Der Suender und die Lady
hinreißende Überraschung!“
„Du machst aus allem ein Spiel“, schimpfte sie, doch er spürte, dass der Vorwurf nicht wirklich ernst gemeint war. „Das Kleid ist Hanks bestes, und der Umhang gehört auch ihr. Und die hier“, sagte sie und streckte den rechten Fuß vor, um den Stiefel zu präsentieren, „gehören einem der Hausmädchen. Wenn wir wieder einmal laufen müssen, sind die bedeutend praktischer. Nun, wohin gehen wir?“
„Nicht zum Carlton House, so anbetungswürdig schön ich dich auch gerade finde“, sagte er und meinte damit die Residenz des Prinzregenten. „Und du wirst keinesfalls die Kutsche verlassen. Du und ich und der geschätzte Davy Tripp werden die Gegend um Covent Garden nach einer Person namens La Reina absuchen. Ich bezweifle allerdings, dass es der Geburtsname des Mannes ist. Gehen wir?“
Regina nahm den dargebotenen Arm. „Das ist Spanisch, nicht wahr? Es bedeutet ‚die Königin‘. Welch sonderbarer Name für einen Mann.“
„Der Mann übt auch eine sonderbare Tätigkeit aus“, erklärte Puck und überlegte, wie ausführlich seine Erklärung sein durfte, um auf der sicheren Seite zu bleiben. Doch dann entschied er sich für die volle Wahrheit. Schließlich konnte man im Leben immer etwas hinzulernen. Doch zuerst wollte er sich der Sache indirekt nähern. „Laut Davy arbeitet La Reina für einen der Männer, die die … Damen der Nacht betreuen.“
Regina schüttelte den Kopf, als sie mit ihm die Küche durchquerte, nahm sich aber auch die Zeit, der Köchin und ein paar anderen Dienstboten zuzuwinken, die vor ihren Teetassen Pause gemacht hatten und vor Überraschung hastig aufgesprungen waren. „Nein, ich fürchte, ich verstehe nicht.“
„Dann also ohne Rücksicht?“, fragte Puck.
Sie wandte sich ihm zu, während einer der Diener das Treppchen der Kutsche herabließ. „Ich fürchte, alles andere wäre zwecklos.“
Als sie in der Kutsche saßen, Davy seinen Platz neben dem Kutscher auf dem Bock eingenommen hatte und das Gefährt durch die enge Gasse in Richtung Straße rollte, unternahm Puck einen neuen Versuch.
„Damen der Nacht, die nicht das Glück haben, unter dem Schutz eines einzigen Gentleman zu stehen, und gezwungen sind, ihre … Dienste an Straßenecken anzubieten, führen ihre Kunden in dunkle Gassen, um ihr Geschäft abzuschließen, und teilen ihre Einnahmen oft mit Männern, die im Gegenzug … die Wahrung ihrer Interessen im Auge behalten.“
„Ach“, sagte Regina und schockierte Puck zutiefst. „Du willst sagen, sie bedienen sich eines Zuhälters. Eines Vermittlers.“
„Das Wort dürftest du gar nicht kennen. Keines von diesen Wörtern.“
Regina senkte den Blick auf ihre Hände, die sie züchtig im Schoß gefaltet hatte. „Im Arbeitszimmer meines Vaters steht ein Exemplar von Mr Francis Groses ‚Klassisches Wörterbuch der Vulgärsprache‘. Vater hat all seine Bücher auf einen Schlag bestellt, und ich bezweifle, dass er je eines aufgeschlagen hat. Mr Grose war, soviel ich weiß, einmal eine Art Antiquar, bevor seine Vermögensverhältnisse ihn zwangen, zu veröffentlichen, was er in die Finger bekam, und ich dachte, das Buch könnte zu meiner Bildung beitragen.“ Unter den Wimpern hervor warf sie einen verstohlenen Blick auf Puck. „Und das hat es weiß Gott getan.“
„Du hast es ganz gelesen? Du hast es nicht schnellstens zur Seite gelegt, als du gesehen hast, um was es sich bei dem Inhalt handelt? Schlimmer noch, offenbar hast du dir sogar einiges gemerkt.“
„Ich werde nicht zu so vielen gesellschaftlichen Veranstaltungen eingeladen wie Miranda. Ich hatte Zeit.“
„Und Lust“, zog Puck sie auf. Er war sicher, dass er, wenn es nicht so dunkel in der Kutsche gewesen wäre, gesehen hätte, wie sie errötete.
„Ich schiebe die Schuld auf Großmutter Hackett. Sei so freundlich und tu es auch, bitte. Und erzähle mir mehr von diesem Mann, La Reina. Ich bin nicht so leicht zu schockieren, wie es der Anstand erfordert, Puck.“
„Ich allerdings schon, wie es aussieht“, sagte er und lächelte sie an, während die Kutsche durch die dunklen Straßen rumpelte. „Nun gut, ich erzähle dir alles, was Davy mir berichtet hat. Du weißt ja bereits, dass auch noch andere verschwunden sind, andere Frauen entführt wurden, manche von ihnen direkt von der Straße.“
„Ja, du hast es mir erzählt. Ladenmädchen, Dienstmädchen.“
„Und Dirnen. La Reina ist bei einem Zuhälter in einem Bezirk beschäftigt, der dem Schauplatz
Weitere Kostenlose Bücher