Der Suender und die Lady
Welt von ihm zu erlösen. Er ist einfach ein grundschlechter Mensch.“
„Allerdings auch ein geheimnisvoller. Selbst sein eigener Bevollmächtigter weiß anscheinend nicht viel über ihn.“
„Augenscheinlich hast du nicht die Richtigen bestochen. Aber egal, du musstest auch noch einer Dame den Hof machen und darüber hinaus ein Heer zusammenstellen – meinen Glückwunsch dazu! – und kannst für das Problem nicht so viel Zeit erübrigen wie ich. Er war ein Sklavenhändler, unser Mr Hackett, weißt du, damals, bevor die Krone den Menschenhandel unter Androhung des Todes durch den Strang verboten hat. Hackett hat ein paar Jahre lang Sklaven verschifft und verkauft, aber in erster Linie hat sein Vater vor ihm das Geschäft gemacht. Hacketts Vermögen? Er verdankt es weitgehend den hilflosen Seelen, die die Bande verschleppt hat. Diese Information solltest du Regina vielleicht vorenthalten. Der Handel mag damals legal gewesen sein, doch dadurch stinkt er nicht weniger zum Himmel, oder?“
„Er muss dem Earl of Mentmore Unsummen dafür bezahlt haben, dass er seine Tochter dem Sohn eines Sklavenhändlers überantwortet hat. Oder aber es ist nur um Geld gegangen, und Lady Leticia war nicht mehr als ein Druckmittel in den Verhandlungen.“
„Manchmal fällt es verdammt schwer, seinen Nächsten zu lieben, nicht wahr, Puck? Weißt du, aufgrund des Krieges und aufgrund der verschiedenen Handelsembargos könnte ein Mann sich schon gezwungen sehen, andere Einnahmequellen in Betracht zu ziehen als die, die er auf legalem Wege anzapfen könnte. Schmuggel zum Beispiel. Und dann gibt es da ja noch die Redensart, dass Hunde immer zu ihrer Kotze zurückkehren.“
Puck nickte. „Er kehrt dahin zurück, wo der größte Profit zu erwarten ist. Ich fand die Fesseln an den Frauen heute recht interessant. Derartiges sieht man nicht jeden Tag – dazu geschaffen, mehrere Personen aneinanderzuketten wie eine Reihe Lasttiere. Vor Jahren einmal habe ich solche Eisenfesseln gesehen. Wie machen die Verbrecher das, Jack? Wie kann ein Mann eine schutzlose, verängstigte Frau fesseln, die nicht einmal mehr die Kraft hat, um ihr Leben zu betteln, wie kann er ihr in die Augen sehen – und sie dann über Bord werfen und ertrinken lassen? Wie?“
„Wenn wir diese Männer gefunden haben, werden wir sie fragen“, sagte Jack, und sein Blick wurde düster. „Falls du dann noch das Bedürfnis hast, ein Verfahren oder das Königliche Gericht zu bemühen, tu mir den Gefallen und ziehe dich zurück. Verstanden?“
„Ich werde deine Methoden oder die Gründe, die dahinterstecken, nie wieder in Frage stellen“, sagte Puck und dachte wieder einmal an das vergangene Jahr und das mögliche Ende des Mannes, der mit Pucks Hilfe in Jacks Gewahrsam gekommen war. „Also – unser Freund Dickie ist nicht der Hanswurst, für den ich ihn gehalten habe?“
„In diesem Fall habe ich dir geholfen, indem ich dir zustimmte. Er ist der Mutigste von uns allen, bereit, sich offen zu zeigen, um von Henry und mir abzulenken. Und du musst zugeben, dass er seine Rolle ausgezeichnet spielt.“
„Wir alle spielen Rollen, nicht wahr?“, fragte Puck und ließ sich mit einem sentimentalen Gefühl Jack gegenüber in einen Sessel sinken. „Abgesehen von Beau vielleicht. Er hat gefunden, was er suchte, als er noch gar nicht wusste, dass er es suchte.“
„Und du?“, griff Jack das Thema geschickt auf. „Hast du in dem Mädchen dort oben gefunden, was du immer gesucht hast? Es grenzt an ein Wunder, dass du sie so weit gebracht hast.“
„Das Wunder wäre, sie zu halten, und ich sehe keine Möglichkeit, das zu bewerkstelligen.“ Er sah seinen Bruder an. „Du vielleicht?“
„Wie du sie halten kannst? In dieser Beziehung fragst du den völlig falschen Mann um Rat, kleiner Bruder. Den absolut falschen Mann.“ Jack blickte in sein Weinglas und leerte es in einem langen Zug.
Jack dazu zu bewegen, dass er sich öffnete, war selbst zum günstigsten Zeitpunkt schwierig, doch zu diesem schlechtesten aller Zeitpunkte hatte Puck das Gefühl, einen Riss in der harten Schale gefunden zu haben, den er vielleicht etwas weiter aufsprengen konnte. „Habe ich mich gerade auf ein Terrain vorgewagt, das du lieber unerforscht lassen würdest?“
„Was hast du herausgefunden, als du dich in Hacketts Lagerhaus eingeschlichen hattest?“
„Damit ist meine Frage beantwortet“, sagte Puck mit einem Lächeln und schüttelte den Kopf. „Schön, mein sphinxhafter Bruder.
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