Leben gekommen war, wickelte er ihn in seine Decken und trug ihn mit Hilfe von zwei oder drei gutmüthigen Männern nach seiner eigenen Wohnung in der Farm Watkins.
    Hier wurde der arme Kaffer in sein Bett gelegt. Bardik reichte ihm eine Tasse heißen Thee. Nach Verlauf einer Viertelstunde verfiel Matakit in ruhigen, friedlichen Schlaf: er war gerettet.
    Cyprien empfand im Herzen eine so unvergleichliche Leichtigkeit, die dem Menschen zu Theil wird, der ein Menschenleben den Klauen des Todes entrissen hat. Wenn nun Thomas Steele und die anderen Helfer, welche sich von ihren therapeutischen Uebungen stark angegriffen fühlten, ihren Erfolg in der nächstgelegenen Cantine feierten und denselben mit einem Strom Bier begossen, blieb Cyprien bei Matakit zurück, nahm ein Buch zur Hand und unterbrach nur seine Lectüre, um Jenen noch schlafen zu sehen, wie ein Vater, der den Schlummer seines wieder genesenden Sohnes überwacht.
    Seit den sechs Wochen, welche Matakit nun in Cypriens Diensten stand, hatte dieser nur Veranlassung gehabt, mit Jenem zufrieden, ja, über ihn erstaunt zu sein. Seine Intelligenz und Gelehrigkeit, sein Arbeitseifer waren gar nicht zu übertreffen. Er war verläßlich, gutmüthig, gefällig und von besonders sanftem und heiterem Charakter. Keine Arbeit wies er zurück, keine Schwierigkeit erschien seinem Muthe unüberwindlich. Zuweilen sagte sich wohl der junge Mann, daß kaum ein Franzose, wenn er dieselben Fähigkeiten besaß, soviel hätte leisten können, wie dieses wilde Kind der Natur. Und hier wohnten so kostbare Gaben unter der schwarzen Haut und dem Wollkopfe eines armen Kaffern!
    Dennoch hatte Matakit einen Fehler – sogar einen recht schlimmen Fehler – der offenbar auf seine frühere Erziehung und auf die gar zu laxen Sitten zurückzuführen sein mochte, die in seinem Kraal jedenfalls herrschten. Sollen wir ihn verrathen? Matakit wurde zuweilen, fast unbewußt, zum Diebe. Sah er einen Gegenstand, der ihm gefiel, so hielt er es für ganz natürlich, sich denselben anzueignen. Vergeblich machte ihm sein Herr wegen dieser lasterhaften Neigung sehr ernsthafte Vorwürfe. Vergeblich drohte er ihn wegzujagen, wenn er sich bei solchen Diebereien ertappen ließe. Matakit versprach davon abzulassen, er weinte, er bat um Verzeihung, und wenn er am nächsten Tage dazu Gelegenheit fand, fing er’s doch von Neuem an.
    Seine Neigung verführte ihn keineswegs zur Entwendung besonders werthvoller Dinge; im Gegentheil, im Allgemeinen beschränkte er sich auf Kleinigkeiten, auf ein Messer, eine Cravate, einen Bleistift oder irgend eine ähnliche Lappalie. Cyprien aber schmerzte es darum nicht minder, einen solchen Fehler bei einer sonst so gut angelegten Natur zu entdecken.
    »Warten wir!… Hoffen wir das Beste! sagte er für sich. Vielleicht gelingt es mir, ihm klar zu machen, daß es Unrecht ist, zu stehlen!«
    Und während er den Schläfer betrachtete, dachte er an diese auffälligen Contraste, die er sich nur durch die

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