Der Südstern oder Das Land der Diamanten
Verhältnissen natürlich erscheint, gestaltete sich die Verabschiedung ziemlich kurz und beschränkte sich nur auf einen gegenseitigen Händedruck. Was hätten sie auch sprechen sollen, diese Rivalen, die zwar miteinander aufbrachen und sich doch im Grunde gegenseitig zum Teufel wünschten.
Nach Hause zurückgekehrt, fand Cyprien Lî und Bardik. Seit seinem Dienstantritte bei ihm, hatte der junge Kaffer sich stets voller Eifer gezeigt. Der Chinese und er schwatzten eben ein wenig auf der Schwelle der Thür und der junge Ingenieur kündigte ihnen an, daß er in Gesellschaft Friedel’s, James Hilton’s und Annibal Pantalacci’s abreisen werde, um die Verfolgung des davongegangenen Matakit aufzunehmen.
Da wechselten Beide einen Blick – nur einen einzigen; dann traten sie näher heran, ohne ein Wort über den Flüchtling selbst fallen zu lassen.
»Väterchen, sagten sie zusammen, nimm uns auch mit, wir bitten Dich inständig darum!
– Euch mitnehmen?… Und wozu?
– Um Dir den Kaffee, das Essen zu bereiten, antwortete Bardik.
– Und um Deine Wäsche in Stand zu halten, ließ Lî sich vernehmen.
– Um Uebelthäter zu hindern, daß sie Dir Schaden zufügen!« schlossen Beide, als ob sie sich verabredet hätten.
Cyprien betrachtete sie mit einem dankbaren Blicke.
»Gut, erklärte er, ich nehme Euch, da Ihr es ausdrücklich wünscht, Beide mit!«
Hierauf suchte er noch den alten Jacobus Vandergaart auf, dem er ein Lebewohl sagte und der es weder billigte noch mißbilligte, daß Cyprien sich dieser Expedition anschloß, aber ihm noch die Hand drückte und glückliche Reise wünschte.
Am folgenden Morgen, als er sich in Begleitung seiner beiden treuen Diener nach dem Lager von Vandergaart begab, um den Eilwagen nach Potchefstrom zu besteigen, richtete der junge Ingenieur noch einmal die Augen nach der Farm Watkins, welche noch in tiefem Schlummer zu liegen schien.
War es eine Täuschung? Er glaubte hinter dem weißen Mousselin eines der Fenster eine leichte Gestalt wahrzunehmen, die im Augenblicke, als der Wagen fortrollte, ihm noch ein letztes Lebewohl zuwinkte.
Dreizehntes Capitel.
Durch den Transvaal.
In Potchefstrom hörten die vier Reisenden, daß ein junger Kaffer, dessen Personalbeschreibung auf Matakit vollkommen paßte, am Vortage durch die Stadt gekommen war. Das durfte als glückliches Vorzeichen für den Erfolg ihres Zuges angesehen werden. Dieser drohte freilich sich sehr in die Länge zu ziehen, weil der Flüchtling sich hier einen leichten zweirädrigen Wagen zugelegt hatte, der mit einem Strauße bespannt und aus diesem Grunde gewiß nur sehr schwer einzuholen war.
Es gibt nämlich wirklich keine besseren Läufer, als diese Thiere, und gleichzeitig keine ausdauernderen und schnelleren. Zum Ziehen brauchbare Strauße sind übrigens, selbst im Griqualand, etwas sehr seltenes, da sie sich nur schwierig abrichten lassen. Aus eben diesem Grunde konnten sich auch Cyprien und seine Genossen ein ähnliches Gefährt in Potchefstrom nicht zulegen.
Unter so günstigen Umständen – das war als ziemlich feststehend zu betrachten – eilte Matakit also auf dem Wege nach Norden hin, und das mit einem so schnellen Wagen, daß er zehn Wechselpferde außer Athem gebracht hätte.
Es blieb also nichts übrig, als der Versuch, ihm so schnell als möglich zu folgen. Freilich hatte der Flüchtling außer seinem nicht unbedeutenden Vorsprung auch noch den Vortheil einer Schnelligkeit, welche die, auf die seine Verfolger sich verwiesen sahen, weit übertraf.
Am Ende haben jedoch auch die Kräfte eines Straußes ihre Grenzen. Matakit mußte gelegentlich wohl oder übel Rast machen und dabei vielleicht Zeit verlieren. Im schlimmsten Fall hoffte man ihn jedoch wenigstens am Ende seiner Fahrt zu erlangen.
Cyprien hatte bald Ursache, sich zu beglückwünschen, daß er Lî und Bardik mitgenommen, als es sich darum handelte, die für den Zug nöthige Ausrüstung zu besorgen. Es ist in solchen Fällen keine leichte Sache, diejenigen Dinge auszuwählen, welche in Wahrheit als nützlich zu bezeichnen sind Die eigenen Erfahrungen in der Wüste vermag nichts zu ersetzen. Cyprien mochte noch so bewandert in der Differential-und Integral-Rechnung sein, vom Leben im Veld, von dem auf dem Trek oder »auf den Spuren der Wagenräder«, wie man da unten sich ausdrückt, verstand er nicht das A-B-C. Seine Gefährten schienen auch gar nicht geneigt, ihn mit Rath und That zu unterstützen, sondern zeigten vielmehr einen
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