Der Südstern oder Das Land der Diamanten
auch noch uncorrect, doch jedenfalls genügend verständlich, französisch auszudrücken.
Cyprien veranlaßte ihn nun, seine Lebensgeschichte zu erzählen. Diese war sehr einfach.
Matakit kannte nicht einmal den Namen seines Heimatlandes, das an der Seite der Berge lag, wo die Sonne aufgeht. Er konnte nur mittheilen, daß die Menschen dort ein sehr elendes Dasein fristeten. Dann hatte er, dem Beispiele einiger ausgewanderter Krieger seines Stammes folgend, sein Glück versuchen wollen und war wie sie nach den Diamantenfeldern gewandert.
Was hoffte er wohl hier zu gewinnen? Nichts als einen rothen Mantel und zehnmal zehn Silberstücke.
Die Kaffern verachten nämlich das Gold. Das rührt von einem unausrottbaren Vorurtheile her, welches die ersten mit ihnen Handel treibenden Europäer den rohen Naturkindern beigebracht haben.
Und was dachte der ehrgeizige Matakit mit seinen Silberstücken anzufangen? Nun, er wollte sich einen rothen Mantel, eine Flinte und Pulver verschaffen und dann nach seinem Kraal zurückkehren. Hier würde er sich eine Frau kaufen, die für ihn arbeiten und sein Maisfeld bestellen müßte. Unter solchen Verhältnissen wäre er dann ein hervorragender Mann, fast ein Häuptling. Alle würden ihn um seine Flinte und sein großes Vermögen beneiden, bis er einst, hoch an Jahren und Ansehen, zu seinen Vätern heimging. Das war Alles ziemlich einfach.
Cyprien verfiel bei Anhörung dieses bescheidenen Programms doch in Nachdenken. Sollte er dasselbe zu ändern versuchen, den Horizont des armen
Cyprien erkannte den Chinesen. (S. 74.)
Wilden erweitern, ihm würdigere Ziele des Strebens zeigen als einen rothen Mantel und ein altes Steinschloßgewehr? Oder war es nicht besser, ihn seiner unschuldigen Unwissenheit zu überlassen, um in seinem Kraal in Frieden das Leben, welches er wünschte, zu beschließen? Das war eine schwierige Frage, welche der junge Ingenieur nicht so leicht zu lösen wagte, die aber Matakit selbst sehr bald ganz verschwinden ließ.
Kaum nämlich der ersten Elemente der französischen Sprache mächtig, zeigte der junge Kaffer einen geradezu außerordentlichen Drang zum Lernen.
Er fragte ohne Unterlaß, wollte Alles wissen, den Namen jedes Gegenstandes, seine Anwendung und seinen Ursprung. Dann betrieb er wieder leidenschaftlich Lesen, Schreiben und Rechnen. Er war mit einem Worte unersättlich.
Cyprien kam auch bald zu einem Entschlusse. Gegenüber einer so unleugbaren Beanlagung durfte er nicht zaudern. Er entschloß sich also, Matakit jeden Abend eine Stunde Unterricht zu ertheilen, da Letzterer wirklich, außer seinen Arbeiten in der Mine, jede Minute seiner weiteren Ausbildung widmete – Erfreut über diesen merkwürdigen Eifer, übernahm es Miß Watkins, mit dem jungen Kaffern seine Lectionen zu wiederholen. Dieser sagte sie übrigens stets für sich selbst her, ob er nun im Grunde des Claim mit der Hacke arbeitete, die Eimer emporwand oder die Kiesel aussonderte.
Alles, was sich auf der Wand befunden… (S. 78.)
Die Beharrlichkeit bei seinem Werke war so ansteckend, daß sie auf das ganze Personal gleich einer wohlthätigen Epidemie überging, und die Arbeit in der Mine jetzt mit weit mehr Sorgfalt als früher betrieben zu werden schien.
Auf Empfehlung Matakits hatte Cyprien nämlich noch einen anderen Kaffer aus demselben Stamme, Namens Bardik, gemiethet, dessen Eifer und Intelligenz ebenso alle Achtung verdienten.
Da ereignete sich für den Ingenieur ein glücklicher Umstand, der ihm bisher noch nie wiederfahren war; er fand einen Stein von sieben Karat, den er sofort für fünftausend Francs an den Händler Nathan verkaufte.
Das war in der That ein recht gutes Geschäft. Ein Diamantengräber, der von seiner Arbeit nur einen normalen Erfolg erwartet, hätte sich damit recht wohl befriedigt erklären können. Ja, gewiß. Cyprien freilich konnte das nicht.
»Wenn ich alle zwei oder drei Monate ein solches Glück habe, sagte er, bin ich damit etwa einen Schritt weiter gekommen? Es ist nicht ein Diamant von sieben Karat, was ich brauche, sondern tausend oder fünfzehnhundert solcher Steine… wenn mir nicht Miß Watkins entgehen soll, um jenem James Hilton oder einem anderen Bewerber von gleich geringem Werthe in die Hände zu fallen.«
Cyprien überließ sich gerade eines Tages solchen Gedanken, als er nach dem Frühstück bei drückender Hitze und quälendem Staube – jenem röthlichen, blendenden Staube, der die Atmosphäre der Diamantenlager
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