Der Südstern oder Das Land der Diamanten
sollten.
Cyprien war durch ihren Anblick ordentlich gerührt. Er verständigte sie durch Zeichen, ein wenig zu warten, und begab sich nach dem Wirthshause, wo er gewöhnlich aß. Hier bestellte er einen tüchtigen Kessel voll mit Wasser angerührtem Maismehl und ließ diesen nebst einigen Büchsen conservirtem Fleisch und zwei Flaschen Rum den armen Teufeln hinbringen.
Dann machte er sich’s zum Vergnügen, zuzusehen, wie diese sich über das Mahl hermachten, das für sie noch ganz neu schien.
Wahrlich, man hätte glauben können, Schiffbrüchige vor sich zu sehen, die nach vierzehntägigem Fasten und schweren Entbehrungen von einem Flosse gerettet worden wären. Sie verschlangen Alles mit einer Gier, daß sie nach Verlauf einer Viertelstunde wie eine Bombe hätten platzen können. Aus Rücksicht auf ihre Gesundheit mußte diesem Liebesmahle ein Ziel gesetzt werden, sonst wäre wahrscheinlich die ganze Gesellschaft einfach erstickt.
Nur einer der Neger, ein Bursche von intelligentem Aussehen und seiner Erscheinung nach der jüngste von Allen, hatte sich bei der Stillung seines Heißhungers doch einige Zurückhaltung auferlegt; und was noch auffallender ist, er versuchte auch, seinem Wohlthäter zu danken, woran die Anderen gar nicht dachten So näherte er sich Cyprien, ergriff mit ungekünstelter und nicht ungraziöser Bewegung dessen Hand und legte sie auf seinen Krauskopf.
»Wie heißt Du? fragte ihn auf gut Glück der junge Ingenieur, dem dieser Zug von Erkenntlichkeit wohlgefiel.
Der Kaffer, welcher zufällig einige englische Worte verstand, antwortete sofort:
»Matakit!«
Sein offener vertrauenerweckender Blick machte auf Cyprien einen recht guten Eindruck, deshalb kam ihm auch der Gedanke, den wohlgewachsenen jungen Mann in seinem Claim arbeiten zu lassen, und diese Idee konnte nur gut sein.
»Es ist ja weiter nichts, sagte er für sich, als was alle Welt hier im Districte thut. Für den armen Kaffer ist es jedenfalls besser, mich zum Herrn zu haben, als einem Pantalacci in die Hände zu fallen.«
Dann fuhr er fort:
»Nun, Matakit, Du kamst doch wohl hierher, um Arbeit zu suchen? fragte er diesen.
Der Kaffer bejahte das durch ein Zeichen.
»Willst Du bei mir arbeiten? Ich werde für Deine Nahrung sorgen, Dir die Werkzeuge liefern und noch zwanzig Schilling den Monat geben.«
Das war der gewöhnliche Tarif, und Cyprien wußte, daß er nicht mehr anbieten durfte, ohne den Zorn des ganzen Lagers auf sich zu laden. Im Stillen behielt er sich aber vor, diesen geringfügigen Lohn durch Geschenke an Kleidungsstücken, Eßgeschirr und was sonst in den Augen eines Kaffern von Werth erscheint, aufzubessern.
Statt aller Antwort zeigte Matakit lachend die zwei Reihen seiner weißen Zähne und legte nochmals die Hand seines Beschützers auf den Kopf. Der Contract war damit abgeschlossen.
Cyprien führte also seinen neuen Diener sogleich mit sich fort. Er nahm aus seinem Koffer ein leinenes Beinkleid, ein Flanellhemd und einen alten Hut und gab das Matakit, der kaum seinen Augen trauen mochte. Sich gleich bei seiner Ankunft im Lager auf so kostbare Art bekleidet zu sehen, das überstieg weit die kühnsten Träume des armen Teufels. Er wußte seine Erkenntlichkeit und Freude gar nicht auszudrücken und hüpfte, lachte und weinte gleichzeitig
»Matakit, Du scheinst mir ein guter Bursche zu sein, sagte Cyprien. Ich sehe wohl, daß Du ein wenig Englisch verstehst. Kannst Du denn kein einziges Wort sprechen?«
Der Kaffer verneinte durch ein Zeichen.
»Nun, wenn es so steht, werd’ ich es unternehmen, Dich französisch zu lehren!« erklärte Cyprien.
Ohne Zögern begann er mit seinem Schüler die erste Lection, indem er ihm die Namen der gewöhnlichsten Gegenstände nannte und diese wiederholen ließ.
Matakit erwies sich dabei nicht nur als ein braver Bursche, sondern auch als recht guter Kopf, der ein außergewöhnliches Gedächtniß besaß.
Binnen kaum zwei Stunden hatte er mehr als hundert Worte gelernt und sprach diese auch ziemlich richtig aus.
Erstaunt über eine solche Fassungsgabe, beschloß der junge Ingenieur, sich diese ehrlich zu nutze zu machen.
Der junge Kaffer brauchte sieben bis acht Tage Ruhe und stärkende Nahrung, um sich von den Strapazen seiner Reise zu erholen und in den Stand zu kommen, arbeiten zu können. Diese acht Tage wurden indeß von seinem Lehrer ebenso wie von ihm so vortrefflich angewendet, daß Matakit am Ende der ersten Woche schon im Stande war, seine Gedanken, wenn
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