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Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Der Südstern oder Das Land der Diamanten

Titel: Der Südstern oder Das Land der Diamanten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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in’s Gesicht… er erwachte endlich aus seiner Betäubung.
    »Der Diamant! kreischte er mit entsetzlicher Stimme. Der Diamant! Wer hat den Diamanten genommen?«
    – Daß Niemand hier weggeht, meine Herren!« befahl der Anführer der Polizei-Abtheilung, der schon den Ausgang des Saales besetzen ließ.
    Alle Tischgenossen sahen sich erschreckt an und tauschten ihre Meinung mit gedämpfter Stimme gegenseitig aus. Nicht fünf Minuten waren verflossen, als die Meisten von ihnen den Diamanten gesehen, oder wenigstens zu sehen geglaubt hatten. Trotzdem konnte sich Niemand der Thatsache verschließen, daß der Diamant verschwunden war.
    »Ich verlange, daß alle Anwesenden visitirt werden, ehe sie weggehen! schlug Thomas Steele mit seiner gewöhnlichen Geradheit vor.
    – Ja!… Ja!…« antwortete die Versammlung scheinbar einstimmig.
    Dieser Vorschlag schien John Watkins einen Schimmer von Hoffnung wiederzugeben.
    Der Polizei-Officier ließ also alle Tischgäste längs einer Seite des Raumes aufstellen und begann dieselben nacheinander der peinlichsten Untersuchung zu unterziehen. Er drehte alle ihre Taschen um, ließ sie die Schuhe ausziehen und überall an der Kleidung betasten. Dann verfuhr er ganz ebenso mit seinen eigenen Leuten. Endlich mußten die Gäste einzeln an ihm vorübergehen und wurden dabei noch mehrmals der genauesten Besichtigung unterworfen.
    Diese Untersuchungen führten zu keinem Resultate.
    Alle Ecken und Winkel des Raumes wurden sodann mit größter Gewissenhaftigkeit abgesucht. Nirgends fand sich auch nur eine Spur von dem Diamanten.
    »So sind nur noch die Kaffern übrig, die bei der Tafel aufgewartet haben, sagte der Polizeiofficier, der nicht gern unverrichteter Sache abziehen wollte.
    – Das ist klar!… Die Kaffern sind es gewesen! tönte ihm als Antwort entgegen. Sie sind von Natur Diebe genug, um diesen Streich ausgeführt zu haben.«
    Die armen Teufel hatten sich indeß schon vorher zurückgezogen, ehe John Watkins seinen Toast ausbrachte, da sie nicht mehr vonnöthen waren. Sie kauerten draußen Alle zusammen um ein großes Feuer, das unter freiem Himmel emporloderte, und nachdem sie von übriggebliebenem Fleisch sich ein Gütchen gethan, begannen sie eben ein Concert, wie es im Kaffernlande Mode ist. Aus einer Kürbisflasche bestehende Guitarren, Flöten, welche mit der Nase angeblasen wurden, hellklingende Tamtams aller Art intonirten eben das ohrzerreißende Geräusch, welches jeder musikalischen Aufführung der Eingebornen Südafrikas vorhergeht.
    Die Kaffern verstanden zuerst gar nicht recht, was man von ihnen wollte, als sie zurückgerufen wurden, um bis auf ihre mangelhafte Bekleidung untersucht zu werden. Sie begriffen nun, daß es sich um den Diebstahl eines Diamanten von hohem Werthe handelte.
    Wie die vorhergehenden Untersuchungen, erwies sich auch diese völlig fruchtlos.
    »Wenn sich der Dieb unter den Kaffern befindet – und er muß unter diesen zu suchen sein – so hat er zehnmal Zeit genug gehabt, seinen Diebstahl an sicherem Ort zu verbergen! bemerkte sehr richtig einer der Tischgäste.
    – Das liegt auf der Hand, stimmte der Polizei-Officier zu, und es gibt vielleicht nur ein Mittel, sie zum Geständniß zu bringen, indem wir ihnen einen Wahrsager aus ihrem eigenen Stamme auf den Hals schicken. Einem solchen gelingt es nicht so selten…
    – Wenn Sie gestatten, fiel da Matakit ein, der sich noch bei seinen Landsleuten befand, so will ich den Versuch vornehmen!«
    Das Anerbieten wurde ohne Zögern angenommen, und die Gäste bildeten einen Kreis um die Kaffern. Dann ging Matakit, der ja in der Rolle eines Wahrsagers geübt war, daran, seine Vorbereitungen zu treffen.
    Zunächst begann er damit, zwei oder drei tüchtige Prisen Tabak aus der Horndose zu nehmen, die ihn niemals verließ.
    »Ich werde jetzt zur Ruthenprobe vorschreiten!« kündigte er nach dieser einleitenden Procedur an.
    Er holte darauf von einem nahestehendem Busche zwanzig dünne Zweige, die er genau abmaß und ganz gleichmäßig, nämlich auf zwölf Zoll englisch zuschnitt. Dann vertheilte er diese unter die Kaffern, welche in Reih’ und Glied standen, nachdem er für sich selbst eine solche Ruthe bei Seite gelegt hatte.
    »Jetzt mögt Ihr eine Viertelstunde hingehen, wohin ihr wollt, sagte er feierlichen Tones zu seinen Landsleuten, und ihr werdet nicht eher wiederkommen, als bis ihr ein Tam-tam anschlagen hört. Wenn sich der Dieb unter Euch befindet, so wird seine Ruthe um drei Querfinger

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