Der Suender und die Lady
hergerissen zwischen dem Wunsch, ihn zu entlarven, und der Hoffnung, seine Unschuld nachzuweisen. Sie mochte ihn hassen, sie mochte ihn verachten, sie war dennoch sein Fleisch und Blut.
Und was hatte Jack gesagt? Wenn du sie verlieren willst, weise sie ab. Puck konnte nicht wissen, was sich in der Vergangenheit seines Bruders zugetragen hatte, doch es lag auf der Hand, dass er die Frau, die er liebte, einst verloren hatte.
„Na gut“, sagte er, nein brüllte er schließlich. „Na gut! Aber, verdammt noch mal, Weib, wenn du bei einem Befehl von mir auch nur nach dem Warum fragst, bevor du reagierst, dann breche ich dir eigenhändig das Genick. Verstanden?“
Sie lächelte. „Ja, Puck“, sagte sie sanft. „Danke.“
Er bekam nicht gerade eine Gänsehaut, als er ihr Lächeln sah, doch er erinnerte sich daran, im vergangenen Jahr das gleiche Lächeln auf Chelseas Lippen gesehen zu haben, als sie Beau überredet hatte, einem ihrer bizarren Pläne zuzustimmen.
Männer waren zum Untergang verdammt, erkannte Puck jetzt, wenn es darum ging, Frauen, die wussten, welche Macht sie über sie hatten, etwas zu verwehren. Jack ausgenommen, versteht sich. Er hatte zweifellos Nein gesagt. Und genauso zweifellos bedauerte er es heute noch.
Puck konnte nur hoffen, dass er es nicht sein Leben lang würde bereuen müssen, Ja gesagt zu haben.
„Wir haben nicht viel Zeit. Komm!“, sagte er barsch, packte Regina bei der Hand und zerrte sie in Richtung Flur, auf dem Weg in seine Räume und zu den Verkleidungen, die Gaston ihnen besorgt hatte. Er würde etwas Passendes für sie finden, ihr sogar beim Schließen der fremdartigen Knöpfe helfen. Er würde nicht eine Minute von ihrer Seite weichen, denn er würde jede Sekunde brauchen, um ihr die Gefahren zu verdeutlichen, denen sie sich aussetzen wollte, dieses mutige, törichte Mädchen. Und er war ein Idiot …
Regina dachte, sie sollte sich eigentlich schämen, weil sie Puck beinahe gewaltsam dazu überredet hatte, sie an diesem Abend mitzunehmen, doch sie war wild entschlossen, sich keine Zeit für derartig weibliche Gefühle zu gestatten. Puck war vielleicht nicht überzeugt davon, dass Reginald Hackett hinter den schrecklichen Verbrechen steckte, die derzeit in London verübt wurden, doch Regina hatte keine Zweifel an der Schuld ihres Vaters.
Sie hatte auch keine Zeit, sich Klarheit darüber zu verschaffen, warum sie daran glaubte, wohl wissend, dass einige ihrer Gründe durchaus eigennützig waren und andere wiederum bedeuteten, dass sie und Puck Mirandas Rettung näher waren, als sie ansonsten je sein würden.
Und wenn sie sich irrte, wenn sie alle sich irrten, nun ja, mussten sie dann nicht auch wissen, dass sie sich geirrt hatten?
„Was machst du?“, fragte sie Puck, als sie in seinem Ankleidezimmer angelangt waren und er sie anschaute, als würde er um eine Entscheidung ringen. „Du überlegst es dir doch nicht anders, oder?“
„Nein. Aber ich glaube, keiner von Gastons Kostümierungsvorschlägen kommt heute Abend für dich infrage. Witwe, Straßendirne, Matrone. Bleib hier. Rühr dich nicht vom Fleck. Ich bin gleich zurück.“
„Ja, Sir“, sagte sie gehorsam, rührte sich jedoch umgehend vom Fleck, sobald Puck fort war. Sie ging hinüber zu seinem Frisiertisch, griff nach einem Paar Bürsten mit silbernem Rücken und bewunderte die schwungvoll eingravierten Initialen. Mit der Fingerspitze öffnete sie den Deckel einer kleinen, mit Elfenbein ausgekleideten Schmuckschatulle und betrachtete die darin befindlichen Stücke. Am meisten beeindruckte sie der große Goldring mit dem riesigen Onyx. Pucks Bruder trug einen ähnlichen Ring am Zeigefinger; er war ihr schon bei ihrem ersten Zusammentreffen aufgefallen.
„Ein Geschenk von meiner Mutter“, sagte Puck hinter ihr, „zu meinem einundzwanzigsten Geburtstag. Zu unserer Volljährigkeit haben wir alle einen bekommen. Beau hat ihn irgendwo auf der Iberischen Halbinsel gegen Hühner eingetauscht, um seine Truppe verköstigen zu können.“
„Jack trägt seinen“, bemerkte Regina und legte den Ring zurück. „Weißt du, ich wollte nicht neugierig sein. Ich wollte nur … Na gut, ich war neugierig. Warum trägst du deinen nicht?“
„Vielleicht, weil ich mich unwillkürlich frage, ob das in den Stein geschnittene B für Blackthorn oder für Bastard steht. Unsere Mutter hat einen seltsamen Sinn für Humor. Eine durchaus berechtigte Frage wäre die nach den Gründen, warum Jack seinen Ring trägt. Aber
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