Der Südstern oder Das Land der Diamanten
seines Gefährts. So wußte er natürlich stets, wo er sich befand und wohin er sich auf nächstem Wege begab; in Folge seiner Bekanntschaft im Norden war er aber auch sicher, überall Unterstützung und Schutz, Nahrung und Unterkommen zu finden, sogar Helfershelfer, wenn sich das als nothwendig herausstellte. Und konnte man sicher sein, daß er seinen Einfluß auf die Eingeborenen nicht benützte, um sich mit Gewalt Denen zu widersetzen, die ihm auf dem Fuße folgten und ihn vielleicht mit bewaffneter Hand anzugreifen drohten? Cyprien und seine Gefährten ersahen daraus mehr und mehr die Nothwendigkeit, sich zusammenzuhalten und bei dieser Expedition gegenseitig zu unterstützen, wenn sie überhaupt beabsichtigten, daß irgend einer von ihnen die Frucht derselben einheimsen sollte.
Der Transvaal, der in der Richtung von Süden nach Norden durchzogen werden sollte, bildet ein sehr ausgedehntes Gebiet Südafrikas – von etwa dreißig Millionen Hektaren – das sich zwischen dem Vaal und dem Limpopo ausdehnt und westlich von den Drakenbergen, der englischen Colonie Natal, dem Lande der Zulus und den portugiesischen Besitzungen gelegen ist.
Vollkommen besiedelt von den Boers, das sind die früheren holländischen Bürger des Caps der Guten Hoffnung, welche sich hier binnen fünfzehn bis zwanzig Jahren zu einer landbauenden Bevölkerung von über hunderttausend Weißen vermehrt haben, erregte der Transvaal natürlich die Habgier Großbritanniens, welches das Land 1827 auch seinem Besitzstande hinzufügte. Die ungemein häufige Empörung der Boers, welche mit Aufgebot aller Mittel unabhängig bleiben wollen, läßt die Zukunft dieses schönen Landstriches noch immer in Ungewißheit. Es ist einer der lachendsten und fruchtbarsten von Afrika und gleichzeitig einer der gesündesten, und das erklärt wohl hinlänglich – wenn es sie auch nicht rechtfertigt – die Anziehung, welche dieses Gebiet auf die stets zu fürchtenden Nachbarn ausübt. Auch die Goldlager, welche hier entdeckt wurden, haben natürlich einen nicht minder großen Einfluß auf die politische Handlungsweise Englands gegenüber dem Transvaal gehabt.
Geographisch trennt man das Land, in Uebereinstimmung mit den Boers selbst, in drei Hauptregionen: Das Hochland oder Hooge-Veld, das Hügelland oder Banken-Veld und das Buschland oder Bush-Veld.
Das Hochland bildet den südlichsten Theil. Es besteht aus Gebirgsketten, die sich von den Drakenbergen nach Westen und Süden hin fortsetzen. Hier ist der eigentliche Minendistrict des Transvaal zu suchen und hier herrscht ein kaltes trockenes Klima, etwa wie im Berner Oberland.
Das Hügelland ist speciell die Gegend des Landbaues. Im Norden des ersteren gelegen, beherbergt es in seinen tiefen, von zahlreichen Wasserläufen getrennten und von immergrünen Bäumen beschatteten Thälern den größten Theil der holländischen Bewohnerschaft.
Der Bush-Veld oder das Buschland, gleichzeitig das reichste Jagdgebiet, erstreckt sich dann in weiten Ebenen bis zu den Ufern des Limpopo nach Norden und grenzt im Westen an das Land der Bettchuana-Kaffern.
Von Potchefstrom, das im Banken-Veld liegt, ausgehend, hatten die Reisenden erst in schräger Richtung den größten Theil dieses Gebietes zu durchziehen, bevor sie den Bush-Veld und von da, weiter im Norden, die Ufer des Limpopo erreichten.
Dieser erste Theil des Transvaal war natürlich am leichtesten zu bereisen. Hier befand man sich noch immer in halbcivilisirtem Lande. Die größten Schwierigkeiten und Unfälle beschränkten sich auf eine ziemlich morastige Straße und einen erkrankten Büffel. Wilde Enten, Rebhühner und Ziegen gab es längs des Weges in Menge, und die Flinten lieferten alltäglich den Bedarf für das Frühstück, wie für das Mittagsbrot. Die Nacht wurde gewöhnlich in einer Farm zugebracht, deren von dem übrigen Theil der Welt jährlich neun Monate abgeschlossene Bewohner die unerwartet ankommenden Gäste stets mit froher Herzlichkeit aufnehmen.
Gastfreundlich, zuvorkommend und uninteressirt erwiesen sich die Boers hier wie überall. Die Landessitte verlangt zwar, daß man ihnen für die Unterkunft der Menschen und Thiere eine Entschädigung anbietet, sie schlagen diese jedoch so gut wie immer aus und bestehen sogar noch meist darauf, daß der Fremde bei der Weiterreise von ihnen Mehl, Orangen und eingemachte Pfirsiche annimmt. Ueberläßt man ihnen dafür irgend einen für die Pferdezucht oder die Jagd anwendbaren Gegenstand, vielleicht eine
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